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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.02.1880
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1880-02-11
- Erscheinungsdatum
- 11.02.1880
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- Deutsch
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Die geistreich construirte Maschine ist ein Kind Amerikas, von Deutsch-Amerikanern, den Gebrüdern Brehmer, erfunden. Wohl schwerlich würde diese Maschine in Deutschland das Licht der Welt erblickt haben, weil bei uns die Bedürfnißfrage nicht eine so außer ordentliche war, wie in Amerika mit seinen Massenproduktionen und seinen theuern Arbeitslöhnen, die gebieterisch forderten, einfache mechanische Arbeiten der Maschine zu übertragen. Die Aufgabe war in diesem Falle keine leichte, und man muß gern zugestehen, daß die Lösung derselben den Erfindern in bewundernswerther Weise gelungen ist. Auch in Deutschland sind mehrfache Versuche in dieser Rich tung gemacht worden, die jedoch einen praktischen Erfolg nicht hatten, und ist die Schuld des Nichtgelingens jedenfalls darin zu suchen, daß man die Handarbeit unter Beibehaltung des dazu verwendeten Materials in Maschinenarbeit übersetzen wollte. Wie jedoch schon bemerkt, war die Bedürfnißfrage bei uns nicht eine so brennende, man heftete die Bücher wie seit Jahrhunderten, nur zum größten Theil nicht mehr so solid, als unsere Väter, so daß die heutigen Ein bände vielfach nicht so viele Stunden halten, wie die alten Werke Jahre gehalten haben. Da auf einmal erscheint die Drahtheftmaschine, man könnte fast sagen über Nacht, und findet trotz des enormen Preises, denn die kleinste Octavmaschine kostet 3300 M., überraschend schnell Eingang in den Buchbindereien. Es werden nun zunächst folgende Fragen zu beantworten sein: 1) Was leistet die Maschine und arbeitet sie billiger als Menschen hände, und welchen Einfluß hat dieselbe auf den Herstellungs preis der Einbände? 2) Ist die Arbeit der Maschine eine wesentlich bessere und solidere, als die Handarbeit? und 3) sind Vorzüge oder Nachtheile bei dem mit Draht gehefteten Buche bemerkbar? Die erste Frage ist dahin zu beantworten, daß die Maschine das Zwei- bis Dreifache der Menschenhand liefert und naturgemäß billiger arbeitet, vorausgesetzt daß man die Quantität der Leistung allein ohne die Nebenumstände berücksichtigt. In Wirklichkeitistjedoch der Einfluß dieser Ersparnisse an Arbeitslöhnen auf den Preis des fertigen Buches ein kaum nennenswerther, und beruhen die von ge wisser Seite darüber gemachten Reclamen auf Uebertreibung. Für das Heften von lOOOOctavbogen zahlte man bisher durchschnittlich 50 Pf. bis 1 M. Arbeitslohn, für den letztgenannten Preis erhält man eine ganz solide Heftung, jeden Bogen durchaus auf 3 Bünde geheftet. Nehmen wir nun zur Vergleichung der Herstellungskosten ein Werk von lOOOAuflage und 20Bogen stark an, so würde dieses mit der alten Bindung, ü 1000 Bogen 1 M., 20 M Hefterlohn kosten. Die Durchschnittsleistung der Maschine dagegen täglich aus 10,000 Bogen veranschlagt und den Lohn für die Bedienung auf 3 M. täglich angenommen, würde für die 20,000 Bogen 6 M. für die Drahtheftung ergeben. Hierzu kommt jedoch für das theurere Heftungsmaterial circa 2 M., IO"/« Amortisation der Maschine für 2 Arbeitstage 2 M., sodaß also die Drahtheftung inSummalOM. kosten würde; 100 Exemplare des genannten Werkes würden dem nach 1 M., 1 Exemplar 1 Pf. Profitiren. Das ist jedoch ein Exempel zu Gunsten der Drahtheftmaschine, denn erstens ist die dazu nöthige Dampfkraft gar nicht in Anschlag, gebracht und zweitens wird das Resultat ein wesentlich anderes, wenn man die Handarbeit mit 50 Pf. per 1000 Bogen zu rechnen hat. Dazu kommt noch, daß mit einer Maschine nicht auszukommen ist, vielmehr größere Buchbindereien 2 bis 4 Maschinen halten müssen. Erwägt man nun dabei, wie oft eine oder auch mehrere Maschinen in stiller Geschäftszeit nicht besetzt sind, so wird man die Amortisationsquote mit Reparaturkosten mindestens auf 1H M. per Tag anzunehmen haben. Hierdurch erhöhen sich die Herstellungs kosten des Heftens nicht unwesentlich, und wird das Gesagte genügen, um den Beweis zu liefern, daß die mit der Maschine zu machenden Ersparnisse nicht die Bedeutung haben, um auf den Preis der Einbände einen nennenswerthen Einfluß ausüben zu können. Die zweite Frage: „Ist die Arbeit der Drahtheftmaschine eine wesentlich bessere und solidere, als die Handarbeit?" wird man wohl kaum ohne Weiteres mit Ja beantworten können. Die bis herige Technik hat eine jahrhundertlange Erfahrung hinter sich und hat sich bei solider Handhabung durchaus bewährt, wie das die alten und die guten Einbände der Neuzeit zur Genüge darthun. Wenn über die schlechte Heftung vieler neuer Werke mit Recht ge klagt wird, so ist das nur auf die liederliche und unsolide Aus führung zurückzuführen. Aber auch die Maschine gibt keine Bürg schaft, daß nunmehr die schlechte Heftung unmöglich ist, wenn man darauf ausgeht, billig zu sabriciren, ein Grund, der ja auch bei der Handhefterei maßgebend für die Qualität der Arbeit ist. Dann wird an Material in jeder Weise geknausert, ein dürftiger Streifen schlechter Gaze und die Anwendung der geringsten Anzahl Draht klammern müssen zur Heftung genügen und wird die Dauerhaftig keit einer solchen Ausführung kaum größer sein, als bei einer leichten Bindung mit Zwirn und Bindfaden. Daß diese zuletzt genannten Materialien von solcher Dauer sind, daß sie allen Anforderungen genügen, hat ebenfalls die Er fahrung gelehrt; ob jedoch der Draht dieselbe Haltbarkeit für Jahr hunderte bewährt, ob er nicht mit der Zeit brüchig wird, durchrostet, oder durch sonstige Einflüsse leidet, ist wohl bei der Neuheit der Sache nicht zu beurtheilen, hier wird erst die Zeit die Resultate zu Tage fördern. Zur dritten Frage übergehend: „Welche Vorzüge oder Nach theile sind bei den mit Draht gehefteten Büchern bemerkbar?", so kann man das bessere Aufschlagen der Bücher als einen Vorzug rückhaltslos anerkennen. Die Bogen brauchen nicht mehr wie bis her am Rücken für den Bindfaden eingesägt zu werden, und da das leider ohne Noth vielfach sehr tief geschah und die dadurch ent standenen Löcher mit dickem schlechtem Leim vollgeschmiert wurden, so mußte nothwendigerweise das gute Aufschlagen der Bücher Schaden leiden. Dieser bisher leider nur allzuhäufig vorkommende Uebelstand wird durch die Drahtheftmaschine vollkommen beseitigt. Dieser Vorzug erweist sich selbstverständlich bei Vergleichung mit einem schlecht gehefteten Bande der alten Methode auffälliger, als bei accurat und sorgfältig gearbeiteten Büchern, die ebenfalls allen billigen Anforderungen genügen. Zugegeben soll werden, daß das gute Aufschlagen so vollkommen nicht zu erreichen ist, als mit der Drahtheftung; andererseits kann man auch wieder entgegen halten, daß es nicht nöthig ist, daß sich ein Buch, welches gelesen werden soll, so aufschlägt wie ein Geschäftsbuch. Wenn wir nun aus Vorstehendem ersehen haben, daß mit der Einführung der Maschine weder die Billigkeit und die Haltbarkeit der Einbände wesentlich gewinnt, noch das Bedürfniß nach derselben sich in dem Maße fühlbar gemacht hat, wie bei vielen anderen in der Buchbinderei eingeführten Maschinen, so kommt man unwill kürlich zu der Frage: wie war es möglich, daß so viele Buchbinde reien diese theuren Maschinen, deren Preis in keinem Verhältnisse zum Werthe derselben steht, anschafften? Die Antwort liegt sehr nahe; die Sache ist neu, originell und zur Reclamemacherei besonders geeignet. Daran hat man es nun allerdings nicht fehlen lassen, man hat Vorzüge angepriesen, die nicht oder nicht in dem Maße vor handen sind, und so sieht sich der einzelne Buchbindereibesitzer ge zwungen, seinen Kollegen zu folgen, wenn er den Anforderungen seiner Kundschaft, die so viel von der Drahtbinderei gehört hat, ge-
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