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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1880
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1880-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1880
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil. Johann Jacob Weber.*) Johann Jacob Weber, oder, wie er von seinen Collegen fast stets genannt wurde, Jean Jacques Weber, war ein boino novn8. Er ward am 3. April 1803 als ein Sohn unbemittelter Eltern in Basel geboren, genoß jedoch nichtsdestoweniger eine gute Erziehung. Das ist alles, was wir von seiner Kindheit und ersten Jugend wissen. Im Jahr 1818 trat er in der altrenommirten Buchhandlung von Emanuel Thurneysen in Basel in die Lehre und war dann als Gehilfe bei Jean Jacques Pachoud thätig, einer sehr angesehenen Sortimentshandlung in Genf. Im Verkehr mit dem dortigen hochgebildeten Publicum und angeregt durch die besten Erzeugnisse der französischen Literatur, die täglich durch seine Hände gingen, faßte Weber eine große Vorliebe für französische Bildung und französischen Geschmack, die noch mehr durch den Aufenthalt in dem weltberühmten Hause Firmen Didot Fröres in Paris genährt wurde. Diese Vorliebe hat einen wesentlichen Ein fluß auf die geschäftliche Richtung Weber's geübt und war zugleich Veranlassung, daß er ein seltenes Entgegenkommen und Zutrauen bei dem französischen Buchhandel fand, was ihm manche seiner ersten Unternehmungen wesentlich erleichterte. Nachdem er sich nach Deutschland gewendet, arbeitete er erst in den hochangesehenen Buchhandlungen von Breitkops L Härtel in Leipzig und von Herder in Freiburg. Niemand, der Weber's spätere Wirksamkeit verfolgt hat, kann den Einfluß verkennen, den der Aufenthalt in diesen buchhändlerischen Häusern ersten Ranges mit ihrem großartigen, wohlgeordneten Betrieb auf ihn geübt hat. Von der Natur groß angelegt, wurde es ihm nicht möglich, sich in kleinen Geschäftsverhältnissen zurecht zu finden, obwohl ihn seine äußern Verhältnisse anfänglich auf solche hinwiesen. Die bekannte Pariser Buchhandlung von Bossange pöre hatte in Leipzig eine Filiale errichtet, welcher Weber im Jahre 1832 Vorstand, als Charles Knight in London unter den Anspieien der Loeist)- kor tbo äillusiou ok U8sk«1 üuovlsckKS mit dem „?snu/ NuZnÄns" hervortrat. Kein Buchhändler, der die damalige Zeit mit Bewußtsein durchlebt hat, wird die Aufregung vergessen, die hier durch im Buchhandel hervorgerufen wurde. Daß dieser Blitz bei dem für seinen Beruf enthusiasmirten Weber sofort zündete, ist leicht zu begreifen. Er veranlaßt Bossange, durch ihn ein deutsches „Pfennia- magazin" ins Leben treten zu lassen. Mit Energie und großem Ge schick führte er das Unternehmen trotz aller technischen und andern Schwierigkeiten durch, und das „Pfennigmagazin" erreichte schnell die in Deutschland bisher unerhörte Abonnentenzahl von 60,000; das Ungeheuerlichste von allem war jedoch den Leipzigern, daß man Pferd und Wagen nöthig hatte, um die Auslieferung der Pallete an die Leipziger Commissionäre zu bewältigen, und der Bossange'sche Schimmel hat für den alten Leipziger Buchhändler eine gewisse historische Bedeutung gewonnen. Damals konnte man noch nicht vermuthen, daß der Buchhandel in Leipzig eine so groß artige Ausdehnung erlangen würde, daß sich Niemand mehr um die zahlreichen ein- und zweispännigen Geschästsequipagen der Buch händler, Buchdrucker und Buchbinder kümmert, die jetzt schwer beladen Leipzigs Straßen nach allen Richtungen durchkreuzen. Für Weber selbst brachte weder das „Pfennigmagazin" noch das im Verein mit dem berühmten Nationalökonomen Friedr. List, dessen Geistesverwandter Weber in mancher Beziehung war, be- gonnene„Nationalmagazin" goldene Früchte. BeideUnternehmungen gingen in andere Hände über. *) Mit gefälliger Erlaubnitz aus der „Jllustrirten Zeitung" ab gedruckt. Das eigene Geschäft hatte Weber am 1. August 1834 mit einigen ihm von Bossange überlassenen Verlagsartikeln begonnen. Von vornherein bekundeten alle seine Unternehmungen die Neigung für schöne Ausstattung und die Leidenschaft für die Illustration, die ihm bis zu seinem Ende eigen blieb. Bei dem Ansehen eines Stücks Holz hat Weber schwerlich je einen andern Gedanken ge habt als den, ob es sich wohl zur Verwendung für einen Holzschnitt eigne. Hätte er mit seiner Vorliebe für den Formenschnitt das bil dende Talent und ein Taschenmesser besessen, so wäre wohl kaum irgend ein Holz in seiner Nähe sicher gewesen, aber zu der An schaffung eines Taschenmessers hat er sich ebensowenig entschließen können, wie zu der einer Taschenuhr oder eines Portemonnaies. Letztere beiden Dinge waren in seinen Augen unnöthige Besitz- thümer; nicht uncharakteristisch für den ganzen Mann, denn er fragte, wenn es sich um die Durchführung eines einmal gefaßten Plans handelte, nicht mehr, „wie steht es mit der Zeit?" oder „wie hoch belaufen sich die Kosten?" — der Plan mußte durchgeführt werden, so wie es bestimmt war. Den Reigen seiner Unternehmungen eröffnete Mignet's „Ge schichte der französischen Revolution" und Sporschil's „Kaiserchronik", mit französischen Stahlstichen geschmückt. Beide Werke fanden großen Beifall, was namentlich von dem letzter» galt, denn der Napoleon-Cultus hatte damals noch viele Anhänger in Deutschland. Die nun folgenden: Thomas a Kempis „Vier Bücher von der Nach folge Christi" und Sporschil's „Schweizerchronik" brachten bereits deutsche Stahlstiche. Die Flügel wuchsen, und mit der Verpflanzung der von Horace Vernet illustrirten „Geschichte Napoleon's" auf deutschen Boden wurde der erste bedeutsame Versuch mit der Holzschnitt illustration gemacht, welcher Weber nunmehr unwandelbar treu blieb. Wer da zusieht, mit welcher Leichtigkeit jetzt die bedeutendsten illustrirten Werke in den vorzüglich eingerichteten Druckereien auf Schnellpressen im Fluge gedruckt werden, kann sich wohl kaum eine rechte Vorstellung von den Schwierigkeiten machen, mit welchen die Bahnbrecher für die bessere und geschmackvollere Ausstattung der Bücher, zu welchen Weber in erster Reihe gehörte, zu kämpfen hatten, als man weder das in der Fabrik geglättete Papier noch eine Satinirmaschine hatte, als seine Jllustrationsfarbe in Deutsch land noch uicht im Gebrauch, die künstlerische Zurichtung noch unbekannt und der Druck von Illustrationen auf der Schnellpresse vollends etwas Unerhörtes war. Die Einführung der hierauf bezüglichen Verbesserungen in Leipzig verdankt man namentlich den ersten Unternehmungen Weber's. Hierin liegt hauptsächlich seine Bedeutung für das moderne Geschäft. Ohne die Buchdruckerei praktisch zu betreiben, hat er auf die Typographie Leipzigs und somit auf die Deutschlands überhaupt einen mächtigeren Einfluß geübt, als mancher tüchtige und geschulte Buchdrucker. Er ver anlaßt die Buchdruckereien, mit denen er direct verkehrte, immer vorwärts zu gehen, und damit wurde auch die Concurrenz gezwun gen, nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben. Oft ist er von den Buchdruckern als Quälgeist verschrieen worden, wenn er nichts gut genug bekommen konnte; später wird man eingesehen haben, daß er nicht mehr verlangte, als bei festem Wollen zu leisten möglich war. Zugeben kann man allenfals, daß bei ihm der reformato- rische Eifer nicht mit der Geduld, Schritt für Schritt vorwärts zu gehen, gepaart war, was ja überhaupt selten der Fall ist. Jetzt wird Weber's Bild nicht mehr ein Schreckbild der Buchdrucker sein, sondern man wird zu demselben nur mit Anerkennung und Dank emporblicken.
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