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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1883
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- 1883-04-02
- Erscheinungsdatum
- 02.04.1883
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- Deutsch
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betisch geordnet und in Bezug auf das Material, das Format und ihre vermuthliche Entstehungszeit verzeichnet sind. Von den drei Quartbänden sind die beiden ersten ohne Jahreszahl bei Hodgson in London gedruckt; der dritte, als Appendix bezeichnete, trägt da gegen die Jahreszahl 1861. Er zählt 203 Handschristenbände auf, gibt bei einzelnen derselben die Provenienz an, sagt z. B., wer die Handschrift nach England gebracht habe, und enthält überhaupt manche schätzenswerthe Notiz zur Geschichte der Handschriften. Der erste der beiden anderen Quartbände des Katalogs trägt auf dem Titel den Zusatz: oomprismK s. oollsetiou korumck i>^ kro- lsosor lübri. In ihm werden 1923 Handschriftenbände kurz verzeichnet, von denen manche mehrere Werke enthalten. Der Titel des zweiten Bandes, in welchem 702 Handschriften ausführlicher ausgezeichnet und beschrieben werden, besagt, daß die Sammlung von Mons. I. Barrois angelegt sei. Von einem „vermuthlichen" Ursprünge der Bibliothek zu Ashburnhamcastle kann also nicht die Rede sein. Den größten Theil der Sammlung hat der edle Lord von G. Libri, einen geringeren von I. Barrois und einen noch kleineren durch Einzelkäufe erworben. Was folgt aber daräus für den Verkauf? Hat sich der jetzige Besitzer wirklich „Scrupel" über denselben zu machen? Schon aus dem Umstande, daß der Gründer der Bibliothek auf dem Titel seiner gedruckten und hier- und dorthin verschenkten Kataloge die Provenienz seiner Handschriften angegeben hat, dürfte sich mit Sicherheit folgern lassen, daß derselbe sie im guten Glauben an die rechtmäßige Art der Erwerbung von Seiten des Verkäufers für sich angekauft hat. Daß der Sohn und Erbe der Bibliothek sie vollkommen rechtmäßig nach englischem Rechte besitzt, unterliegt keinem Zweifel und ist auch französtscherseits schon im Jahre 1878 anerkannt worden. Wenn nun nach Zeitungsnach richten der Chef des Britischen Museums doch Bedenken trägt, die Sammlung als Ganzes zu kaufen, aber die angeblich in Frank reich öffentlichen Bibliotheken früher entwendeten Werke diesen — ich setze voraus gegen Bezahlung — zurückgeben will, so ist hierin ein Act internationaler Courtoisie und von Seiten des Besitzers eine in solchen Fällen seltene Noblesse zu erblicken. Verhält sich das in der That so, wie wir nicht controliren können, wird die Bibliothek zwischen dem Britischen Museum und den französischen Bibliotheken getheilt, dann werden wir hierbei einer interessanten Bereicherung der Geschichte der Bibliotheken, namentlich der fran zösischen, entgegenzusehen haben. Denn es wird sehr eingehender Studien bedürfen, um die Provenienz der einzelnen Handschriften sicher festzustellen. Die Sachlage ist eine sehr verwickelte, jedenfalls eine viel verwickeltere, als sich Fernerstehende sofort klar machen werden.*) Gewiß ist der berühmte Bibliomane und gelehrte Verfasser der Geschichte der Mathematik in Italien, Guglielmo Libri, der Freund Guizot's und Prosper Mörimöe's, ein Büchermarder ge wesen. Er hat noch in viel größerem Maßstabe Bibliotheken ge plündert als die Lindner, Pichler und Consorten. Er hat nament *) Nach einem Berichte der Allg. Ztg. aus Paris vom 23. März hat die fragliche Sache nun durch den Conservator der Lidliotlldgue nationals zu Paris, Hrn. Delisle, welcher nach London gegangen war, um mit der Verwaltung des Britischen Museums über die Herausgabe einer gewissen Anzahl von allen Handschriften aus dem Nachlaße des Lord Ajhburham zu unterhandeln, eine befriedigende Lösung gefunden. Die ganze Sammlung, von der behauptet wird, daß Libri sie seiner Zeit den französischen Bibliotheken und Museen entwendet hätte, wird auf anderthalb bis zwei Millionen veranschlagt, und so viel konnte die französische Regierung zur Stunde nicht für einen wissenschaftlichen Zweck verwenden. Hr. Delisle soll nun eine Wahl derjenigen Manuscripte getroffen haben, deren Reintegrirung besonders wünschenswerth und nützlich ist; ihre Zahl betrage an 250 und der Rückkaufspreis 600,000 Franken. lich in Frankreich die Bibliotheken infolge seiner amtlichen Stellung beraubt, und von seinen Beutestücken sind auch sicherlich einzelne in die Bibliothek des Lords Ashburnham gekommen. Für einen Fall ist dieser Thatbestand schon seit einigen Jahren so gut als erwiesen und auch von dem heutigen Besitzer eingeräumt worden. Lord Ashburnham hatte aus einer von Libri gekauften Handschrift von 79 Folioblättern die Bücher Leviticus und Numeri in der alten vorhieronymianischen lateinischen Bibelübersetzung auf seine Kosten veröffentlicht. Nun fand L. Delisle in der Lyoner Bibliothek den Ueberrest derselben Handschrift des Pentateuch, in der jene 79 Blätter fehlten. Es war klar, daß dieselben hier ent wendet sein mußten, wenn sie nicht schon vor Jahren anderswo getrennt worden waren. Die Ashburnham'sche Handschrift sollte nach einer Unterschrift aus Perugia stammen. Dies erwies sich aber sofort als eine Fälschung, nachdem festgestellt war, daß ein deutscher Gelehrter (Fleck) im Jahre 1834 die Handschrift noch complet in Lyon gesehen und beschrieben Halle. Die 79 Blätter mußten also zwischen 1834 und 1847 gestohlen sein. Wer sie ge stohlen hat, steht jedoch nicht fest. Nur weil Libri dieselben ver kauft hat, ist anzunehmen, daß er sie auch gestohlen hat. Ob er die Handschrift in Paris zur Benützung gehabt oder in Lyon jemals eingesehen hat, das ist, soviel mir bekannt, nicht einmal ausgemacht. Lord Ashburnham hat die 79 Blätter als Geschenk der Lyoner Bibliothek 1878 zurückgegeben. Wenn man nun aber nicht einmal streng Nachweisen kann, auf welche Weise und durch wen dieser Diebstahl, dessen Zeit bestimmung bis auf ungefähr zehn Jahre möglich ist, vollbracht ist, wie schwer wird es sein, die Provenienz anderer Handschriften, die durch Libri verkauft sind, zu verfolgen? Libri hat bekanntlich durch Rasuren die alten Signaturen, Stempel und Unterschriften einzelner Handschriften entfernt und durch gefälschte ersetzt. Vielleicht geben diese Rasuren noch die besten Fingerzeige in sofern ab, als man aus ihnen schließen darf, daß er gerade die Provenienz dieser Handschriften zu verbergen Ursache hatte. Wenn nun Angaben alter Kataloge auf diese Handschriften passen, wird man annchmen dürfen, daß die dort vermißten die hier gefundenen sind. Aber möglich ist doch immer, daß Libri die Handschriften selbst gekauft hat, dieselben vielleicht vor ihm schon durch mehrere Hände gegangen, also kaum noch als von ihm entfremdet anzusehen und daraufhin zu reclamireu sind. That- sache ist ja auch, daß Libri zahlreiche Handschriften gekauft hat. So hat er, um nur ein Beispiel anzuführen, von den Erben der Familie Pucci in Florenz deren für die Geschichte der italienischen Literatur so werthvolle Sammlung durch Kauf erworben. Als vor einigen Jahren die Nachricht sich verbreitete, Lord Ashburnham wolle seine Sammlung verkaufen, forderten deshalb italienische Gelehrte die Regierung ihres Landes auf, sich die Gelegenheit, heimische Schätze zurückzuerwerben, nicht entgehen zu lassen. Und auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, daß seit der französischen Revolution und der Säcu- larisation unzähliger Klöster in den Handschriftenbeständen vieler Länder ganz bedeutende Wandlungen vor sich gegangen sind, die man im Einzelnen gar nicht verfolgen kann. Es gibt wohl keine größere Büchersammlung, in der sich nicht Werke finden, deren Vorbesitzer nicht auf unredliche Weise bei dem Erwerbe derselben vorgegangen sind. So vorsichtig im Kaufe von hand schriftlichen Schätzen, wie z. B. die Gothaische Bibliothek beim Erwerbe der Echternacher Cimelien gewesen ist, sind gewiß nicht alle Bücherkäufer. Wie sind z. B. die Acten der römischen Inquisition, die jetzt in Dublin sind, von Rom dorthin gekommen? Man meint, sie seien in Paris, wohin sie von Rom, wie so viele andere literarische Schätze, geschleppt worden seien, gestohlen
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