Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.06.1892
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- 1892-06-13
- Erscheinungsdatum
- 13.06.1892
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3530 Nichtamtlicher Teil. 134, 18. Juni 1892. Frauen, schrieb Cochläus, disputierlen über das Evangelium und trugen die Uebersetzung des Neuen Testamentes in der Brust tasche mit herum. Die Leute lasen sich Luthers Schriften abends in den Trinkstuben vor und schrieben sie sich nachts ab. Luther schuf erst eine Litteratur deutscher Sprache; er schuf auch das volkstümliche Oktav und Duodez gegenüber dem bis da üb lichen Folio und Quart der gelehrten Werke. Luthers Schriften selbst verfielen sofort dem Nachdruck; kaum war eine erschienen, so wurde sic von einem Dutzend oder mehr Druckern gleichzeitig nachgedruckt, zum Teil von Winkel druckern mit erdichteter Firma und unter liederlicher Behand lung oder gar absichtlicher Fälschung des Textes.*) Gleichwohl war unter den damaligen Verhältnissen der Nachdruck eine Notwendigkeit; ohne ihn würde das Resormations- werk geradezu gehemmt gewesen sein. Selbst wenn die Witten- bergischen und benachbarten Druckereien den riesigen Anforde rungen**) hätten entsprechen können, wie hätten bei den unzuläng lichen Verkehrsmitteln von einem Punkte aus solche Masse» verbreitet werden sollen? Dazu konnten aus sprachlichen Gründen »die Schriften des Reformators fürs ganze Reich nicht einfach repro duziert werden. Die Luthersprache war wohl dem Gebildeten in Norddeutschland verständlich, noch mehr im Süden, aber der großen Volksmasse im Norden und Süden nicht. Bei den nieder deutschen Ausgaben handelt es sich deshalb ersichtlich um Ueber- lragungen, aber auch in Oberdeutschland war man daraus ver wiesen, da dem lutherischen Mitteldeutsch etwa hundert nieder deutsche Ausdrücke eigneten, die der oberdeutschen Bevölkerung fremdartig und unverständlich waren, somit ausgemerzt werden mußten.»***) So nahm in der Reformation die eigentliche deutsche Litteratur ihren Ursprung. Hatte in der Frühzeit die Unter- nehmerthätigkeit des Verlegers, bestellend und anregend, säst allein den buchgewerblichen Boden befruchtet, so beginnt mit Luther die die Litteratur bestimmende Thätigkeit des Autors. Man unterschied »Bücher», Unternehmungen gewerbliche» Ur sprungs, von »Autoren», Erscheinungen schriftstellerischen Ursprungs. In der Frühzeit hatten die gelehrten Korrektoren der Wiegen drucke von den Verlegern für die in deren Aufträge geleisteten Dienste Bezahlung genommen. Für die dem Verleger an ge botenen Schriften aber Honorar zu verlangen, galt als unziem lich, wenn es auch vorkani.s-) Jetzt wurde die Honorierung allmählich mehr üblich. Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts kannte schon aus reicher Erfahrung die zum Teil heute noch *) Luther hat sich mehrfach in seiner derben Weise gegen die Aus wüchse dieses Treibens gewendet und Ist dadurch in den Rus eines ersten Hauptbekämpfers des Nachdrucks gekommen. Das war er aber, in unserem Sinne wenigstens, nicht. Allerdings fragt er in seiner Ver wahrung vom September 1525 die Druckherrcn, ob sie nun auch Diebe und Straßenränder geworden seien. Das bezieht sich aber daraus, daß ein Wittcnbergischer Setzer mit dem Manuskript von Luthers Postille davongcgangcn war und daß ein Nürnberger Buchführer, der 1527 wegen sozialagrarischer Umtriebe in Leipzig Hingerichtete Herrgott, nach dem geraubten Manuskript munter druckte. Also ein gemeiner Diebstahl ist gemeint. Und wenn Luther über Fälschungen klagt, so fragt sich's, letzte Interesse An ein Autorrecht in unserem Sinne dachte Luther nicht; Honorar hat er nie genommen, und nur sür seine Wittcnbcrgischcn Drucker verlangte er eine Schonzeit von 2-3 Monaten nach Erscheinen eines neuen Werkes. ") Die Uebersetzung des Neuen Testaments erschien am 22. Sep tember 1522 in Wittenberg in 5000 Exemplaren; schon im Dezember war der Vorrat vergriffen, aber schon in Basel ein Nachdruck erschienen. *"I Schürmann III, S 5, nach H. Rückerts Geschichte der neuhochdeut schen Schriftsprache. II. Leipzig, 1875. S. 45. — Ich lese in dem Berichte über einen Vortrag von Gustav Siegers -Gewöhnlich wird Luther schlechthin der Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache ge nannt An der Hand der Originaldrucke hat Professor Reifferscheid überzeugend nachgewiesen, daß Lutber erst an den sprach lich korrekteren Nachdrucken seiner eigenen Schriften gelernt habe und erst aus diesem Wege zu wirklich sprachwissenschaftlicher Bedeutung gelangt sei.- -s) Bekannt ist der betreffende Hader zwischen Erasmus und Hutten. nicht geschlichteten Streitsrage» zwischen Autor und Verleger, und das Bedürfnis des Schutzes gegen Eingriffe Dritter ward immer dringlicher empfunden. Als solcher Schutz hatte sich das Privilegienwesen entwickelt. -Das vielverlästerte, weil stark mißverstandene Privilegien wesen, unter dessen Ordnung der deutsche Bücherverkehr bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts steht, ist eine der dunkelsten, aber auch eine der wichtigsten Partieen in der Geschichte desselben. Es hat große Verdienste um ihn; in seine» besten Leistungen ist es die unsichtbare Macht, welche den jungen gebrechlichen Bücherverkehr rechtlich einhegte und stützte, bis aus dem schwanken Bäumchen ein Baum geworden war, der solcher Stützen nicht mehr bedurfte, ja die ihm in der Entwickelung zuletzt hinderlich werde» mußten.«*) Dem Geltungsbereiche nach gab es kaiserliche, Landes-, vereinzelt auch städtische Privilegien; dazu traten später die Meßpriviliegicn in Frankfurt und Leipzig. Das erste beglaubigte kaiserliche Privileg ist vom Jahre 15 ll>. Kaiserliche Privilegien wurden nie im ganzen Reiche unbedingt beachtet, vielmehr teilweise als Zuständigkeitsüberschreitung abgelehnt. Bezeichnend genug galten sie nur sür das Reich, nicht sür die kaiserlichen Erblande; sür diese mußten besondere Privilegien »achgesucht werden, die stets schwer, von 1740 an gar nicht mehr zu haben Ware». Mit der Macht des Kaisers sank die Bedeutung seiner Privilegien, während die Landesprivilegien an Ansehen stiegen, insbesondere, wegen Leipzigs, die knrsächsischen. Auch dem Gegenstände nach unterschieden sich kaiserliche und Landes-Privilegien. Jene nahmen sich mehr der schriftstellerischen Schöpsungen (»Autoren«), diese mehr der Erzeugnisse buchhänd lerischer Unternehmerthätigkeit (»Bücher») an. Der Art nach gab es (landesherrliche) Generalprivilegien sür die gesamte Druck- und Verlagsthätigkeit einer Firma. Spezialvrivilegien beschützten entweder die gesamte Druck- oder bei Trennung von Druckerei und Verlag die gesamte Vcrlags- thätigkeit des Privilegierten oder einzelne Werke. Ein Drucker privilegium hinderte die Niederlassung anderer Druckereien im selben Bezirke Man privilegierte gewisse zu löblichen Zwecken, sür Kirche und Schule bestimmte Unternehmungen; man privi legierte die erste Bearbeitung eines bestimmten Stoffes gegen andere; ja, man privilegierte bestimmte Formate. Die Gültigkeitsdauer der kaiserlichen und kursächsischen Privilegien war je 10 Jahre; dann mußten sie erneuert 'werden. Die landesherrlichen eigentlichen Gewerbeprivilegie» dagegen liefen sowohl beim Tode des regierenden Fürsten als auch bei dem des Privilegierten ab. Staatszweck der Privilegien war es zunächst, eine Hand habe zur Ueberwachung des Bücherwesens zu gewinnen**) und damit den weiteren Vorteil der Erhebung recht beträcht licher Gebühren zu verbinden. Die landesherrlichen Privi legien zielte» aber auch, wo es not that, in landesväterlicher Fürsorge aus Hebung des Buchgewerbes und der Kultur; Erlaß von Abgaben war häufig mit ihrer Erteilung verbunden ***) Allen Privilegien ist eigentümlich, daß sie durchaus den Charakter des Gewerbeschutzes tragen. Die Autorthätigkeit wurde in der des Verlegers mit geschützt. Die Rechtshandhabung der Privilegien war, soweit deren Geltung überhaupt reicht, bündig und wirksam. Das Privileg enthob vielsach des ordentlichen Gerichtsverfahrens und ermöglichte ein kurz angebundenes Eingreifen der Verwaltungsbehörden. Jns- Schürmann III S. 18. **) Das kaiserliche Bücherregal wurde etwa vom Jahre 1600 an mißbraucht, um im Dienste der Gegenreformation den Buchhandel auf der Franksurtcr Messe zu maßregeln. Dies war eine der Hauptursachcn. daß der Buchhandel sich von Frankfurt ab nach dem protestantischen Leipzig wendete. Der offene Bruch trat freilich erst 1764 ein. "*) Als 1614 der Kurfürst von Brandenburg in Berlin eine zweite Buchhandlung privilegierte, schenkte er obendrein die Bretter zum Bau des Bnchladens an der Stechbahn.
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