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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-11-27
- Erscheinungsdatum
- 27.11.1903
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- Deutsch
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^ 273, 27. November 1903. Nichtamtlicher Teil. 9787 Unterricht bietet künstlerisch ausgiebig vorgebildeten Schülern praktische Ausbildung in der Buchdruckerkunst. Er erstrebt die Zusammenfassung von Künstler und Buchdruckhand werker in einer Person und betreibt den Buchdruck als eine Kunst etwa im Sinne wie Gutenberg und Morris. Die Schüler üben Erfinden und Ausüben in allen in Betracht kommenden Möglichkeiten; sie suchen ein möglichst voll kommenes Bild der Schrift zn erreichen, entwerfen selber eigne Schrift und dazu passende Schmuckformen; sie illu strieren auch, soweit möglich, ihre Sätze. Sie sollen sich zu tüchtigen Leitern bezw. Inhabern von Buchdruckereien aus bilden. Das Endziel zeigt hier den Buchdruck als Buch druckerkunst. Ernst Kiesling. Alte Vuchdeckelweisheit. Eine bibliothekswissenschaftliche Skizze von vr. Hans Schukowitz. Alles Geistvolle gehört aufs Papier, hat jüngsthin ein Engländer gemeint. Vor fünfhundert Jahren hätten sie den Mann ausgelacht. Sie waren damals lange nicht so schreib lustig, wie wir es sind. Niemand wird leugnen, daß die Aufzeichnungen der Alten von unnennbarem Wert für die Nachwelt sind. Schon das, was sie nur so auf Vorsatz blättern und Buchdeckeln vermerkt haben, ist ab und zu ganz interessant. Man braucht nur einmal in den Staatsbiblio theken und Klosterbüchereien unter den alten Handschriften und Wiegendrucken Musterung zu halten und all das zu entziffern, was so nebenbei auf die überzähligen vergilbten Buchblätter ausgezeichnet ist. Die Grazer k. k. Universitäts- Bibliothek, die gegen 800 Wiegendrucke und 2000 Hand schriften besitzt, bietet in dieser Richtung Gelegenheit zu höchst lohnendem Studium. In jenen Zeiten ist die rührende Anhänglichkeit des Gelehrten und Geistlichen an Kodex und Schreibpult sprich wörtlich gewesen. Das Buch war ihnen Vertrauter, Rat geber und Lehrer. Die verschiedenartigsten Dinge, die sie darin vermerkten, sind durch die mannigfachen Lebenslagen bedingt gewesen. Die Aufzeichnungen sind in ältester Zeit zum größten Teil lateinisch. Latein ist ja die Priester- und Gelehrtensprache jener Zeit. Fast in jedem Kodex finden wir vor allem die Eignerformel und die Namen der Buchbesitzer. Der jeweilige Eigentümer macht sein Anrecht durch einen Vermerk geltend. Diese Formeln sind typisch. Wir haben kürzlich hierüber an dieser Stelle des näheren uns ausgesprochen.*) Oft ist eine Reihe solcher Besitzer notiert, so daß man durch fünf bis sechs Generationen die Erb folge des Buches ablesen kann. »Kettenkodizes« tragen meist den »Bücherfluch« oder das »Drohexlibris«, d. s. Bannformeln, wodurch dem Bücherdieb allerlei Unheil an den Leib gewünscht wird. Sehr inter essant sind die sogenannten Schreiberverse in den alten Hand schriften. In der Regel beginnen die Mönche ihr Werk mit dem Spruch »^.ssit priaeipio sonota Noris. wso«, das in vielen Varianten vorkommt, und sie schließen mit ihrem Nanien und der Bitte um ein andächtiges Gebet oder dem feurigen Wunsch, des ewigen Lebens teilhaftig zu werden. »Oi-ats pro we psLLküors« ist in unfern Handschriften häufig der letzte Wunsch des Schreibers. Wattenbach hat in seinem trefflichen Buch eine große Anzahl solcher Sprüche gesammelt. Doch kommt auch vielfach ein lebhafter Ausdruck über das mühsam vollendete Werk vor. Dabei vergessen die Soriptorss nicht, uns oft Jahr und Tag zu nennen, in der sie diese quälende Arbeit vollendet haben. Diese Verse sind zumeist in den Text eingeflochten. Öfters finden sie sich aber auch *) Vgl. Nr. 15 d. Bl. v. 20. Januar 1903. Red. auf den Innenseiten der Buchdeckel. So jammert der arme Skriptor eines Grazer Mischkodex über die Geduldprobe, die das »Zeichnen und Malen« von ihm forderten: Schriften mahlen, Vüecher schreiben, Brudter — Das ist härter, als die Ochsenmühle treiben! Er tröstet sich aber im Hinblick auf den guten Zweck und den Lohn der spätern Geschlechter: Waß ich da schreibb, richt ich für dich, Zukunft, du nun beth sör mich! Da und dort begegnet man auch einem recht materia listisch gesinnten Klosterschreiber, der Erdenlohn dem »Ablaß zettel fürn Himmel« vorzieht. So lautet der Titelvers eines handschriftlichen Antiphonariums aus der aufgelösten Karthause Seiz in Steiermark vom Jahre 1408 (Univ.-Bibl. Graz) So ich dißen Psalter schreib, Ich nitt Schertz und Spiehl betreib; Da ich ihn anitzt zu Cndte Hab' Wünsch ich mir ein Hirschböckl zu Gap. Was unsre alten Lehrer Interessantes gehört haben, das trugen sie mit Sorgfalt und herzinnigem Sinn im naiven Stil der Zeit in ihr Lieblingsbuch, in die Erbbibel, das Tagesbreviar und dergleichen ein. So wird ihnen dieses Buch zugleich zum Gedenkbuch. Wir lesen da öfters geschicht liche Notizen: Auf dem Deckel der »Norolio, Kregorii« (1181) steht: laräat ltomanus, ^tamams. äormitat oillois, 8tat attlla, stat guogus Arsous, ioonia Aauäst, 8tat Lad^lonia, üisrosol^ros. ooneläit omnls, 8io äamasos tibi poterit vietorio. soribi! Hieraus spricht offenbar der frische Eindruck, den die Nachricht von der Eroberung Jerusalems durch Saladin auf unfern Landsmann gemacht hat. In einem > äuim-m pbarstrar (Schild der Seelen, 1240) las ich: ttsts. Pater velut Usotora vis Nsuslaum Lmioat Ilottoearum »trsuuum omsu amarum. Der Schreiber, ein Konventuale des Stifts St. Florian, verzeichnet hier wahrscheinlich den Eindruck, den Rudolf von Habsburg auf seinem Zuge nach Niederösterreich auf ihn ge macht hat. Ottokar besaß in St. Florian viele Sympathien. In einem »Wurtzgärtlein der Seelen« vom Jahre 1480 ist die Pestilenz in Wien geschildert: die Leuth seyen wie die flüggen zu herbste, jedt hauss hat seyn leichnamb, die tragens in Truhen oder Körben auf die Freythhöff. Bettler findt Eins die Meng todter aufs den Strassen, selbst allerlei getür befallt dies böse Seuchen, der heilig Gottsleichnamb wird schier hundtertmallen aus dem tabernseulum zu den Störbend Leuthen getragen usw. In einem Jakunabel »Lollsginm ourio8um«, Nürnberg 1491, findet sich über das Bahrrecht die folgende Auf zeichnung: »Heunt ist man der Ansicht, dass die Entleibten zu bluthen anfangen, wenn Derjenige hinkommt, der sie er mordet hat und weil gemeiniglich Bluth aus den Wunden der totten Körper fließet, wann sie bewegt und herum geworfen werden, erschrickht alsdann derjenige, der ein büß Gewissen hat.« Ein »Himmelszeichen« vom Jahre 1499 ist in einem Mönchs-Breviarium so geschildert: Im mayo 1499 jar des Heils sähe man über unsre Berg zwey große Armeen in der Lufft sich präsentieren. Selbigen Jars erschien ein Todtenhaubet rundum mit blutig Lantzen umbgeben, am Osthimmel gerad über dem Henxt (Berg bei Seckau) schreck lich anzuschau war! Anderswo fand ich über die Türken einfälle in Steiermark (1530), über den Klosterbrand von St. Lambrecht (1608), über den Herbststurm, der vill Kirch- thürm und Häufler gestuertzt halt (1609), über die Cholera (1702), über die arge Kuruzzennot in der Steiermark (1704—1706 u. dgl. m. Deckelaufzeichnungen. In einem »Gulden-Spil«, das 1492 zu Augsburg gedruckt wurde, läßt ein Lehrer die Jugend jener Zeit zu Worte kommen: 1296*
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