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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1904
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- Deutsch
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272, 23. November 1904. Nichtamtlicher Teil. 10479 «Nicht bloß an Musikfreunde, sondern an alle, die den Wert einer eigenartigen nationalen, aus dem Sehnen und Verlangen der neuen Zeit geborenen Kunst zu würdigen wissen, wenden wir uns daher mit der warmen Bitte: Gebt und spendet, soviel ein jeder kann — auch kleine Gaben sind willkommen — und helft das edle hohe Ziel erreichen zum Ruhme deutscher Kunst und zum Heile unsers Volks!- »Im Namen der Zentralleitung des Gesamt-Ausschusses: Hoftheaterintendant Baron zu Putlitz in Stuttgart, Vorsitzender. Or. Sigmund Benedict in Stuttgart, Schriftführer. »Im Namen des Berliner Ausschusses: von Hülsen, Exzellenz, Generalintendant der Königlichen Schau spiele. — Engelbert Humperdinck. — Karl Klindworth. — Ernst v. Wildenbruch. (Folgt eine lange Reihe von weiteren geachteten Namen.) »Im Namen des engeren Berliner Ausschusses: Professor Or. R. Sternfeld, 1. Vorsitzender. —König!. Kammcrherr M. v. Rosenberg, 2. Vorsitzender. — Hofbuchhändler Glaue (i.Fa. Alexander Duncker), Schatzmeister. — Or. Richard Münnich, Schriftführer. Sammelstelle: Alexander Duncker, Verlag, Berlin IV. 3b, Lützowstr. 43.« Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien. — Sitzung der philosophisch-historischen Klasse vom 9. No vember 1904. Der Sekretär überreicht die vom ^roüasoloAioal 8urve^ Oe- partmsvt ok luäis, in Bombay übersendete große Serie von San skrit-Textausgaben und legt folgende Druckwerke vor: 1. »Prolegomcna zu einer Wieland-Ausgabe. Im Aufträge der deutschen Kommission entworfen von Professor Or. Bernhard Seufsersi.in Graz. Berlin 1904«; 2. »Ooloraäo Odilens 8tuäiss: Noäsrv lavAuaAS Huwbsr. Ooloraäo, laus 1904»; 3. »I-a baväa real äs Oastilia por Don Rakasl liawirsr äs ^rsllavo, 1899»; 4. »lislaoion äs Ia8 Osrewovias z- ritos z- poblioaoion z- Zobsr- naoion äs los Inäios äs la proviuoia äs Usoüuaoav. HlorsIIa 1904.« Der Sekretär überreicht schließlich eine mit der Bitte um Auf nahme in das Archiv sür österreichische Geschichte eingesandte Ab handlung des Herrn Or. Erh. Waldemar Kanter in München, betitelt: »Die Ermordung König Ladislaws (1457)«. Die Ab handlung geht an die historische Kommission. Sitzung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse vom 10. November 1904. Or. Alfred Nalepa, Professor am k. k. Elisabeth-Gymnasium im 5. Bezirk in Wien, übersendet eine vorläufige Mitteilung über »Neue Gallmilben«. Professor V. Grünberg in Wien übersendet ein versiegeltes Schreiben zur Wahrung der Priorität mit der Aufschrift: «Nega tiver Geotropismus.« Das wirkliche Mitglied Hofrat L. Boltzmann überreicht eine Abhandlung von Professor G. Jäger: »Über die Abhängig keit der Gasdichte von den äußeren Kräften.- Or. Norbert Herz überreicht eine Abhandlung mit dem Titel: »Zonenbeobachtungen der Sterne in der Zone — 6 bis — 10 Gr., beobachtet am 4st," Meridiankreise der von Kuffnerschen Sternwarte in Wien in den Jahren 1889 bis 1891, von Or. N. Herz und Or. S. Oppenheim.- Das wirkliche Mitglied Hofrat Professor Or. I. Wiesner legt eine im pslanzenphysiologischen Institute von L. Ritter von Portheim ausgeführte Arbeit vor, betitelt: »Über den Einfluß der Schwerkraft aus die Richtung der Blüten.« Das wirkliche Mitglied Hofrat Ad. Lieben überreicht eine in seinem Laboratorium ausgcführte Arbeit: -Über die Konden sation von Methyläthylakrole'in mit Jsobutyraldehyd-, von Wilhelm Morawetz. (Aus der Wiener Zeitung auszugsweise mitgeteilt.) Vom Vuchhandlungsgehilfen-Verein zu Leipzig. — Es war dem Vorstand gelungen, Herrn Universitätsprofessor Or. Witkowski sür eine Vorlesung über »Das deutsche Theater der Gegenwart — Gerhart Hauptmann« zu gewinnen, dessen erster Teil am 18. November im kleinen Saal des Buch händlerhauses vor einer zahlreichen Zuhörerschaft zum Vortrag kam. Der Herr Redner ging von der Dramatik Schillers aus, deren Form und Technik mehr als hundert Jahre lang die Bühne beherrscht hat. Der Ausdruck persönlicher Freiheit war der Grundton, der die Kunst Schillers durchzog, der Zufall, das Schicksal das treibende Moment in seinen Dramen. Seine Bühnentechnik hält die Mitte zwischen jener der großen grie chischen Dramatiker und jener Shakespeares, sein Realismus ist ein Schönheitskult. Die Nachahmer Schillers, die mit seinen Formen arbeiteten, konnten aber meist nur Gebilde schaffen, die durch ihre Hohlheit auffallen; selbst E. v. Wildenbruch, der in den achtziger Jahren einen neuen Frühling Schillerscher Kunst erweckte, brachte in seinen Dramen zwar den Idealismus zur Reife, in allem übrigen erreichte er aber sein Vorbild nicht. Hauptsächlich fehlte ihm die Eigenschaft, den innern Kamps seiner Helden zum Ausdruck zu bringen; sie treten alle mit der Überzeugung vom Wert alter Anschauungen vor das Publikum, während wir beim Dichter etwas Quälendes, Suchendes finden wollen, ein Ringen mit widerstreitenden Gefühlen. Die Rückständigkeit der Literatur, die sich nach dem Tode Schillers bis zur neuern Zeit bemerkbar machte, äußerte sich hauptsächlich darin, daß sie die Fühlung mit dem wirklichen Leben verlor. Seit dem Jahre 1850 hatte die Naturwissenschaft durch ihren Eiufluß auf den menschlichen Geist eine materialistische Lebens auffassung gezeitigt, seit 1860 hatten die politischen Strömungen durch die Sozialdemokratie einen neuen Stand geschaffen, und seit 1870 wurde durch die Überwindung des Pessimismus eine neue Philosophie begründet. So war die Freiheit des Indivi duums eine eingeschränkte geworden, der einzelne Mensch wird das Produkt der ihn umgebenden Verhältnisse, seines Milieus. Neue Maßstäbe werden an Persönlichkeiten gelegt, die Dinge werden an der Hand neuer Gesetze beurteilt, Kleinigkeiten spielen eine bedeutende Rolle, und neue Gesellschaftsschichten treten ins öffentliche Leben ein. Alle diese Dinge machen sich auch im Bühnenleben bemerkbar, und wo früher nur Heroen, Fürsten und hochgestellte Personen als Helden über die Bretter schreiten, nehmen in der neuen Zeit die Parias der Gesellschaft deren Stelle ein; der Idealismus wurde vom Realismus und dieser vom Naturalismus abgelöst. über das Wesen des Naturalismus herrschen im allgemeinen noch irrige Ansichten. Nicht die Wiedergabe des Gemeinen er strebt er, sondern die rohe Wiedergabe der Eindrücke, die ein Künstler von einer Person oder einer Sache in sich ausgenommen hat. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Eindrücke von einem rohen oder widerlichen Gegenstand ausgegangen sind, oder von einem hehren und tugendhaften Vorbilde. Diesen wahren Natu ralismus findet man in den Dramen der neuen Zeit selten. Ibsen wurde zwar als sein Schöpfer gefeiert; in Wahr heit sind aber die Helden seiner Dramen Erzeugnisse kühler Berechnung, keine unbefangenen Menschen; ihnen fehlt das Natürliche ebenso wie das Problematische und die hin reißende Kraft der Leidenschaft. So kommt es, daß gerade das Unwahre der Hauptcharakterzug seiner Helden ist; sie brauchen alle die Lüge für ihr Leben und gehen an der Wahrheit zugrunde. Wenn Ibsen auch eine erstaunliche Sicherheit des Könnens und eine hochentwickelte Beherrschung der Bühnentechnik zeigt, so ist seine Exposition doch erkünstelt; er verzichtet auf die dramatische Handlung und gibt nur Zustandsschildcrung. Seine jugendlichen Nachahmer vermeiden dazu noch jegliche Konflikte. Eine Ausnahme unter ihnen machen vielleicht nur Hauptmann in »Vor Sonnenaufgang« und Hirschfeld in »Nebeneinander«. Eine Wendung zum Bessern bedeutete die Begründung der »Freien Bühne« im Jahre 1889, die zuerst mit realistischen Dramen, wie Anzengrubers »Das vierte Gebot« und dergleichen vorlieb nehmen mußte. Sudermann blieb es Vorbehalten, in der Schilderung der Personen des Hinterhauses in seiner -Ehre« einen Pseudo-Naturalismus zur Geltung zu bringen. Anfangs abgelehnt, fand man in diesem Stück bald den Gipfelpunkt echter Wiedergabe des Lebens, um heute schließlich dahin gelangt zu sein, daß es Maniriertheit sei, die Sudermann hier bietet. Psychologische Züge vermißt man gänzlich. »Sodoms Ende« war schon wertvoller, weil es echte Menschen bringt, die uns etwas von ihrem Innenleben geben; in »Heimat« kam die kühle Berechnung des Theaterschriststellers zur Geltung, in der -Schmetterlingsschlacht« ein ehrliches Streben; »Fritzchen« ist künstlerisch am wertvollsten, während in »Es lebe das Leben« Effektszenen mit Unmöglichkeiten abwechseln. So sehen wir bei Sudermann fast immer, wie ein gutes Problem durch das Haschen nach Erfolg zerstört wird. Nach Sudermann trat im allgemeinen eine Verflachung des Dramas ein. Blumenthal bot Zirkusspäße, Meyer-Försters triviales -Alt-Heidelberg« banale Sentimentalität, und der dritte dieser bekannten Dramenschreiber, Otto Ernst, schuf sich ten denziöse Prügeljungen. Diesen Bühnenschriftstellern standen einige dramatische Dichter gegenüber, wie Schlaf und Holz, G. Hirschfeld und Max Halbe. Letzterer bot in seiner »Jugend« ein Stück, das als einziges dieser Periode auf die Nachwelt kommen dürfte; er ist aber nur ein frisches Talent, keine schöpferische Kraft. Hartleben ist zu sehr Theatermann, und 1372
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