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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-01-02
- Erscheinungsdatum
- 02.01.1907
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- Deutsch
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ihn mit dem heutigen Kolportagebuchhandel vergleichen. Aber auch dieser Vergleich hinkt, mie alle solche Vergleiche, und es ist wohl richtiger, dem Reisebuchhandel nicht einen künstlichen Altadel anzudichten, sondern ihn als richtiges Kind der neuen Zeit hinzustellen, der erst möglich und notwendig wurde, als große enzyklopädische Werke entstanden, die erhebliche Herstellungskosten erforderten und gleichzeitig, um Massen artikel zu werden, einen billigen Preis haben mußten. Da hieß es den latenten Bedarf aufzusuchen und zu dieser Aufsuchung trat der Reisebuchhandel ins Leben, eine neue Form des Buchhandels, nicht eine Wiederbelebung der alten Form des Reifens der ersten Drucker-Buchhändler, die, ganz entgegen dem Gebaren der neuen Reisenden, ruhig in ihrer Meßbude auf Käufer warteten, was allerdings gelegentliche Besuche bei Klöstern, Fürsten und Bibliotheken nicht aus schloß. Der Reisebuchhandel ist eben ein Kind der Neuzeit, was ihm bei der fortschreitenden Demokratisierung der Gesellschaft auch kaum schaden dürste. Sperling sagt selbst, daß die Änderung in der Betriebsweise des Kolportage buchhandels, der bis dahin mit Probeheften gearbeitet hatte, von dem Bibliographischen Institut (Meyer) aus gegangen ist, das in den sechziger Jahren des vorigen Jahr hunderts einen ganzen Musterband seiner Enzyklopädie zusammenstellte und statt der Kolporteure Reisende fand, die es besser verstanden, mit dem Publikum umzugehen. Nicht zu vergessen ist, daß die Einführung sehr geringer monatlicher oder vierteljährlicher Teilzahlungen zum Erfolg des Reisebuchhandels beigetragen hat, da diese Teilzahlung ein Publikum als Bücherkäufer herangezogen hat, das bis dahin wohl gern gekauft hätte, aber weder die Gelegenheit, noch die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Erst in den siebziger Jahren des vergangenen Jahr hunderts begann der Aufschwung des Reisebuchhandels und hat seit dieser Zeit einen immer größer» Umfang angenommen. Der Verfasser erkennt die »mühsame, unendlich fleißige Arbeit« des Sortimenters an, ebenso die Tätigkeit des Verlegers für den Absatz seiner Produkte. »Da aber, wo die Kraft des Sortimentsbuchhandels aufhört und die Arbeit des Ver legers ihre Wirkung versagt, ist es der Reisebuchhandel, der mit seiner Arbeit einsetzt« . . . »Ich meine nicht, viel mehr glaube ich, daß der Reisebuchhandel, wie er die älteste Form des Büchervertriebs ist, auch als dessen natürlichste Form bezeichnet werden kann, wenigstens, wie schon bemerkt, für einen sehr großen Teil der Bücherproduktion und einen großen Teil des Publikums.« — Das ist doch eine etwas starke Überschätzung des Reisebuchhandels. Der Reisebuchhandel ist eine Form, die sich überhaupt nur für den Vertrieb ein zelner, dazu hochbewerteter Werke eignet, weil in dem Ver trieb einzelner Werke der Erfolg liegt und die Höhe der Spesen einen Verkauf billiger Werke ausschließt. Sperling sagt selbst, »daß es in erster Linie nur größere Werke sein können; aber es gibt auch Firmen, welche den Vertrieb kleiner, namentlich populärmedizinischer Werke im Preise von 15 bis 25 ^ pflegen.« — 15 bis 25 kosten die kleineren Werke, deren sich der Reisebuchhandel nur ausnahmsweise an nimmt; wo bleiben aber die unzähligen andern, deren Laden preis unter -— 15 bis 25 ja 1 und darunter beträgt? Dafür ist ja die »mühsame, unendlich fleißige Arbeit des Sortimenters« da! Unter solchen Gesichtspunkten ist auch der Umsatz der Reisebuchhandlungen zu beurteilen, der nach Sperling 2—300 000 beträgt, bei einigen Firmen sich auf 5—600000 ^ steigert. Demgegenüber müssen eben die Umsätze des allgemeinen Sortiments, das sich mit den gering im Preise stehenden Büchern befaßt, entsprechend niedriger sein. Daß ein Teil dieses Umsatzes wenigstens dem regulären Sortiment entgeht, ist zweifellos; dies schon dadurch, daß der Boden, den ein Reisender abgegrast hat, Börsenblatt sük den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. für den örtlichen Buchhändler auf Jahre hinaus verdorrt ist. Ein Käufer, der vom Reisenden für 100—200 Bücher auf Abzahlung gekauft hat, kann im allgemeinen bei seinem Buchhändler die ersten Jahre nichts oder nur auf Borg kaufen. Und darin liegt die Schädigung, die der Reisebuchhandel dem Sortiment zufügt. Denn es ist doch nicht erwiesen, sogar sehr unwahrscheinlich, daß der größte Teil derer, die beim Reisenden kaufen, als bisher buch händlerisch jungfräulich angesehen werden müssen Als noch der Kolporteur allein ein gewisses Feld bearbeitete, mag dies zutreffend gewesen sein, da er wesentlich die kleineren Leute bearbeitete, die sicher nur in der Minderzahl einer Buchhand lung ihre Besuche abstatteten; heute, wo der Reisende jeden Studenten, jeden Professor besucht, dürfte die Behauptung, die Kunden des Reisenden seien nie in einer Buchhandlung gewesen, wenig Glauben finden. Also die Kunden des Sorti menters werden wohl meist die Kunden des Reisenden sein, die vielleicht das Konversationslexikon, das Handwörterbuch der Staatswissenschaften, die Luegersche Enzyklopädie bei ihrem Sortimenter nicht gekauft hätten, wohl aber anderes, das sie nunmehr nicht kaufen — oder nicht bezahlen können. Ob die Anschaffung auf Teilzahlung wirtschaftlichen Vorteil für die Käufer hat, ist eine Frage, deren Beantwortung je nach der Sachlage verschieden sein kann. In sehr vielen Fällen wird die Frage verneint werden müssen, wie es doch stets bedenklich ist, wenn jemand seine Kaufkraft auf Jahre hinaus festlegt. Und der wirtschaftliche Vorteil für die Reisebuchhandlung: Sperling sagt (S- 18): »Aber — auch das muß ausgesprochen werden — diesen Umsätzen steht im Vergleich mit andern Berufen ein stets bescheiden zu nennender Gewinn gegenüber. Der dem Publikum ein geräumte Kredit, die Schaffung und Erhaltung eines Stamms tüchtiger Reisender, die diesen zu zahlenden Provisionen, welche 10, 15 bis 20 Prozent und mehr vom Ladenpreis be tragen, erfordern trotz des üblichen länger» Verleger-Kredits ein außergewöhnlich großes Betriebskapital rc. Dazu sind Verluste selbst bei der größten Vorsicht nicht zu ver meiden . ..« — Und auch der Verlagsbuchhandel klagt, daß die Ansprüche übergroßer Kredite, die hohen Rabattansprüche, die der Reisebuchhandel stellt, kaum noch zu erfüllen seien, und daß die Gewinnquote, trotz der großen Umsätze, mehr als billig herabgedrückt werde Also ein befriedigendes Bild bietet der Reisebuchhandel keineswegs; es fragt sich in der Tat, ob die ungewöhnlich hohen Betriebsspesen, die er verursacht, nicht ein etwas zu hoher Preis sei für die Schädigung, die er dem Sortiment zufügt durch Lahmlegung der Kauffähigkeit seiner besten Kunden und der nationalen Wirtschaft durch die Verleitung weniger gefesteter Persön lichkeiten, auf dem Wege des Kredits kostspielige Bücher zu erwerben, zu deren Erwerb der Betreffende seiner wirtschaft lichen Lage nach gar nicht berechtigt erscheint. Daß dieses Urteil nicht zu hart ist, beweisen die großen Lager von Konversations lexiken und sonstigen vom Reisebuchhandel bevorzugten Werke, die jahraus, jahrein in den Berliner Leihhäusern sich ansammeln. Ein Konversationslexikon zum Neupreise zu verkaufen, gelingt den wenigsten Buchhandlungen, und sie sind ja auch stets in der Lage, ihre Kunden mit gänzlich ungebrauchten »antiquarischen« Exemplaren aus den Leihhäusern etwa zum halben Preise zu befriedigen. Ich meine, trotz der hohen Ziffern des Jahres umsatzes des deutschen Reisebuchhandels, den Sperling auf 30 bis 35 Millionen anschlägt, und der imponierenden Auflagen von 190 OoO Exemplaren von Meyers großem Kon versations-Lexikon, 36 800 von Meyers kleinem Konversations- Lexikon und 14 400 Exemplaren von Brehms Tierleben, große Ausgabe, die das Bibliographische Institut 1893 bis 1902 an Reisegeschäfte verkauft hat und die zusammen 3
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