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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.04.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-04-08
- Erscheinungsdatum
- 08.04.1907
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- Deutsch
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80. 8. April 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 3655 örtert zu werden brauchen, Leipzig an die Stelle Frankfurts tritt, ist es wieder eine Messestadt, die den internationalen Bllcheraustausch auf seinem Marktgebiet vereinigt. Schafft sich der Buchhandel diese Organisation aus sich selbst heraus, so sehen wir doch, wie der Staat schützend und leitend einzugreifen versucht. Jede einzelne neu entstehende Buchhandlung oder Buchdruckerei muß vom Staate eine Konzessionierung ihres Betriebes haben. Darin zeigt sich der wesentliche Unterschied des Buchhandels von seinem Hilfs gewerbe. Die neu aufkommenden wirtschaftlichen Formen, die im rechtlichen wie wirtschaftlichen Gegensatz zu den Zünften standen, die Manufakturen «Fabriken) erlangten erst durch die Konzession die Möglichkeit ihres Betriebes und waren damit von dem Herkommen, den Statuten usw. der Innungen und Zünfte befreit. Der Staat gab aber nicht schlechtweg die Konzession an jeden, der darum nach suchte. Er suchte vor allem den Buchdruck auf die größeren Städte zu beschränken. Vielfach wurde in kleinen Orten Buchdruckern die Niederlassung erschwert oder verboten. Eng damit ging die Schaffung geschützter Absatzgebiete für einzelne Buchhandlungen einher. Innerhalb solcher privilegierten Gebiete wurde vor allem der Verkauf von Schulbüchern, Kalendern, geistlichen Liederbüchern und dergleichen mehr gestattet. Durch Einführung von Büchertaxen suchte man ähnlich wie für die städtischen Gewerbe auch für den Buch handel den Einfluß des Staates auf die Preisbildung zu sichern. Entscheidend für die Wechselbeziehung zwischen Buch handel und Staat wird, daß an die Stelle des kaiserlichen Bücherregals, das fast nur noch für die Reichsstädte von Bedeutung war, das landesherrliche Bücherregal trat. Nach zwei Richtungen machte sich dies besonders bemerkbar: Nach dem Satze: ouius rs-ffo, eins rsÜAio dürfen katholische Bücher nicht nach protestantischen Ländern und umgekehrt protestan tische nicht nach katholischen dringen. Dem zwischenstaatlichen Buchhandel werden durch die Glaubensspaltung unübersteig- liche Hindernisse im Vertrieb gestellt. Der eigenartige Richtungswechsel innerhalb des deutschen Buchhandels, der sich im Laufe des 16. Jahrhunderts voll zieht, von einem ursprünglich fast rein theologischen Schristen- verlag zu einem mehr die allgemeinen Wissenschaften berück sichtigenden Verlag, ist sicherlich mit auf jene Glaubens- trennung der Absatzgebiete zurückzuführen. Klassische Schriften, juristische Werke konnten, ohne den Glauben des einzelnen zu schädigen, überall in Deutschland gelesen werden. Eng damit verknüpft ist die Staatszensur. Durch sie sucht der Staat Einfluß auf das geistige Leben des Volkes zu gewinnen. Aus religiösen Rücksichten vorwiegend entstanden, sehen wir mehr in protestantischen als in katho lischen Ländern später andre Gesichtspunkte in den Vorder grund treten. Bei der mangelhaften Entwicklung der Zeitungspresse noch im siebzehnten und achtzehnten Jahr hundert wurde ganz anders als heute durch Flugschriften, Pamphlete und dergleichen mehr die öffentliche Meinung be einflußt. Sie im Sinne der Staatspolitik zu lenken, schädliche Meinungen im Keime zu unterdrücken und so die Regierungs politik auch durch den Buchhandel zu rechtfertigen, das sind vornehmlich die staatlichen Gesichtspunkte, unter denen die Zensur in Nord- und Mitteldeutschland gehandhabt wird. Summiert man einzelne Beispiele von Zensurverboten, so kann man leicht die Oberflächlichkeit wie Willkürlichkeit jener Zeiten brandmarken; aber man darf doch nicht ver gessen, daß der Einheitlichkeit des deutschen Bücherabsatzes die Zerrissenheit der deutschen Staaten gegenübersteht und daß irgendwo bei irgendwem doch ein staatsgefährliches Schriftchen erscheinen konnte. Der anscheinenden Unfreiheit und Gebundenheit jener Zeit steht doch tatsächlich, wegen der Ohnmacht der Behörden, eine große Freiheit der Ver öffentlichung gegenüber. Im Buchhandel vollziehen sich um jene Zeiten wichtige Veränderungen. Leipzig gewinnt vom siebzehnten Jahr hundert ab steigende Bedeutung. Und was die Großstädte Paris und London für ihre Länder sind, war das kleine Leipzig für Deutschland — der Mittelpunkt des buchhändle rischen Lebens. Aber auch in den Betriebsformen sehen wir Veränderungen eintreten. Der Tausch- oder Change-Handel gewinnt an Bedeutung, und manche eigenartigen Formen des heutigen buchhändlerischen Betriebs sind auf jene Zeiten zurückzuführen. Aber an Bedeutung übertcifft alles die enge Verbindung zwischen den Universitäten und dem Buchhandel. Auf ganz andrer Grundlage und mit ganz andern Grundsätzen als die mittelalterlichen Universitäten wachsen auf dem protestan tischen Boden die deutschen Hochschulen, staatliche Schöpfungen, empor. Gefördert, unterstützt durch die Sorge der Regierungen. Sie werden bestimmend für die Richtung des geistigen Lebens in Deutschland. An eine jede Universität schließt sich eine Bibliothek, eine Universitätsbuchhandlung, eine Universitätsbuchdruckerei an. Und wenn wir den Vergleich ziehen wollen zwischen ausländischem und deutschem Buch handel, so dürfte wohl als der wesentlichste Unterschied er scheinen: die engen Wechselbeziehungen, die zwischen den deutschen Hochschulen in sachlicher wie persönlicher Beziehung und dem deutschen Buchhandel bestehen, sie fehlen dem aus ländischen Buchhandel. Rechtlich steht der Buchhandel noch immer ziemlich schutzlos da. Verhältnismäßig wenig leistete der Staat in jenen Zeiten zum Schutz vor Nachdruck, zur Sicherung des Vertragsrechts. Die zweite Staatsform, die wir zu betrachten haben, ist ür die Wirtschaftspolitik der ökonomische Liberalismus, für die Staatspolitik die konstitutionelle Staatslehre. Der ökonomische Liberalismus ist vorbereitet worden durch französische Denker des achtzehnten Jahrhunderts. Wie die französische Gesell- chaft damals uns das reichbewegteste geistige Leben jenes Jahrhunderts zeigt, so finden wir auch in jener Theorie den Einschlag des gesamten naturrechtlichen, philosophischen, natur wissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Denkens. Es ist die erste große Theorie, die mit den Anschauungen des Alter tums und des Mittelalters bricht und in der zuerst natur wissenschaftliche Gedanken nach Berechtigung streben. Nicht mehr der Staat ist die alles gebietende Macht, im Gegen teil, der Einzelne tritt bestimmend in den Staat hinein; denn nur aus der Summe der Einzelwillen geht der Staat hervor. Und im vollen Bruch zwischen der herrschenden Wirtschaftspolitik wird die Forderung der vollen Wirt schafts- und Handelsfreiheit des Einzelnen aufgestellt. Nur auf Rechtsschutz nach innen, Schutz nach außen wird die Aufgabe des Staats eingeschränkt. Gleichheit der Untertanen vor dem Gesetz und damit vor dem Staat, volle Freiheit aller, ohne jede staatliche Bevormundung, das sind die Schlagworte, die aus jener Zeit stammen und die schließlich zu einer völligen Umgestaltung der Wirtschaft, der Gesell schaft und des Staats geführt haben. Die Ideen allein hätten aber nicht jene oft fast un widerstehliche Macht über das neuere Europa gewonnen, wenn sie nicht auf einen fruchtbaren Boden gefallen wären, der vorbereitet wurde durch eine innere wirtschaftliche Um wälzung des absoluten Staats des 18. Jahrhunderts. Mit der neugewerblichen Produktion, mit der Zunahme des Verkehrs und seiner Umgestaltung aller unsrer Verhältnisse, mit der neuen Technik und Arbeitsteilung, der Massen- 479'
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