X- 232, 5. Oktober 1929. Künftig erscheinende Bücher. Boqrnölatt s.d.Dischn.»uchhani-i, 7623 cmrini»« «kvk» Irnrter un6 Heiterer our meinem Leben Mit 4 Bildtafeln. Geh. Nk. 5.40, Leinen Nk. 7.— Christian Geyer, seit fast so Iahren Hauptprediger bei St. Sebald in Nürnberg, weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt durch seine Predigtbücher und auf vielen Versammlungen der „Freunde d» Christlichen Welt" und des„ Evang- sozialen Longresses", geschätzter und beliebter Redner, gibt hier in Form von zwanglos niedergeschriebenen Erinnerungen eine Selbstbiographie besonderer Art, wie wir sie noch nicht besitzen. Im Mittelpunkt steht nicht er, sondern die Men schen, mit denen er zu tun hatte: das fränkische Dorf, in dem er erwuchs — die Schilderungen dieser Idylle erinnert an die schönsten Stücke bei Lügelgen — die kleinstädtischen Gymnasien, in denen er, umgeben von schrulligen Lehrern, deren Eigenart er liebenswürdig darzustellen versteht, durch leidenschaftlich gepflegte Lektüre den Grund zu erstaunlich umfassender Bildung legte, das Studentenleben in Erlangen und Leipzig, das Münchner Militärfahr und die kurze Vikarstätigkeit in der altbayerischen Diaspora, sein wirke» als Pfarrer und Lehrer in Altdorf, Nördlingcn und Bayreuth und schließlich die bedeutsame Tätigkeit in Nürnberg, die ihn zum Führer der umstrittenen Nürnberger Richtung machte, bilden den Rahmen seiner Lebensgeschichte, von der sein im Grunde unerschütterliches heiteres Gemüt, die freundlichen Züge ungleich stärker hervortreten läßt als alles Trübe. Ohne zu reflektieren — der Zusammen hang mit den geistesgeschichtlichen wichtigen Strömungen seiner Zeit wird kaum betont — erzählt er breit und vor allem behaglich. Da aber Geyer in Bayreuth mit dem Haus Wahnfried, in Nürnberg und von Nürnberg aus mit den führenden Persönlichkeiten des deutschen Protestantismus in engstem Verkehr stand und die für unsere religiöse Lage so charakteristischen Entscheidungen zwischen Liberalismus und «Orthodoxie, anthroposophischer Lhristengemein- schaft und lutherischem Protestantismus mit durchzukämpfen hatte, wird das Buch ganz von selbst zu einem merk würdigen Dokument von großem «Ouellenwert, gerade weil es nicht anspruchsvoll und wichtignehmerisch auftritt, sondern das Leben in seiner bunten Bewegtheit vor dem Leser erstehen läßt. Es müßte merkwürdig zugehen, wenn das Buch, abgesehen von den Freunden Geyers und den Menschen, die mit seinem wirken und den Stätten seiner Wirksamkeit Fühlung hatten, nicht auch Eingang fände bei all denen, die für das konkrete Leben Sinn haben und sich freuen, daß hier eine Reihe urwüchsiger Gestalten einer zu Ende gehenden Zeit, von liebenden Augen geschaut, festgehalten werden, wer aber Pädagogik und praktische Lebensweisheit lieber in einem Lebensduche als in einem Lehrbuche auf sich wirken läßt, wird erst recht Freude an diesem Buche haben und es nicht nur unterhaltsam, sondern sehr belehrend finden. T cnir. «zur» / vrirLkL / nsncnrir Börsenblatt f. d. Deutschen Buchhandel. S6. Jahrgang. 1086