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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-09-08
- Erscheinungsdatum
- 08.09.1910
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- Deutsch
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- Saxonica
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Sander selbst spricht in Briefen an Böttiger über den Eindruck, den das Gedicht ans ihn gemacht, und verurteilt manches: »Ich verkenne die schönen, aus der Natur aufgegrisfenen Züge nicht, aber in der Diction oder in der Versisication finde ich allerlei zu tadeln.« Am 15. Mai dankt Goethe Humboldt für die Mühe, welche dieser sich mit dem Gedichte gebe, und trägt verschiedenen an ihn gerichteten Wünschen Rechnung. Sander schreibt etwas später an Böttiger: »Herr von Humboldt ist jetzt wieder hier, wie es scheint fast nur in der Absicht, um Goethes Gedicht unter seiner Aufsicht drucken zu lassen. Ich habe ein paar Kleinigkeiten geändert und er hat es gebilligt. Bei anderen Stellen habe ich nur Erinnerungen gemacht; er hat diese zum Theil richtig gefunden, aber doch nichts ändern mögen.« Augenscheinlich war Goethe mit den Bemühungen Sanders zu frieden, denn als er 1800 seine neuesten Gedichte bei Unger drucken ließ, war es ihm sehr erwünscht, daß Sander die Korrektur übernahm. An Unger schreibt er in dieser Angelegenheit unterm 2. April 1800: »Herrn Sander danken Sie für seine Bemühungen. Es ist mir sehr angenehm, die letzte Correctur in seinen Händen zu wissen.« Bald darauf machte der Berliner Buchhändler die persönliche Be kanntschaft Goethes. Er kam im Mai 1800 mit seiner Frau zum Besuche Böttigers nach Weimar und wurde auch bei Goethe eingeführt. Es geht dieses aus den Briefen Charlotte von Schillers hervor, welche ihrem Mann, der damals in Ettersburg weilte, von der Anwesenheit der beiden schreibt. Schiller kannte Sander schon von einem Besuche in Jena 1797. Der Berliner Buchhändler war damals nicht entzückt von dem Dichter und schrieb: »Schiller ist nicht mein Mann. Ein sehr gemeines Gesicht und dabei etwas niedriges.« Goethe scheint an der hübschen und koketten Frau anfänglich großes Gefallen gefunden zu haben, wenigstens geht dies aus Briefen von Char lotte Schiller hervor: »Goethe hat heute ein großes Gastmahl», schreibt sie unterm 29. Mai. »Madame Sander ist da, und der Mann, den Du kennst. Sie waren gestern in meiner Loge, die Frau ist nicht übel und hat schöne Züge, aber etwas Abgelebtes und Leichtes. Sie hat erzählt, daß Goethe versprochen habe, sie solle Dich sehen, und Du bist vor einer Visite nicht sicher.« Und zwei Tage weiter schreibt sie: »Die Berliner Dame war gestern bei mir und treibt es sehr Dich zu sehen und fragte so, ob sie Dir wohl recht käme, und ich solle ihr einen Brief an Dich mitgeben, ich habe aber natürlich gesagt, sie bedürfe keiner Empfehlung. — Sie ist aber recht artig«, fährt sie fort, »und nicht geziert; ich kann aber Goethes Neigung doch nicht begreifen, denn sie scheint eher in den Zirkel zu Passen, den er nicht gern hat. Aber hübsch ist sie. Sie wird heute oder morgen Thee bei mir trinken.« Schiller war über den beabsichtigten Besuch nicht sehr entzückt. »Ein Besuch von den Berlinern würde mir nicht angenehm sein, es kommt nichts dabei heraus und man verliert nur die Zeit«, schreibt er. Charlotte beruhigt ihn: »Der junge Voigt ließ mir wissen, daß jene nicht über ihre Zeit disponiren könnte, und nur von Böttigern abhünge, und daß sie schon versagt sey. Ich habe also nur gethan, was die Höflichkeit forderte. Da wird sich nun wohl der Besuch bei Dir nicht realisiren, denn unter dieser Leitung werden sie nicht nach Deiner Burg geleitet.« Später, als Schiller die Absicht hatte, für einige Wochen nach Berlin zu kommen, wandte er sich an Sander mit der Bitte, ihm beim Besorgen einer Wohnung behilflich zu sein; die beabsichtigte Reise unterblieb damals jedoch. An Goethe wandte sich Sander im nächsten Jahre mit der Bitte, Patenstelle bei einem Töchterchen zu übernehmen. Gleichzeitig über sandte er ihm Teltower Rübchen und das in seinem Verlage erschienene Werk von Kotzebue: »Das merkwürdigste Jahr meines Lebens«. Goethe antwortete ihm unterm 25. November 1801: »Für die doppelte Attention, womit Sie, sowohl meine Küche, als Büchersammlung versorgen, bin ich Ihnen zum schönsten ver bunden, um so mehr, als Ihr beyderseitiges Andenken mir dabey, auf eine so gefällige Weise, entgegen kommt. Was die Gevatterschaft betrifft, so weiß ich nicht recht was ich dazu sagen soll, wenn ich auch gleich dabey Ihre freundlichen Ge sinnungen nicht verkenne. Meine Nahmen sind von der Art, daß man sie weder einem Knaben, noch weniger einem Mädchen aufbürden kann, welche letztere man, wegen künftiger Abentheuer, so lieblich als möglich bezeichnen soll. Stört nicht z. B. die unglückliche Christel, in so mancher Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. interessanten Scene des bedeutenden Lebensjahrs? Hätte die Gattin eines würdigen Verwiesenen etwa Emilie geheißen, welch einen andern Effect würde das thun! Wir Menschen sind nun einmal nicht anders und unser Ohr scheint, noch mehr als unser Auge, mit dem Schicklichen im Bunde zu stehen. Wenn ich nun ferner bedenke, wie wenig mein Zeugniß in der christlichen Kirche bedeuten kann; so muß ich, ohne weiteres Raisonne- ment, Ihnen eben ganz anheim stellen in wiefern Sie mich zu einem solchen Act einladen dürfen. Mögen Sie meiner bey dieser geist lichen Verwandschaft in Liebe gedenken und überzeugt seyn, daß ich an Ihnen und den Ihrigen herzlichen Antheil nehme, so sehe ich davon für mich den besten Gewinn. Leben Sie recht wohl. Weimar am 25 Nov. 1801. Goethe.« Manche Goethebiographen, so Geiger, fassen diesen Brief als eine Ablehnung auf; Sander selbst hat das nicht empfunden; er schreibt an Böttiger: »Von Goethe habe ich schon Nachricht; ich habe ihn zum Ge vatter gebeten, und in einem sehr artigen, halb scherzhaften Briefe ein recht freundliches Ja bekommen.» Der Schluß des Briefes lautet buchstäblich: .Mögen Sie Beide sich bei dieser geistigen Verwandt schaft meiner in Liebe erinnern, so habe ich den besten Gewinn davon.' Seit diesem Briefe behaupte ich noch fester als vorher, daß ihm ein gewisses freimüthiges offenes Wesen ohne Demuth wohlgefällt. Mein Brief an ihn war voll Achtung, aber wahrhaftig nichts weniger als kriechend, und ich habe ihn hingeschrieben wie alle meine Briefe, ohne vorher auf Wendungen zu studieren.« Der Tochter gab er den Namen »Emilie«; in seinem Antwort schreiben an Goethe heißt es unter anderem: »Sie haben uns durch die gütige Erfüllung eines dreisten Wunsches eine große Freude gemacht: eine Freude, auf deren Veranlassung wir immer stolz sein werden, so wie es einst auch unsere Emilie ihr ganzes Leben hindurch seyn wird ... Unser kleines Mädchen ist noch nicht getauft; aber dennoch wird sie schon Emilie genannt, weil uns eine Stelle in Ihrem so gütigen Briefe glauben läßt, daß Sie diesen auch unseren Ohren so lieblichen Nahmen zur Bezeichnung des Kindes Vorschlägen« und weiter: »Sie sagen: Ihr Zeugniß bedeute in der christlichen Kirche wenig.. Uns, den Eltern, wäre es schon recht, wenn unser Kind gar nicht getauft zu werden brauchte; denn wir begnügen uns, wie Lessings Tempelherr, Menschen zu seyn; doch glücklicherweise besorgt die Taufe in Cölln an der Spree, wo wir wohnen, ein sehr vernünftiger Geistlicher, der die Pathen des Kindes ihr Ja nur aus Fragen ant worten läßt, die auch der Jude und Mohammedaner unbedenklich beantworten könnte. Unser beider noch lebende Kinder sind in der That nicht aus das Christenthum, sondern auf reine Humanität ge tauft; und Emilie soll eben dieses Vorzuges genießen.« Am 2. Januar 1802 meldet Sander: »Emilie ist getauft. Wilhelm von Humboldt und der Schwede Brinckmann find die einzigen anwesenden Pathen männlichen Ge schlechts gewesen.« Frau Sander, die eine geborene Diederichs aus Pyrmont war, hatte Goethe augenscheinlich zur Taufe ein Geschenk mit allerlei Lecker bissen gemacht und empfing darauf unterm 15. Januar folgende Dank sagung aus Weimar: »Die angenehmen Gaben, mit denen meine sonst frugale Tafel sich, durch Ihre gütige Vorsorge, mehr als einmal geziert sah, haben mir einige sonderbare Betrachtungen abgenöthigt. Da wir nicht zweifeln auf einen hohen Grad von Cultur ge langt zu seyn, bemerken wir mit Verwunderung, daß wir auf ge wisse Weise uns wieder den Sitten barbarischer und roher Völker nähern. Denn wie unter diesen, hie und da, der Mann sich gerade zu der Zeit von seiner lieben Ehehälfte pflegen läßt, wenn er ihr vorzüglich aufwarten sollte, so scheint es bey uns Sitte zu werden, daß der Pathe den Gevatter beschenkt, anstatt daß sonst das umgekehrte herkömmlich war. Indessen, da man sich in solche Fälle zu schicken weiß, so kann ich versichern, daß die übersendeten Leckerbissen treff lich geschmeckt haben; nur wollte der erste Fisch, wahrscheinlich weil ich ihn noch nicht zu essen verstand, und er, wegen seiner Vortresflich- keit, mit einigem Heißhunger genossen worden, mir nicht zum besten bekommen. Bey dem zweyten bin ich nun schon mehr in Übung und die dazu servirten geschärften Saucen werden ihn schon zu bändigen wissen. In Pyrmont habe ich Ihrer viel gedacht und es ist mir beynahe 1325
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