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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.12.1910
- Strukturtyp
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- 1910-12-09
- Erscheinungsdatum
- 09.12.1910
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- Deutsch
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15306 Börsenblatt s d Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 285. 9. Dezember 1910 Deutsche oder lateinische Schrift. (Vgl. 1910 Nr. 169, 172, 190, 203, 2IS, 216, 247, 257, 258, 259, 270 d. Bl.; auch 1907 Nr. 208; 1908 Nr. 75; 1909 Nr. 114, 119, 124, 130, 140, 290.) Es Würde gewiß freudigst begrüßt werden, wenn in Zukunft alle in der Schriftfrage unbefangenen und unparteiifchen Blätter bei Aufnahme von Beiträgen zu dieser Frage das durchaus billige Verlangen stellten, daß alle aufgestellten Be hauptungen der Einsender gleich an Ort und Stelle bewiesen werden müssen, daß die Beiträge also keine Behauptungen enthalten dürfen, die des Beweises entbehren. Der leidige Schriftstreit würde dadurch wesentlich vereinfacht und einge schränkt werden, er würde sachlicher geführt werden, eine ruhigere Tonart und mildere Formen würden Platz greifen. Ich habe mich aufrichtig und gewissenhaft bemüht, alles in meinem Buche »Die deutscheBuchstabenschrift« Ausgeführte zu beweisen, und nichts zu sagen, wofür ich den bündigen Nachweis zu erbringen nicht in der Lage war. Un parteiische können das Zeugnis dieses meines ehrlichen Be mühens mir nicht versagen, wie alle Besprechungen des Buches ergeben haben. Ich rufe alle die ernsten und unbefangenen Männer aus den Kreisen des Buchhandels, in denen mein Werk bisher viel Verbreitung gefunden hat, als Zeugen dafür an. Denn es widerstrebt meiner ganzen Art, in den von mir im »Heimdall« und anderen Ortes schon so oft gerügten Fehler meiner Gegner zu verfallen: schlankweg Behauptungen auf zustellen, für die der vollgültige Beweis fehlt, oder gar auf zubauschen und Unrichtiges zu behaupten. Wenn Herr Windeck, der sich, wie ich von meinem Ver leger erfuhr, meiu Buch hat kommen lassen, erklärt, es stände nichts darin, was den Reiz der Neuheit besäße, so ist das schon unrichtig; denn die Tatsache, daß alles Lesen mittelbares Sehen ist, und daß die Bruchschrift nach wissenschaftlichen Feststellungen brauchbarer für das mittelbare Sehen, als die Lateinschrift ist, ist schon ein neuer Punkt im Schriftstreite. Neu ist auch mein Hinweis auf die Erschwerung des Verständ nisses im Weltverkehre, wenn die beiden in Zukunft wichtigsten Kultur- und Weltsprachen, Deutsch und Englisch, dieselben Schristzeichen verwenden würden. Man denke an Wörter, wie nar (Krieg) — war; käst (sehr, geschwind) — fast; »LAS (weise) — sage; va^e (Woge) — wage; rage (Wut) — rage; back (schlecht)— Bad; list (Liste) — List; mist (Nebel) Mist; kinä (gütig) — Kind usw. Wenn Herr Windeck aber sagt, in meinem Buche stände nichts, was noch nicht widerlegt wäre, stände Unbewiesenes und Unbeweisbares, so muß ich dies als einen Mangel an — milde ausgedrückt — Gerechtigkeitssinn bezeich nen, und als unberechtigte Behauptung zurückweisen. Auch ihm ist bekannt, daß ich im Jahre 1890 den Allgemeinen Deutschen Schriftverein begründet habe, daß ich mich seit 20 Jahren mit der Schriftsrage befaßt, und also wahrlich Zeit gehabt habe, diese Frage wieder und wieder zu prüfen. In meinem Buche wird gewissermaßen das Ergebnis zwanzigjähriger sorgfältiger Untersuchungen wiedergegeben. Herr Windeck scheint gegen mich ein Neuling im Schriftstreite zu sein, denn er ist erst seit wenigen Jahren in ihm hervorgetreten. Wie unvorsichtig geht aber Herr Windeck mit leeren Behauptungen und nichtigen Redensarten vor! 1. Das Buch von Kirschmann und das Flugblatt vou Ruprecht sind voll von Unrichtigkeiten und Entstellungen. — Wo sind die Beweise hierfür?? 2. Für die edleren Beweggründe der Lateinschriftler sollten die Namen hochangesehener deutscher Männer und bekannter Patrioten Beweis genug sein. — Wo sind die Namen? Sind es nur die bis zur Ermüdung immer wieder vorgebrachten paar Männer? 3. Grimm hat mit seinen Ausführungen über die Ent stehung und Entwickelung der Bruchschrift wirklich Recht. — Er hat die gotische Schrift eine zur Zeit der eben erfundenen Druckerei entstandene verdorbene Schrift genannt, während sie schon 500 Jahre vor der Erfindung der Druckerei urkundlich nachweisbar und von mir nachgewiesen ist. Ist das Recht haben? 4. Daß die Stellungnahme des lateinschriftfreundlichen Ministers v. Alvensleben nur wegen des Todes Friedrich Wil helms II. und der französischen Kriege zu einer Regierungs- Verfügung nicht führte, ist eine unbewiesene Behauptung, und ist so lange als leere Redensart anzusehen, als nicht der ein wandfreie Beweis geführt ist, daß die Regierungs-Handlung nicht deswegen unterblieb, weil die anderen Minister in dem Alvenslebenschen Vorgehen nur eine Schrulle und Liebhaberei erblickten und ihm sachlich nicht zustimmten. 5. Dürers Vorliebe hat an der Renaissance-Antiqua ge hangen. — Thausing mit seiner vor 35 Jahren erschienenen Lebensbeschreibung genügt nicht als Kronzeuge, zumal er vieles ungenau und ungenügend dargestellt hat. Aber selbst Thausing, der offenbar Lateinschriftler ist, sagt z. B.: »Dürer befaßte sich auch mit dem Alphabet der gothischen Schrift, die er alte Textur nennt Er wendete wohl auch diese Textur- Schrift, die beiläufig unseren gewöhnlichen Drucklettern ent spricht, noch an, besonders in frühen Inschriften; sie erscheint auch noch auf der Widmungstafel unten am Rahmen des Aller heiligenbildes« usw. Uber die weiteren persönlichen Betrach tungen Thausings, welche Ansichten Dürer über die gebrochene und die runde Schrift gehabt habe, bleibt Thausing jeden Be weis schuldig. Sie sind daher belanglos. Tatsache ist, daß Dürer zum Druck seiner Bücher keineswegs Lateinschrift, auch nicht gothische oder Schwabacherschrift, sondern die eigentliche Frak tur, deren Vorbild z. B. der Sachsen-Spiegel aufweist, zum ersten Male für den Druck, und zwar in seiner eigenen Druckerei, verwandt hat, die die heute herrschende und wohl auch dauernde deutsche Schrift geworden ist. 6. Kant sei von Humboldt eines Besseren belehrt worden. — Daß er sich aber von diesem »Besseren« überzeugt und es ange nommen habe, darüber wäre ein Beweis wohl n i e zu erbrin gen. Sonst hätte Kant nicht sein Buch »Von der Macht des Gemütes« mit seinem Nachworte zu ungunsten der Lateinschrift in allen Auflagen in die Welt hinausgehen lassen. 7. Daß Klopstock »später«, d. h. nach seinen empfehlenden Worten über die Bruchschrift, die in meinem Buche abgedruckt sind, sich abfällig über sie geäußert habe, ist so lange bloße Be hauptung, wie Herr Windeck nicht den unzweideutigen Nach weis zu führen iu der Lage ist. Bei Wieland ist es jedenfalls erwiesen, daß er zuerst Lateiuschrift-Freund war, und erst durch den schlechten Absatz der Prachtausgabe seiner Werke zu der Erkenntnis kam, daß »die verwünschten lateinischen Lettern, die er sich habe ausschwatzen lassen«, an dem Mißerfolge, sogar im Auslande, schuld seien. Goethe war in seinen jüngeren Jahren begeisterter Anhänger des gotischen Baustiles und unserer Bruchschrift, von der er in »Dichtung und Wahrheit« sagt: »Die deutsche Schrift ist in ihrem Schmucke den gothischen Bauten vergleichbar, die den Blick zur Höhe ziehen und uns mit Staunen und Bewunderung erfüllen Gothischer Stil der Bau kunst und die Gestalt unserer Buchstaben sind als gleiche Offen barung deutschen Gemütes zu erachten«. Wie ich in meinem Buche dargelegt, hat sich Goethe in späteren Jahren infolge humanistischer Anregung mit der Lateinschrift auszusöhnen gesucht, was ihm aber, wie vielen anderen, nicht gelang. 1814 mag er noch unter diesem Einflüsse gestanden haben. In seinen: Alter war dieser Einfluß geschwunden, und er kehrte wieder zur ausschließlichen Verwendung der Bruchschrift zurück, ließ auch wieder alles in ihr drucken, wie in Könneckes Bilderatlas nachgeprüft werden kann. 8. Es steht fest, daß die Schaffung der lateinischen Klein-
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