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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.08.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-08-02
- Erscheinungsdatum
- 02.08.1920
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Künftig erscheinende Bücher. SSrsendlaU s. d. Dtschn. Buchhandel. 8837 170, 2. August 1920. er Februar nahte sich dem Ende, als der Wagen der Lostanges in Paris einfuhr. Der Winter hatte seinen Herrscherstab schon sinken lassen, der Frühling schickte seine Boten voraus: den weichen Morgennebel, die milde Mittags sonne, die die noch kahlen Zweige der Bäume an den Boulevards mit sanften Verheißungen um schmeichelte. Die Seine blitzte fröhlich, als sie über eine ihrer zahllosen Brücken fuhren; das Leben, das Katharinas an Stille und Ruhe gewöhrcke Sinne betäubend umtobte, schien übermütig zu springen und zu jauchzen. Die Mauern, die Häuser, die Fenster waren mit Anzeigen bedeckt, auf denen Katharina im langsamen Vorüberfahren immer dasselbe großgedruckte Wort erhaschte: „Zu verkaufen". Zu ver kaufen Häuser, Paläste,„Nationalgut", Möbel, Kunstwerke, Seifen, Bänder. — Und je weiter sie kamen, je mehr sie sich den alten vornehmen Faubüurgs näherten, um so mehr dieser ehemals gewiß stolzen, ruhigen, schönen, jetzt ver wahrlost, beschädigt, verlassen aussehenden Paläste waren „zu verkaufen". Da lag ein großes Kloster — zerstört, Statuen und Bilder von Heiligen zerbrochen und be schmutzt auf dem Pflaster — „Als Stein« und Leinwand zu verkaufen", schrie ein vierschrötiger, gemein aussehen der Kerl, der inmitten einer johlenden Menge stand — dort trug eine Kirche, die auf der Spitze des Turmes statt des Kreuzes eine rote Mütze, auf der Sakristei eine Triko lore hatte, den Vermerk: „Für MO Livres zu vermieten". ls Cathärine ihre Karte bei Ma dame Taillien abgegeben hatte, erhielt sie eine Einladung für beide Salons und fuhr schon am nächsten Mittwoch nach dem Luxembourg, wo Barras weniger wohnte als residierte. Cathärine schaute und schaute. Was sie sah, lag alles so ganz außerhalb ihrer Erfahrung, ihrer Gesittung, ja ihres Begreifens, daß sich nicht einmal das Wider streben der Scham in ihr regte; es waren Bilder eines Guckkastens, mit denen ihre Empfindung nichts zu tun hatte. Etwa aufzustehen, sich zwischen ihnen zu bewegen, sich in irgendeine Beziehung zu ihnen zu setzen, dos fiel ihr nicht ein. Und doch mußte sie es tun. Es entstand eine Bewegung im Saal. Die Umher- stehenden oder Gehenden traten zur Seite, bildeten eine Gasse, verneigten sich. Ein Paar schritt durch den Saal, liebenswürdig nach allen Seiten grüßend. Ein Mann in römischer Tunika, den schönen Antinouskops in kurzen Locken. Er hatte den Arm um die Hüfte eines wunder schönen Weibes gelegt, das seinen Arm auf die Schulter des Mannes stützte. Das faltige, aber ganz durchsichtige Gewand ä l'antlgua gegürtet, enthüllte eine große, schmiegsame, vollendet schöne Gestalt, die der Cath6rinens ähnlich war, ein kostbarer Schal glitt von herrlichen Schultern herab und enthüllte halb, halb verbarg er die fast bis zum breiten goldenen Gürtel entblößte Büste; der zierliche Fuß im goldenen Kothurn schien mehr zu schwe ben, als den Boden zu berühren; die lieblichsten Farben belebten die Harmonie des schönen Gesichts, um das rotgsldene, kurz gehaltene Locken sich ringelten. Nacken, Arme, Füße strahlten von Schmuck. Das Strahlendste und Anmutigste aber von allem war das Lächeln des lieb lichen Mundes, der sanfte Blick der schwarzen Augen. „Barras und Mine. Taillien", flüsterte Lostanges Katharinen zu. apoleon rüstet die Flotte gegen England", sagte Lostanges zu Katharina. „Hoffentlich siegt er gegen diese tückischen Wucherer, die den Ländern ihr Gold geben, wie die Halsabschneider den Ver schuldeten, nur um dann die Schlinge zuzuziehen und sie auf zufressen." „Und ich habe einen Brief von Josephine erhalten", ergänzte Katharina. „Weißt du, was sie schreibt? Bonaparte will England besiegen, aber nicht zur See — dazu reicht Frankreichs Flotte nicht aus. Er wird Ägypten erobern — und dann vielleicht Indien. Ich soll natürlich die Indiskretion der unverbesserlichen lieben Plaudertasche nicht weiter geben." Da glänzten Etiennes Augen. „Das ist groß! Das ist gewakUgl" rief er. „Wer da mitzöge, der Hütte teil an unsterblichem Ruhm, ob er nun siegte oder fiele!" r fiel nicht; er kam wieder. Ge altert, ausgedörrt von Strapazen und Gefahren, mit einem Schuh im Knie, der das linke Bein lähmte. Er hatte den Ruhm ken nengelernt, er hatte das außer ordentliche, das heroische Aben teuer erlebt. Katharina aber schaffte und wirkte still wie die fruchtbrin gende Erde selber und hielt das Gedeihen des Hauses und mit ihm das Gedeihen der Welt in starken Händen, und die Sittlichkeit und die Liebe, die die Menschheit zusammen hält, in ihrer festen Seele.
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