IY22 ?K0?. ^08L?» XI^KX io.— iz. 1au8enä farbigen Initialen von v. I^L8X08LIiLX äecke vnä Loläausäruck / ?rei§ XI. 80.— orci., XI. 5Z.;o bar unä n/io. L/r/e^r/ /a F7°oM/r t/a r/^a />^L§ r/^5 Fa/r^/r Vckl,^L Oku V^I-vttei 6. I.LI?2I6, 8alc>mon8tr. 16 ^IL>I, VII., Teiäentzgxse ;—11 Am Stammtisch r Wandervögel In ein freundliches Städtchen trat ich ein, eben als der Abend schein über die Giebel und Dächer sich legte und nie tausendfarbigen Blumen an den Fenstern abschiednehmend aufslammen ließ. Im »Krug zum grünen Kranze" da kehrt ich durstig ein. Des Wirtes Töchterlein im weißen Schürze! stand unter der Tür, mir mit freundlichen Augen ein Willkommen bietend. In der rauchgeschwärzten Wirtsstube saßen Gevatter Schneider und Handschuhmacher bereits eifrig sich unterhaltend am Siamm- tifch. Einige Nachbarn waren fast gleichzeilig mit mir eingetreten, so daß ich es vorzag. mich respektvoll an einen Ecklisch zu sehen. Von dort aus konnte ich dann mit Muße den politischen Kannegießereien der Stammtischrunde folgen. Der Wert solcher politischen Ergüsse ist ja bekannt, aber dies mal zeigten die „Reden" keine parteipolitische Kurzsichtigkeit und nicht die übliche Beschränktheit, sondern enthielten edles Gold der Wahrheit. Der Nachbar Schmied schlug mit eiserner Faust auf die Tisch platte, daß die Gläser klirrend einen Tanz versuchten: „Was hat unser Reichskanzler 1916 oder irgendwann ver kündet, wie's im Staate sein möchte? War es nicht: Freie Bahn dem Tüchtigen ?" Wupps! Der Tisch erdröhnte unterm zweiten Hammerschlag. Der alte Oberlehrer faßte nach seiner goldenen Brille. „Wie aber heißt es jetzt? Meine Herren! Ich glaube, jetzt sagt man: Freie Bahn dem — Parteigenossen! He! Ist's nicht so? Wer wurde gestern Minister und wer erhielt des Amtmanns Stelle? Parteileute!" „Ja," warf der Rektor von der Bürgerschule ein, „auf Schul bildung und Kenntnisse gibt man nichts mehr! Ueberhaupt, Bildung scheint nicht mehr erforderlich zu sein!" „Wer das größte Maulwerk hat in der Partei, der bringt's zu was heutzutage!" war des Wirtes Ansicht. „Jawohl, so ist's!" beruhigte sich der ehrenwerte Schmied. — Besser und treffender kann über die gegenwärtige „Regiererei", über das erbärmliche „Drängen nach der Futterkrippe" und das „Taschenfüllen" ein Urteil nicht gefällt werden, als es dort geschah. Aber noch ganz andere Urteile hat des Wanderers Ohr zu hören bekommen. Geht nur in die Eisenbahnwagen, auf die Straßen, in die Häuser. Wer Ohren hat zu hören, der höre! Es hatte die Nacht zuvor geregnet. „Es zog noch grau ins Tal und ruhten still gesegnet die Felder überall." Da zogen mit dem jungen Tag eine muntere Schar Wander vögel die Straße nach der Rudelsburg hinauf Die Bänder ihrer Lauten und Mandolinen flatterten um ihre unbedeckten Köpfe, einzelne Töne fielen auf das tauige Gras. Eine kräftige Stimme Hub an: „Wenn es beginnt zu tagen, die Erde dampft und blinkt ..." So wanderten sie schwerbepackt, aber frohgemut in den jungen Tag hinein. Wandervögel! Die Sieile des Weges, das Schmerzen vom wunden Rücken, die Steinchen im Schuh, all das überwinden sie mit ihrem Sanges mut. Ein Drang treibt sie vorwärts. Ihre Anspruchsloiigkeit, ihre Zufriedenheit mit einfachster Kost, mit härtestem Lager, ihr Sinn für alles Schöne der Natur und der Heimat, ihr Gemeinsinu berechtigt zu der schönen Hoffnung, daß noch ein guter Kern in der deutschen Jugend steckt. Es gilt nur, ihn von häßlichen Auswüchsen frei zu halten. Solcher Wandervogelgeist muß dem ganzen Volke erhalten bleiben. Er steckt drin — zweifelsohne. Der Wandertrieb ist eine ganz und gar deutsche Eigenschaft. Wie sagte Gustav Freytag? „Die deutsche Wanderlust geht zuletzt aus dem aberteuerlichen Sehnen nach einem idealen Land hervor." Und was hätte unser Volk jetzt in den Tagen des Darnieder- liegens nötiger als Ideale? Ein Volk ohne Ideale ist ein verlorenes Volk! — ^ Ein Iubelschrei kam die Höhe herunter. Sie begrüßten die Rudelsburg. Das erste Ziel ihrer Sehn-, sucht war erreicht worden. (Au« „Der Wanderer". Ein politischer Skizienblock von Fritz Buschmann. Stuttgart, Greioer L Pfeiffer)