Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.06.1913
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- 1913-06-07
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- 07.06.1913
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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^ 129, 7. Juni 1913. Redaktioneller Teil. nur von Benutzern, die praktische Zwecke verfolgen, mögen es politische oder religiöse, technische oder wirtschaftliche sein. Auch für den wissen schaftlichen Forscher ist im allgemeinen die Arbeit seiner Zeitgenossen das Wichtigste, wichtiger als die Arbeit früherer Epochen. Namentlich die vielen Zeitschriften, über die die Deutsche Bücherei verfügt, werden voraussichtlich zahlreiche Leser finden. Man muß sich von einem ge wissen Vorurteil frei machen. Die deutschen wissenschaftlichen Biblio theken sind heute noch in einem weitgehenden Historismus befangen. Die Vergangenheit und die historisch-antiquarischen Untersuchungen werden zu ungunsten der Gegenwart und ihrer Ziele überschätzt, ja vielfach ausschließlich berücksichtigt. Vielleicht kommt bald eine Zeit, die vornehmlich durch ihre eigenen Gedanken und Bestrebungen, ihre eigenen Sorgen und Hoffnungen in Atem gehalten wird und nicht Muße genug hat, sich daneben um die Vergangenheit noch viel zu kümmern. Dann werden bloße Büchermuseen und alle Bibliotheken, die ihren Ruhm in älteren Beständen sehen, an Gebrauchswert verlieren. Schon jetzt wird von vielen einsichtigen Bibliothekaren der Wert einer Bibliothek nicht nach ihrem Besitz an Inkunabeln und sonstigen alten Drucken bemessen. Der Verwaltungsrat wird auch Grundsätze über die Verwaltung der Deutschen Bücherei aufzustellen haben. Ein Direktor ist bereits gewählt: Herr Kollege Dr. Wahl, der sich als Leiter der Senckenber- gischen Bibliothek in Frankfurt vortrefflich bewährt hat. Neben ihm wirb eine Anzahl wissenschaftlicher Bibliothekare anzustellen sein. Die meisten Arbeiten werden jedoch von Buchhandlungsgehilfen und Frauen versehen werden können. Wieviel die laufenden Verwaltungskosten be tragen werden, läßt sich noch nicht übersehen. Namentlich ist noch nicht klar, wieviel Geld für den Bücherkauf ausgegeben werden muß, da vor läufig an der Hoffnung festgehalten wird, daß die meisten der noch aus stehenden Verleger ebenfalls ihre Bücherproduktion unentgeltlich über weisen werden. Dazu kommen die Kosten für Gehälter, Einbände und die mannigfachen sachlichen Bedürfnisse. Zur Deckung der laufenden Kosten hat der Sächsische Staat 85 OOO die Stadt Leipzig 115 000 vorläufig auf zehn Jahre zu zahlen versprochen. Wie lange mit diesem Betrage von zusammen 200 000 auszukommen sein wird, ist zweifel haft. In § 4 der Satzung ist außerdem an Beiträge des Deutschen Reiches und andrer Staaten, Stadtgemeinden, Körperschaften und Privatpersonen gedacht, auch an aufgesammelte Fonds und Stiftungen. Das für die Deutsche Bücherei zu errichtende Gebäude soll fünf Millionen Bände fassen. Da jährlich auf einen Zuwachs von höchstens 50 000 Buchbindcrbänden zu rechnen ist, so wird dieses Gebäude also für hundert Jahre ausreichen. Der Bauplatz liegt im Osten der Stadt in einer jetzt noch unbebauten Gegend unweit des Völkerschlachtdenkmals und auch nicht weit von dem Buchhändlerviertel: cs wird jedoch ange nommen, das; die bauliche Entwicklung Leipzigs vorzugsweise nach dieser Richtung hin erfolgen wird. Der Bauplatz hat die Gestalt eines fast quadratischen Trapezes. Die Hauptfront ist über 100 m lang und grenzt an eine projektierte breite Straße, die zu Ehren des Kommerzien rats Siegismund den Namen Karl Siegismund-Straßc erhalten hat. Sie liegt nach Osten. Die Südseite stößt an eine Querstraße, die Bör senvereinsstraße. Im Westen bildet die Mauer des Johannisfriedhofs die Grenze, während die Nordscite an ein Grundstück anstößt, auf dem der Neubau der Taubstummenanstalt errichtet werden soll. Störende Geräusche sind also von den Nachbargrundstücken her nicht zu befürchten (Heiterkeit). Da der Kirchhof nur noch für Erbbegräbnisse benutzt wird, so ist anzunehmen, das; er in hundert Jahren, wenn die Bücher- spcicher der Deutschen Bücherei ungefüllt sind, bereits geschlossen sein wird, sodaß dann die Erweiterung des Bibliotheksgebäudes nach der Seite des Kirchhofs hin wird erfolgen können. Der Bauplatz ist von der Stadt Leipzig zur Verfügung gestellt: er ist etwa 12 000 Quadrat meter groß und hat einen Wert von 600 000 Mark. Die Baukosten werden von dem Sächsischen Staat getragen. Sie sind insgesamt auf drei Millionen Mark veranschlagt. Doch wird nicht das ganze Grund stück mit einem Male ausgebaut, sondern zunächst nur das Verwal tungsgebäude und Büchermagazine für 500 000 Bände mit einem Kosten aufwand von 1*/« Million Mark. Im ganzen sind sechs Bauperioden in Aussicht genommen. Es ist ein glücklicher Umstand, daß die Säch sische Negierung einem hervorragenden Architekten, Herrn Geheimen Rat vr. Waldom, den Ban übertragen hat. Die von ihm ausge arbeiteten Pläne, die ich hier habe ausstellen können, zeigen eine klare Gestaltung des Grundrisses und eine sorgfältige Berücksichtigung aller Bedürfnisse. Auf die Wünsche des Geschäftsführenden Ausschusses der Deutschen Bücherei und namentlich auch der ihm angehörenden Bibliothekare ist bereitwillig eingegangen worben. Man sieht schon jetzt: hier wird ein Zweckmäßigkeitsbau geschaffen, der sich aber trotz dem sehr stattlich ausnimmt. Der Architekt ist nicht in den Fehler verfallen, eine prächtige Fassade zu entwerfen und dann nachträglich eine Bibliothek hineinzukomponieren. Es ist ihm auch nicht eingefallen, aus reiner Prachtliebe den Lesesaal bis zu einer Höhe zu führen, die ^ das Bedürfnis weit übersteigt. Die Bllcherspeicher sind nicht etwa als ! Nebensache behandelt, sondern kommen zu ihrem vollen Recht; sie haben von oben bis unten viel Licht und sind durch einfache Linien sehr geschickt gegliedert. Nachdem bei dem noch unvollendeten Neubau der ! Königlichen Bibliothek in Berlin sich schon jetzt erkennen läßt, daß er nicht als öasJdeal einesBibliothekSgebäuües angcsprochen werden kann, ist es besonders erfreulich, daß noch einmal einem deutschen Bau meister Gelegenheit gegeben wird, zu zeigen, wie das Gebäude für eine Bibliothek größten Umfangs gestaltet werden muß. Der Grund stein zu dem Neubau soll am 18. Oktober d. I. gelegt werden, an dem selben Tage, an welchem die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals stattfindet. Das Gebäude soll am 1. April 1915 bezogen werden. Bis dahin ist die Deutsche Bücherei in provisorischen Räumen untergebracht, die der Börsenverein in einem Erweiterungsbau des Deutschen Buch händlerhauses bereitgestellt hat. Eine Benutzung kann in diesen provi sorischen Räumen noch nicht erfolgen. Ebensowenig wird cs nach meiner Ansicht möglich sein, schon in diesen Räumen mit der Bearbei tung der Hinrichsschen Bibliographie zu beginnen. Soviel über die Entstehungsgeschichte der Deutschen Bücherei, ihre Organisation und ihre Einrichtungen. Im Anschluß daran möchte ich mir noch ein paar kritische Bemerkungen erlauben. Zunächst er hebt sich die Frage: ist cs überhaupt nötig, verlohnt cs sich der Mühe, das deutsche Schrifttum in solcher Vollständigkeit zu sammeln? Daß in der Tat die vollständige Sammlung der deutschen literarischen Pro duktion ein wichtiges, erstrebenswertes Ziel ist, brauche ich vor dieser Zuhörerschaft wohl nicht des breiteren auszuführen. Es handelt sich ja dabei um Argumente, die uns aus der Erörterung über die Berechtigung der Pflichtexemplare geläufig und vertraut sind. Mit Recht hat man gesagt, daß die literarische Produktion einer Zeit oder einer Nation ihr geistiges Gewissen geworden ist. Die wissenschaftlichen und literarischen Werke sind die sichersten Zeugnisse für das geistige Leben eines Volkes und die von ihm erworbene Bildung. Deshalb müssen die schriftstel lerischen Werke der heutigen Generation als Dokumente ihrer Anschau ungen und Bestrebungen kommenden Geschlechtern überliefert werden. Dadurch wird zugleich einer Reihe praktischer Zwecke genügt. Daß damit manches Wertlose erhalten wird, ist unvermeidlich. In vielen Fällen ist es eben rein unmöglich, eine Auswahl zu treffen. Und was die Bedürfnisse gelehrter Forschung angeht — wer will sich vermessen, schon heute zu sagen, welche Schriften für die Wissenschaft künftiger Zeiten wertlos sein werden? Die Anschauungen der einzelnen Perioden sind zu verschieden, und ein Buch kann später aus einem Grunde wichtig werden, an den heute noch niemand zu denken vermag. Nament lich gilt dies von der belletristischen Literatur, dem Stiefkind der Bibliotheken. Wenn alles, was in Deutschland an Büchern erscheint, in der Deutschen Bücherei gesammelt wird, so wirb der jetzige Zustand, daß in Sachsen und einer Reihe kleinerer deutscher Staaten die Ein richtung der Pflichtexemplare nicht besteht, einigermaßen erträglich. Ob cs der Deutschen Bücherei gelingen wird, ohne ein Pflichtexemplars gesetz Vollständigkeit zu erreichen, muß abgewartet werden. Herr Professor Wach in Leipzig und Herr Geheimrat Boysen bezweifeln es. Bei den Werken, die in den Buchhandel kommen, macht die vollständige Sammlung wohl keine großen Schwierigkeiten. Auch in bezug auf die amtlichen Druckschriften und die Vereinsschriftcn und sonstigen Privat drucke denke ich optimistisch. Die Vorteile, die den deutschen Biblio theken von der Deutschen Bücherei erwachsen werden, sind nicht zu unterschätzen. Zwar werden sie, da die Deutsche Bücherei jetzt eine Präsenzbibliothek werden soll, keine Bücher aus ihr entleihen können. Aber durch bibliographische Auskunftserteilung aller Art wird sie ihnen je länger je mehr von Nutzen werden. Dabei kann ich die Ver mutung nicht unterdrücken, das; in solchen Fällen, wo später ein Buch einzig und allein in der Deutschen Bücherei als vorhanden nachgewiesen wird, das starre Präsenzprinzip doch durchbrochen und das Buch, wenn auch unter besonderen Vorsichtsmaßregeln, an andere Bibliotheken zur Benutzung verschickt werden wird. Den größten Vorteil wird die Königliche Bibliothek in Berlin von der Deutschen Bücherei haben. Bekanntlich ist der Vermehrungs fonds der Königlichen Bibliothek jetzt um 88 000 ./l erhöht worden, so das; er fortan fast 810 000 jährlich beträgt. Für Einbände allein werden jährlich 90 000 ^ verfügbar sein. Für Bücherankäufe sind 172 000 ausgesetzt, von denen etwa 70 000 auf die ausländische Literatur entfallen. Dieser scheinbare Reichtum bekommt aber ein anderes Gesicht, wenn man in Betracht zieht, daß die Königliche Biblio thek ähnlich wie die Deutsche Bücherei die gesamte deutsche Bücher- produktion aufnehmen soll, deren jährlicher Wert auf mindestens 150 000 zu veranschlagen ist. Davon erhält sie Bücher und Zeit schriften im Werte von etwa 66 000 umsonst, nämlich 55 000 .// als Pflichtexemplare und 11 000 als Geschenke. Es müssen also jährlich 84 000 bar aufgewendet werden; 44 000 wurden schon bisher für Ankäufe ans der neuen deutschen Literatur ansgegeben. Ferner müssen
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