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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.06.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-06-07
- Erscheinungsdatum
- 07.06.1913
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 129, 7. Juni 1913. zahlreiche Zeitschriften und Serienwerke, die neu angeschafft werden, nach rückwärts ergänzt werden. Auch wenn dies nur allmählich ge schieht, so sind doch für diesen Zweck auf eine längere Reihe von Jahren mindestens 6000 jährlich vorzusehen. Unter diesen Um ständen bleibt für Antiquaria nur der verhältnismäßig geringfügige Betrag von 12 000 übrig. Die Königliche Bibliothek hat daher allen Grund, mit ihren Mitteln Haus zu halten und so sparsam wie nur möglich zu wirtschaften. Sie fühlt sich durchaus nicht in der Nolle des Milliardärs, der über ungezählte Summen verfügt, wie mau aus einer mangelhaften Kenntnis der Verhältnisse heraus in Bayern annimmt.*) Wenn also jetzt die Deutsche Bücherei das Ziel verfolgt, alle deut schen Bücher, auch die geringsten und unbedeutendsten zu sammeln, so ist die Königliche Bibliothek in Berlin in der Lage, sich dadurch zu entlasten und so nicht nur Anschaffungskosten, sondern namentlich auch Katalogisierungsarbeit zu ersparen. Gewiß wird sie künftig alles kau fen, was im eigentlichen Sinne zur deutschen Literatur gehört. Aber die sogenannte kleine und minderwertige Literatur, wie Schulbücher und gewisse Erbauungsbücher, wird sie nicht in absoluter Vollzähligkeit sammeln; es genügt, wenn dies an einer Stelle in Deutschland ge schieht. Auch die amtlichen Drucksachen der außerpreußischen Staaten werden in Berlin nicht sämtlich aufbewahrt zu werden brauchen. Ebensowenig besteht die Absicht, die Privatdrucke, namentlich die Ver einsschriften, in so großem Umfange zu sammeln, wie dies für die Deutsche Bücherei in Aussicht genommen wird. Die Königliche Biblio thek betrachtet die Deutsche Bücherei also keineswegs als ein unbe quemes Konkurrenzunternehmen. Die Deutsche Bücherei, bei der der Archivcharakter in erster Linie steht und die sich auf die deutsche Lite ratur beschränkt, ist vielmehr nach ihren Zwecken und Aufgaben eine Anstalt wesentlich anderer Art. Beide, die Königliche Bibliothek in Berlin und die Deutsche Bücherei in Leipzig, ergänzen sich in der glücklichsten Weise. Die Königliche Bibliothek wird sich aber dank der vermehrten Mittel künftig noch in ganz anderer Weise entwickeln als bisher. Sie erstrebt keine Hegemonie unter den deutschen Biblio theken, aber sie hat allerdings den Ehrgeiz, der gelehrten Forschung und ernsten Arbeit aller Art besser und reichlicher zu dienen als irgend eine andere Bibliothek in Deutschland. Und sie wird ihren Weg ziel bewußt weitergehen, was auch draußen geredet und geschrieben wer den mag. Die Gründung der Deutschen Bücherei liegt auch im eigenen Interesse des deutschen Buchhandels, weil sie ein Archiv des deutschen Buchhandels sein wird. Es gibt unter den älteren Verlagshäusern nur wenige, die alle ihre Verlagsartikel noch selbst besitzen. Jedenfalls ist es für den Verleger wertvoll, wenn er ein Exemplar aller von seiner Firma auf den Markt gebrachten Schriften an einem sicheren Orte ge borgen weiß. Öfter tritt auch der Fall ein, daß ein Verleger fremder Verlagserzeugnisse bedarf, um sie bei einer neuen Publikation, sei es für den Inhalt oder für die Ausstattung zu verwerten. Aber nicht nur um das spezielle Interesse der einzelnen Verleger an ihren eigenen und fremden Verlagsartikeln handelt es sich. Wie der deutsche Ver lagsbuchhandel eine Einheit darstellt, so hat auch die Gesamtheit der deutschen Verleger ein Interesse daran, daß die in Deutschland er schienenen und in den Verkehr gebrachten Druckschriften an einer Stelle gesammelt und für alle Zeiten aufbewahrt werden, als ein Gc- samtarchiv des deutschen Verlages, als eine lebendige Geschichte des deutschen Buchgewerbes. Auch als bibliographische Auskunftsstellc wird die Deutsche Bücherei dem Buchhandel von großem Wert sein, besonders dem Sortimentsbuchhandel. Bei der Errichtung der Deutschen Bücherei ist unter anderm der ausgesprochene Zweck verfolgt worden, Leipzig als Vorort des deutschen Buchhandels zu stützen, durch eine neue große Anstalt des Börsenver- «ins den Buchhandel gewissermaßen in Leipzig zu verankern. Das ist wohl der Hauptbcweggrund für den sächsischen Staat und die Stadt- gcmcinde Leipzig gewesen, so große Summen zu bewilligen. Es fragt sich, ob und inwieweit jener Zweck erreicht werden wird. Leipzig hatte bis vor kurzem auf allen Gebieten des Buchhandels die Führung. *) Herr Bibliothekar vr. Maximilian Pfeiffer, Mitglied des Reichstages, veröffentlichte am 11. Januar 1913 in der Bayrischen Staatszeitung, dem offiziösen Organ der bayrischen Regierung, einen Aufsatz »Die deutsche Nationalbibliothek«, in dem er mit Beziehung auf die Königliche Bibliothek in Berlin schrieb: »Man mag mit der Macht des Milliardärs sich mit Antiquitäten in verschwenderischer Fülle umgeben, man wird doch nicht der Erbe eines alten Geschlechts.« Und Herr Bibliothekar Or. Otto Hartig charakterisierte den Gegensatz zwi schen der Münchener und der Berliner Bibliothek mit den Worten: »Auf Seite Münchens steht das historische Recht, auf Seite Berlins bas des Milliardärs« (Münchener Allgem. Zeitung vom 28. Dezember 1912). Diese Äußerungen richten sich selbst. 8. I*. Der Leipziger Verlag wurde vou dem keiner andern deutschen Stadt in Deutschland übertrvffen. Hier allein sind die großen Import- und Exportgeschäfte. Der Leipziger Kommissionshandel ist so bedeutend, daß die anderen Kommissionsplätze daneben kaum in Betracht kommen. Ein Barsvrtiment gibt es eigentlich nur in Leipzig. Das Leipziger Buchgewerbe stand früher an der Spitze und ist auch heute noch dem Berliner in mancher Beziehung überlegen. Woher also die Befürch tung, daß der Buchhandel von Leipzig abwanderu könnte? Es ist das Aufsteigen des Berliner Buchhandels, das den Leipzigern Besorg nisse macht. Was den buchhändlerischen Zwischenhandel, also das Kommissionsgeschäft und das Barsortiment betrifft, so halte ich diese Besorgnisse für unbegründet. Die Überlegenheit Leipzigs auf diesen Gebieten beruht nach meiner Ansicht vor allem auf seiner geographi schen Lage. Es liegt im Herzen Deutschlands und hat bequeme Ver bindungen nach Berlin, München, Stuttgart und Dresden, nach Bres lau, Hamburg, Köln, Frankfurt und Nürnberg. Wie steht es aber mit dem Verlag? Wir besitzen jetzt, wie Sie wissen, eine genauere Statistik der deutschen Bllcherprvduktion. Darnach hat Berlin im Jahre 1908 verlegt 5600 Werke mit 74 000 Bogen, die einen Ladenpreis von 21 700 hatten. Leipzig verlegte in derselben Zeit 5200 Werke mit 66 000 Bogen zu einem Ladenpreise von 22 300 Berlin steht also etwas voran, was die Zahl der Werke und der Bogen, Leipzig dagegen, was die Summe der Ladenpreise betrifft. Ganz anders stellt sich das Verhältnis bei den Zeitschriften. In Berlin erschienen 1380 Zeitschriften für 12 600 in Leipzig dagegen nur 600 Zeitschriften für 6090 Es zeigt sich hier, daß Berlin in viel höherem Maße als Leipzig ein Brennpunkt des geistigen Lebens und jeder gewerb lichen Tätigkeit ist. (Sehr richtig!) Rechnet man Bücher und Zeit schriften durcheinander, so ergeben sich für Berlin 7000 Vcrlagsartikcl im Preise von 34 300 .F, für Leipzig nur 5800 Verlagsartikel für 28 400 Von der gesamten Bücherproduktion des Deutschen Reichs macht die Berliner 23,7 Prozent, die Leipziger nur 19,8 Prozent aus. An dem Gesamtpreise der rcichsdeutschen Bücherproduktion ist der Berliner Verlag mit 28,4 Prozent, der Leipziger nur mit 23,5 Prozent beteiligt. Mit andern Worten: der Berliner Verlag hatte schon im Jahre 1908 den Leipziger überflügelt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird diese Entwicklung weiter fortschreiten. Sie wird auch durch die Gründung der Deutschen Bücherei nicht aufgehalten werden. Was aber den Börsenverein als Gcsamtorganisation des deutschen Buchhan dels betrifft, so ist er durch das Buchhändlerhaus ohnehin auf abseh bare Zeiten an Leipzig gebunden, so daß es in dieser Beziehung einer weiteren Verankerung wohl nicht bedurft hätte. Man hat öfter gefragt, ob denn die großen Aufwendungen, die für die Deutsche Bücherei gemacht werden, in einem rechten Verhältnis stehen zu dem Nutzen, den sie stiftet. (Sehr richtig!) Diese Frage geht in erster Linie diejenigen Faktoren an, die die Geldmittel für die Deutsche Bücherei flüssig machen, also den sächsischen Staat und die Stadtgemeinde Leipzig. Beide erhalten durch die Deutsche Bücherei unzweifelhaft eine Anzahl neuer Steuerzahler und Konsumenten. Sie hoffen, daß die Stadt Leipzig und der Leipziger Buchhandel neuen Glanz gewinnen und daß die neue Anstalt später auch zahlreiche Fremde veranlassen wird, nach Leipzig zu reisen. Ob eine in solcher Absicht gemachte Anlage rentabel ist, diese Frage ist meines Erachtens jetzt noch nicht zur Beantwortung reif. Man muß abwarten, wie die Dinge sich gestalten werden. Erfreulich ist schon allein die Tatsache, daß für eine neue große Büchersammlung so beträchtliche Mittel bewilligt worden sind. Die Gründung ist so populär, wie es nie eine deutsche Bibliothek gewesen ist. Diese Volkstümlichkeit wird dem gesamten deutschen Bibliotheks wesen zugute kommen. Wir deutschen Bibliothekare haben Grund genug, über die Errichtung der Deutschen Bücherei Freude zu empfin den. Wir müssen dem Börscnverein der Deutschen Buchhändler dank bar dafür sein, daß er in frischer Tatkraft dieses neue Unternehmen be gonnen hat. Nicht minder gebührt unser Dank der Königlich Sächsischen Staatsregierung und der Stadtgemeinde Leipzig, die in freigebigster und großzügigster Weise die notwendigen Mittel bereitgestellt haben. Möge ihr hochherziges Beispiel auch andere Stellen zur Nachahmung anreizen! Daß eine Reihe angesehener Bibliothekare in den Verwal tungsrat der Deutschen Bücherei eingctreten ist, betrachte ich als ein günstiges Vorzeichen; denn die freundlichen persönlichen Beziehungen, die hier zwischen den Buchhändlern und Bibliothekaren geknüpft wer den, lassen hoffen, daß auch bei andern Gelegenheiten beide Faktoren, die doch von Natur aufeinander angewiesen sind, sich freudig und gern in die Hände arbeiten werden. So kann ich denn mit dem Wunsche schließen, daß die Hoffnungen sich erfüllen mögen, mit denen die Grün dung der Deutschen Bücherei in den weitesten Kreisen unseres Volkes begrüßt worden ist. (Lebhafter Beifall.) sFortsetzung auf Seite 6109.)
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