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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1906
- Strukturtyp
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- 1906-11-27
- Erscheinungsdatum
- 27.11.1906
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- Deutsch
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runter die Monotype, die Monoline, der Teletypograph, vor allem aber der neue »Elektrotypograph« von Meray-Rozar, der zwar langsam, aber mit einer äußerst sorgfältigen Justie rung arbeitet und aus zwei getrennten Maschinen, der Schreibmaschine und der Setz- und Gießmaschine, besteht. Während ein geschickter Arbeiter kaum mehr als 1500 Buch staben in der Stunde setzen kann, leistet der Elektrotypograph immerhin 5000; doch gibt es Maschinen, wie die »Oslsoäoll«, die bis zu 16 000 Buchstaben in der Stunde zu setzen ver mögen. Die Bedeutung dieser Erfindung, an der, wie wir sahen, ein volles Jahrhundert lang gearbeitet worden ist, für den Zeitungsdruck ist einleuchtend, wenn auch viele Druckerei besitzer vor den Anschaffungskosten zurückschrecken und die meisten Setzer ihr wegen der dadurch der Handarbeit ent standenen Konkurrenz feindselig gegenüberstehen. Trotzdem wird die Zeit vorausgesagt (vgl. Nsrnorisl äs Io libroiris vom 1. September 1904), wo die Handarbeit des Setzers nur noch auf den Satz von Titelblättern und besondere Anordnung verlangenden Druckwerken beschränkt sein wird. Das Bedürfnis der großen Masse, die Bücher möglichst billig zu kaufen, hat nach Crapelet zu einer erheblichen Ver schlechterung der Druckerzeugnisse geführt (?), denn, wie der große Drucker Estienne sagte, »der Geiz ist ein Laster, das der Buchdruckerkunst gefährlicher ist als jeder andern Kunst». Namentlich auf die Korrektur sei früher ein weit größerer Wert gelegt worden als heutigentags. Ehemals hatte nicht nur jede Druckerei, sondern auch jede größere Verlagsbuch handlung ihren eignen Korrektor, und jedes wissenschaftliche Werk wurde von einem dem betreffenden Fach angehörenden Gelehrten durchgesehen. Sogar gesetzliche Vorschriften wurden hierüber in Frankreich erlassen. Cim zitiert nach Crapelet die Erlasse Franz' I. aus dem Jahre 1539 und ihre Be stätigung durch dessen Nachfolger, speziell die Verordnungen von 164 9 und 1723 (in letzterer wurden daneben auch schöne Typen und gutes Papier vorgeschrieben). Berühmt, jedoch durchaus nicht nachgewiesen, ist die Geschichte des soeben erwähnten Pariser Druckers Robert Estienne (1503—1559), der die Korrekturbogen der von ihm gedruckten und verlegten Werke an seiner Ladentür aushing und die Vorüber gehenden aufforderte, nach etwa verbliebenen Druckfehlern zu forschen, für deren jeden er eine Belohnung vou fünf Sols versprach. Bei der großen Gelehrsamkeit der Brüder Estienne und ihrem Rufe als erste Buchdrucker des Landes dürfte diese Maßregel höchstens als eine gewisse Geschäftsreklame zu betrachten sein — wenn sie überhaupt der Wirklichkeit entspricht —, um so mehr als die Estienne die hervorragend sten Gelehrten als Korrektoren hatten: den Griechen Laskaris, den Geschichtschreiber Rhenanus, den spätern Parlamentspräsidenten Ranconet, den nachmaligen Erz bischof Musurus u. a. Von Byron, Alfieri, Sainte-Beuve und andern Schrift stellern erzählt man sich, daß sie außerordentlich (und über trieben) empfindlich gegen Druckfehler waren. Der erste schrieb an seinen Drucker: »Der geringste Druckfehler bringt mich um«. Sainte-Beuve ließ sich oft bis zu sieben neue Korrekturabzüge geben, bevor er sein Imprllliotur (6on L tirsr) erteilte; verschiedene Stellen in seinen Werken zeigen ihn uns in dieser Hinsicht als einen rechten Pedanten. Von Voltaire und Jean-Jacques Roussean haben wir ebenfalls Be weise, wie viel Wert sie auf einen vollendeten, fehlerfreien Druck legten. Einige Literaten und Fachleute, unter letztem der Buchhändler und Drucker P. Chaillot (in seinem »Ltonusl äo libroirs, äa bibliotdüsoirs st äs l'üoming äs lsttrs»), stellen die paradox klingende Behauptung auf, daß ein Werk um so besser gesetzt werde, je schlechter und undeutlicher das Manuskript geschrieben sei, da in diesem Falle der Setzer viel mehr aufzupassen genötigt sei als bei einer schönen und lesbaren Handschrift. Crapelet, der geschätzte Verfasser der »ktuäss prr»tiqus8 st littöroirss 8ur Io t^pogroplüs«, von dem diese Bemerkungen herrühren, behauptet ferner, daß es ein Buch ohne Druckfehler nicht gebe. Eine historische Berühmt heit ist der Druckfehler in dem ersten Buche, das ein deut liches Datum trägt, in dem von Fust und Schöffer 1457 gedruckten »Lsslworuw Ooäsx«, einem typographischen Meisterwerk. Das als Titel dienende Kolophon am Schluffe des Werkes beginnt nämlich folgendermaßen: »llrosssos 8piüluoruin ooäsx . . .« Mit Bezug auf die meisten Druck fehler dürfte der Ausspruch des bekannten Buchdruckers und Revolutionärs Momoro (st 794 auf dem Schafott gestorben) richtig sein, daß ein Druckfehler-Verzeichnis unnötig sei, da die große Mehrzahl der Druckfehler vom Leser doch nicht bemerkt würde. Der Verfasser bespricht dann noch einige andre Miß stände des modernen Buches, wie z. B. das häufige Fehlen einer Jahreszahl (Uilissiins) auf dem Titel; das Paginieren der Seiten am untern Rande, das nur von dem Bedürfnis abgeleitet werden könne, Hergebrachtes anders zu machen. Stephan Mallarms, der bekannte Dekadenzpoet, ging so weit, daß er auch die Kapitel-Überschriften seiner Bücher am untern Rand der Seiten anbrachte. Als weitere typographische Unarten bezeichnet der Verfasser gewisse Schrift arten modernen Stils, die in ihrer Verschrobenheit nur von überspannten oder kranken, Künstler sein wollenden In dustriellen herrührten. Er wünscht ferner, daß auch die so genannten »schönen« Seiten, d H. diejenigen, auf denen einer Überschrift wegen die Seitenzahl gewöhnlich weggelaffen wird, ebenso paginiert werden wie alle andern Textseiten, daß die Inhaltsübersicht logischerweise stets an den Anfang, die Namen- und Sachregister dagegen an das Ende eines Buchs gesetzt werden, daß die Anmerkungen nur dann am Schluß eines Bandes in einem besondern Anhang vereinigt werden, wenn sie etwa mehr Platz als der Haupttext beanspruchen, oder wenn es sich um den Abdruck von dokumentarischen Zusätzen handelt. Den Schluß des Kapitels, das uns trotz seiner Unvollständigkeit viel interessante Aufschlüsse und prak tische Ratschläge gibt, bilden Untersuchungen über die viel fach verderblichen Einwirkungen gedruckten Textes auf die Sehnerven. Nach dem Urteil der bedeutendsten Augen ärzte sind der zu kleine und vor allem der zu enge Druck die Hauptursachen für die Kurzsichtigkeit der lebenden Generation. Nach Emil Javal, dessen im vorigen Jahre erschienenes Buch »llb/siologis äs lo lseturs st äs l'ssriturs» die Be achtung der Buchdrucker verdient, sind Typen mit weniger als acht Punkten Zeilenhöhe für das Auge unbedingt ermüdend und deshalb schädlich; der berühmte deutsche Augenarzt Professor Hermann Cohn fordert sogar ein Minimum von zehn Punkten. Während jedoch der Elftere, der den Gebrauch der gotischen Buchstaben für die große Uberhandnahme der Kurz sichtigkeit in Deutschland verantwortlich macht und im übrigen die Behauptung gewisser Statistiker, der Grad der Zivilisation eines Landes könne an der Zahl seiner Kurz sichtigen gemessen werden, widerlegt, das Durchschießen (IrUsrligasgs) als unschön und unwesentlich verwirft, ist Hermann Cohn der Ansicht, daß gerade der weit gedruckte Text dem Auge ungleich zuträglicher sei. Cim führt als Beweis hierfür unsere deutsche Gewohnheit an, das Sperren des Textes behufs Hervorhebung, indem dieser hierdurch viel rascher ins Auge falle und müheloser gelesen werde. Dieses Durchschießen soll um so größer sein, je länger die Zeile ist. Daneben ist die Forderung eines Hellen, vollen Lichts nur von sekundärer Bedeutung und absolut nicht nötig. Mit Francisque Sarceys 1884 veröffentlichtem Alarmruf »Schont eure Augen« schließt dieser so nützliche letzte Ab schnitt des dritten Kapitels. (Schluß folgt.)
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