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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.11.1938
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- 1938-11-19
- Erscheinungsdatum
- 19.11.1938
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gesetz gegen den Inhalt des Werkes nur Einwendungen erheben, wenn das Werk nicht von vertragsmäßiger Beschaffenheit ist; d. h. es muß in einem äußerlich zur Vervielfältigung geeigneten Zustand sein und cs darf gegenüber den vertraglichen Ab machungen nicht etwas gänzlich anderes, juristisch ausgedrückt: ein aliuck, sein. Es darf also nicht anstelle des vereinbarten ge schichtswissenschaftlichen Werkes ein Roman, anstelle eines Lehr buches ein Kommentar, anstelle einer geplanten Apotheose eine abfällige Kritik, oder anstelle einer eigenen Arbeit ein Plagiat geliefert werden. Der Inhalt des Werkes muß also nur ganz allgemein dem Vertrage entsprechen, wenn nicht gerade konkrete Richtlinien für die Gestaltung des Werkes vereinbart sind. Im einzelnen ist dem Verfasser in der Gestaltung Freiheit gelassen. Dem Verleger steht eine Kritik am Inhalt nicht zu, immer vor ausgesetzt: mangels konkreter Vereinbarungen. Diese Ansicht steht im Einklang mit der herrschenden Meinung, nach der ein Verleger, der einem Schriftsteller so vertraut, daß er ihm Blanko-Vollmacht gibt, diese auch gegen sich gelten lassen muß. 2. Wenn schon bei einem erst noch zu schaffenden Werk, in bezug auf das vertragliche Verhältnis zwischen Verfasser und Verleger eine inhaltliche Kritik dem Verlag nachträglich nicht mehr möglich ist und er die erbrachte Leistung als vertrags mäßig gegen sich gelten lassen muß, so ist der Vertrag auf der Autorcnseite jedenfalls dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertrag erst nach Kenntnisnahme des Manuskriptes vom Ver leger unterzeichnet worden ist. Schon nach diesen zivilrechtlichen Gesichtspunkten, die in Gesetzgebung und Rechtsprechung im wesentlichen einheitlich be urteilt werden, möchte ich der Ansicht zuneigen, daß man Haases Meinung nicht folgen kann. Wohl wird die Erfüllung nach träglich unmöglich, denn erst ein nachträglicher Verwal tungsakt — nämlich die Beanstandung der Parteiamtlichen Prü fungskommission und das damit selbsttätig wirksam werdende Berbreitungsverbot der Kammeranordnung Nr. 69 oder auch die. Einreihung in die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums nach der Kammeranordnung Nr. 70 — schließt die weitere Verbreitungstätigkeit aus. Man wird aber nicht all gemein folgern können, daß die nachträgliche Unmöglichkeit bei derseits nicht zu vertreten ist. Denn nach § 31 Verlagsgesetz liegt grundsätzlich das »Vertretenmüsfen«, die Verantwortung für den Inhalt eines Werkes nach Abschluß des Vertrages, in der Sphäre des Verlages. Betrachtet man dieses Ergebnis nun noch einmal unter dem Gesichtswinkel der Kulturkammergesetzgebung, so ergibt sich 3. folgendes: Der Schriftsteller wird innerhalb der Reichs schrifttumskammer auf seine allgemeine Ehrenhaftigkeit und auf seine politische Zuverlässigkeit geprüft. Dadurch ist der Kreis der Verfasser, die ihre Werke dem Verleger anbieten dürfen, all gemein eingeschränkt und der Verleger der Prüfung der Werke solcher Verfasser enthoben, die bei der Eingliederung in die Reichsschrifttumskammer wegen Unzuverlässigleit und Nichtcig- nung abgelehnt worden sind. Es gibt aber kein Gesetz, das dem Schriftsteller verbietet, Politisch unerwünschte Bücher zu schrei ben. Ein solches Verbot ist nicht durchführbar. Ein indirektes Verbot liegt höchstens in der Tatsache, daß die Reichsschrifttums kammer die politische Zuverlässigkeit eines Schriftstellers, dessen Werke mehrfach auf die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums gesetzt worden sind, in einem Ausschlußverfahren prüfen wird. Eine spezielle politische Erziehung des Schrift stellers ist unmöglich, weil ein unverhältnismäßig großer Hun- dertsatz von Verfassern berufsmäßig Richtschriftsteller sind. Die Politische Erziehung des Verfassers kann daher nur im Rahmen der Erziehung des gesamten Volkes durch die NSDAP, erfolgen. Aus diesem Grunde hat die Reichsschrifltumskammer den Verleger zum Filter für das gemacht, was gedruckt werden soll. Nach K 5 der Ersten Durchführungsverordnung zum Reichs- kulturkammergesetz bekommt das Manuskript erst in dem Augen blick für die Rcichsschrifttumskammer Bedeutung, in dem seine Veröffentlichung in Frage steht. Deshalb auch wendet sich die Anordnung Nr. 70 über schädliches und unerwünschtes Schrift tum nicht an den Verfasser, sondern an den Verleger und in zweiter Reihe an den Buchhändler. Auf derselben Linie liegt die Bekanntmachung der Parteiamtlichen Prüfungskom mission vom 26. März 1934, Zisf. 2, wonach sie nicht mit den Autoren, sondern mit den Verlegern zu verhandeln wünscht. Die Verleger sind im Verhältnis zu den Verfassern eine kleine Zahl, sie kommen beruflich immer wieder mit den Refe renten des Propagandaministeriums, der Reichsschrifttums kammer, der Parteiamtlichen Prüfungskommission und sonstiger Stellen zusammen, deren Ansicht über die Gestaltung des Schrift tums zu wissen wichtig ist; sie haben in den von der Reichs schrifttumskammer veranstalteten Freizeiten Gelegenheit zu einer mehr oder weniger privatpersönlichen Aussprache mit ihnen. Sie haben dauernd wegen soundsovieler Werke schriftliche und mündliche Verhandlungen mit der Parteiamtlichen Prü fungskommission und kennen deren Tendenzen und deren Pra xis. Ich sehe schon ganz davon ab, daß die meisten Verleger Parteigenossen sind und daß der Nationalsozialismus ja schließlich keine Geheimwissenschaft ist, sodaß der Verleger im allgemeinen durchaus im voraus wissen kann, was bei der Par teiamtlichen Prüfungskommission durchgeht und was nicht. So wohl nach Zivilrecht wie auch nach Kulturkammerrecht trägt also die politische Verantwortung für ein Buch der Verleger und er ist auch in der Lage, diese Verantwortung zu tragen. Die gegenteilige Ansicht, nach der die Beanstandung durch die Parteiamtliche Prüfungskommission ein unvorhersehbarcs Schicksal ist, das von keinem zu vertreten ist, steht nicht im Ein klang mit der nationalsozialistischen Wirklichkeit, die doch eine ständige Wechselwirkung zwischen Führung und Volk ist. Ich komme also zu dem Ergebnis, daß der Verleger die Unmöglichkeit, das Buch zu verbreiten, im Sinne des tz 324 BGB. zu vertreten hat, und daß der Autor den Anspruch auf die verlagsvertraglichen Leistungen auch nach der Beanstandung durch die Parteiamtliche Prüfungskommission behält. Haases Ansicht, daß man auf jeden Fall dann doch noch die Vorschrift des § 254 BGB. über das mitwirkende Verschulden anzuwenden hat, weil ja letzten Endes doch der Schöpfer des Werkes die Ursache zur Beanstandung geliefert hat, geht meines Erachtens fehl. Denn die Verantwortung, das -Vertreten müssen«/ ist nicht gleichbedeutend mit Schuld oder Verschulden, sondern stellt es darauf ab, aus wessen Risikosphäre der Mangel stammt. Die politische Beanstandung liegt aber in der Risikosphäre des Verlegers. Erft dieses überragende Risiko recht fertigt die überragende Stellung, die der Verleger doch tatsäch lich im Bereich des Schrifttums einnimmt. Ich möchte in diesem Zusammenhang mich nicht mit Son- dersällen auseinandersetzen, z. B. wenn durch eine aktuelle Ände rung der Außenpolitik ein lobendes oder kritisierendes Urteil über ein anderes Volk plötzlich unerwünscht wird, der Verleger also die Beanstandung durch die Parteiamtliche Prüfungskom mission beim besten Willen nicht vorhersehen konnte; denn es kommt mir nicht auf eine erschöpfende wissenschaftliche Behand lung des Problems an. Ich möchte nur den Verlag auf die mög lichen Gefahren aufmerksam machen, die daraus entstehen kön nen, wenn man im Vertrauen auf Haases Ansicht konkrete Ver einbarungen für den Fall der Beanstandung durch die Prü fungskommission unterläßt. Denn diese Überlegungen befassen sich ja nur mit dem Fall, daß ausreichende Verträge nicht vorliegen. Der Verleger, der diese Unklarheit sieht, wird in den Ver lagsvertrag gleich eine Bestimmung für den Fall aufnehmen, daß die Parteiamtliche Prüfungskommission beanstandet. Ob die Vertragsklausel nun so lautet, daß der ganze Vertrag unter einer Bedingung geschlossen wird, oder daß dem Autor Auf wendungen oder eine Garantiesumme gezahlt werden, im übri gen aber Leistungen und Gegenleistungen von der Entscheidung der Parteiamtlichen Prüfungskommission abhängcn sollen, das hängt von der Leistungsfähigkeit des Verlages, von der Wert schätzung des Autors und manchem anderen ab; die Hauptsache ist, daß sich die Vertragschließenden über die Rechte und Pflich ten in einem solchen Falle vorher einig sind. Besser bei Ver tragsschluß zehn Minuten länger verhandeln, als nachher zehn Monate prozessieren!
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