Es ist, als ob seit Adam und Eva darüber geschrieben würde, und es ist, als ob Worte und Gedanken einmal erschöpft sein müßten. Den Weg vom Ich und Du zum Wir haben kluge und minder kluge Worte, schmale und dickleibige Bände millionenfach ausgezeichnet — der Liebesroman, ob glühend, ob trivial, ob tragisch oder erhaben, war nach einem ungeschrie benen epischen Gesetz ein Buch wie jedes andere. Kapitel für Kapitel, in schönerer oder schlechterer Schrift, auf besserem oder billigerem Papier. Und so überrascht durch Hintansetzen dieser Gepflogenheiten schon beim Auf schlagen und Blättern ein Roman, der den Lesern des „Silberspiegels" durch den Vorabdruck in unserer Zeitschrift bekannt wurde nud der ein besonderes Gefallen und ein selten großes Echo gesunden hat; der Roman von Dinah Nelken: ich an Dich (Gustav Weise Verlag, Berlin). Es ist die „Geschichte einer Liebe in Briefen," mehr noch, es stnd die Bekennt nisse zweier Liebender, zu einem Mosaik gefügt aas den Telefonanrufen, den Erinnerungsphotos, hingekritzelten Zektelchen, Kinobillets, Fahrkarten, Tele grammen und Rechnungen — aus den alltäglichen Dokumenten des wirk lichen Lebens, in denen zu Menschen wie du und ich immer die Liebe spricht und sprechen wird. — Ist diese so realistische Zusammenstellung, die weiterhin in Ausstattung, Typographie und Illustration heitere Kapriolen schlägt, eine liebenswürdige Neuheit der Romansorm, so stnd die Worte der Liebe, der Eifersucht, der Zärtlichkeit und des Leidens in den Briefen einmalig und dich terisch geprägt wie jede Liehe einmalig und persönlich ist. „Mit Schreibmaschine und mit Herzblut" geschrieben, mit heiterster Ironie und mit Verantwortungs bewußtstem geht es um die Frage: Ist es besser eine Zweizimmerwohnung, ein Auto und einHerz allein zu besttzen, oder sollman es wagen, verheiratet und glück- (A lich zu sein? — also um eine Moral für Liebende und solche, die es werden wollen. 7SS3