Rechtzeitig zum 75. Geburtstag erscheint: DerHimmelschlüssel Eine Geschichte zwischen Himmel und Erde A/it vier/arbiKöm Lc/rutrumsc/r/aK von ^ritr Lusse l^a. ^60 weiten in L/einenr 6esc/renL/ormat 6ebnntien 2.60 Es bedeutet wohl ein Ereignis, wenn uns der Altmeister der heutigen deutschen Dichtung ein neues Werk schenkt. Auch diese Erzählung von Hermann Stehr ist eine jener märchenhaften Geschichten, in denen der Dichter um die Erkenntnis des Menschenlebens ringt und aus der Fülle seiner eigenen tiefen Lebenserfahrung mit der milden Güte des Alters spricht. Wie „Der Geigenmacher" ein Instrument zu bauen versucht, das alles Glück und Leid des Men schenherzens und darüber hinaus Ahnung und Gewißheit des Überirdischen auszusprechen vermag, so treibt es den Bildschnitzer Pankratius Schiedeck, eine Figur aus dem Holz zu hauen, die nicht nur größte Lebensnähe besitzt, sondern die ganze Herrlichkeit des Lebens selbst - die über die Grenze zwischen Ding und Geschöpf ins Leben herübertritt. Dieser uralte Künstlertraum wird ihm erfüllt. Das von Pankratius aus dem Holz befreite Geisterwesen gibt ihm Einblick in das geheimniserfüllte Lichtreich des Lebens und der Mütter - seine Seele wird hellsichtig gemacht und kann nun durch Menschen und Dinge hindurch sehen, um schließlich ins All zu entschweben. Das goldene Himmelschlüffelchen, die holde Früh lingsblume freilich, die ihm dazu dienen sollte, auch anderen Menschen die Augen für das Wesenhafte aufzutun, zerbrach, als es Pankratius am verhärteten, lieblosen Blick seines un gütigen Weibes versuchte, und ist nun untauglich für das Wunder bis auf den heutigen Tag. Man weiß nicht, was man bei dieser „Geschichte zwischen Himmel und Erde" mehr bewun dern soll, die Frische der Fabulierkunst, den frommen, schlichten Märchenton der Sprache oder die durchdringende, grüblerische Kraft der Weltbetrachtung, vor der sich das Geheimnis der strebenden, ringenden Künstlerseele öffnet. S ? ^ II I. I.I81 VLKI.^6 I. L I ? 2 I 0 58 Börsenblatt f. d. Deutschen Buchhandel. 196. Jahrgang. Nr. 23 Donnerstag, den 26. Januar 1939 407