Neue Urteile Uber Meinrad Inglins „Schweizerspiegel" Der Roman gehört zu den Werken, die scholl vom Erscheinen an den Stempel des Außergewöhnlichen tragen. Za, wenn es nicht voll schon zu vielen Büchern prophezeit worden wäre, stünden wir hier in Versuchung, von einem Werk zu sprechen, wie es nur alle paar zahre oder Jahrzehnte einmal entsteht. Es ist ein sehr ehrliches, ein männlich herbes, ein warm herziges Buch. Wir glauben nicht, daß es eilte bedeutendere Selbstdar stellung der Schweiz seit Gottfried Keller gibt als diesen „Schweizer spiegel". Die Sprache ist von einer klassischen Ruhe und Verhaltenheit, die im mer wieder an die großen Meister der Schweizer Erzählkunst erinnert. Die Schweiz darf stolz sein auf dieses Buch ihres Dichters. Wir Deutsche aber freuen uns über das Buch, dem wir mit derselben Achtung begeg nen werden, die der Dichter darin für unser Volk immer wieder zum Ausdruek bringt. o»o ^ 2»«^" Mit diesem Buch hat Meinrad Znglin, der seitab der literarischen Bör sen in Einsamkeit schafft, einen großen Wurf getan. Eine wohlabgewo gene Meisterleistung, ein Meilenstein in der Geschichte des schweizeri schen SchrifttUMs. O/e Q'leEr Der Roman hat einen starken Atem, der uns über mehr als 1000 Sei telt hinwegträgt; er ist das Beispiel eines großen politischen Romans. Es ist alles ganz einfach, weit und dicht in dieser großen Chronik, so wie es in einer rechten Erzählung sein soll, deren Dichter unter der Last der Erkenntnisse und Erlebnisse erst still werden mußte, um dann so sprechen und schreiben zu können, daß kein Wort zu viel oder zu wenig gebraucht werde. L 99* Nr. 35 Freitag, -en 10. Februar 1939 731