Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1939

M°) Mar Neilch -Transaslen 25000 Kilometer mir Z2 ?8 von Palästina lnsLlnna Mil 90 Abbildungen und 7 Karlen - Geheflel RM 6.80, Leinen RM 7.50 Wir werden verhaktet .Oie berühmte Moschee Iman Rizas wollen wir unbedingt seben und vielleicht auch eine Aufnahme machen. Menschenmassen stauen stch vor den Toren; man steht, daß sie teilweise weite Reisen hinter stch haben. Dschämschid glaubt, daß wir es wagen können. Wir ziehen uns etwas aus der wogenden Masse zurück bis unter einen der Bäume, die den großen Platz einfasten. Äon hier können wir die vielen Men schen und die Moschee übersehen. Mächtig ragen das große Haupt portal und die Minaretts gegen den Himmel. Blau und gelb gla sierte Kacheln spiegeln und glänzen im Sonnenlicht. Line elektrische Faustschlag gegen astatische Zeitlostgkeit. Hclmutk bebt seine Kamera, will abdrücken und fährt erschreckt zusammen: Aks! Aks! brüllt es von allen Seiten. Überall gellen die Rufe: Bild! Bild! Oie Menge stößt drohend gegen uns vor. Aber schon sind die drei Polizisten zur Stelle, die uns immer schon beobachtet haben und anscheinend nur auf einen Zwischenfall war teten. Mein armer Reisegefährte wird etwas unsanft für verkästet erklärt und abgefübrt. Ich darf ikn begleiten, und Dschämschid — ja wo war er denn? Verschwunden, ihm war der Boden sichtlich zu heiß geworden." Die Kalami .Abends teilen wir mit unserem ungarischen Freund, der in der gefürchteten Wüstenstadt Farah als halb freiwilliger, halb un freiwilliger Äerbannter lebt, und seinem afghanischen Bauführer das bescheidene Lssen, das er seit Jahren in erschreckender Gleichheit zu sich nimmt: Pilaw, den afghanischen Reis, Tee, Brot, Schaf fleisch und Früchte. Immer wieder übermannt den armen Mann die Rührung; zu plötzlich haben wir in sein einsames Dasein ein Glück pulsierendes Europa gebracht, Gedanken in ihm angeregt und Wun den aufgerissen, die schon vernarbt waren. Budapest, die Donau, Wein, Tschardasch, ungarische Frauen — alles sieht er wieder lebendig vor sich und spricht davon mit schwerer Stimme. Wir versuchen, ihn von diesen Gedanken abzubringen, doch er will nicht. Lr ist unendlich traurig und glücklich zugleich. Lange nach Mitternacht gehen wir in seiner bescheidenen Baubaracke zu Bett. Nachts wache ich auf: Der Ungar weint. Am nächsten Morgen hat Helmuth einen schönen Gedanken: .Wir wollen ihm die Salami schenken." Als wir vor drei Monaten starteten, nahmen wir nämllch 40 Kilo Wurstwaren tropensicher ver packt mit. Diesen Vorrat griffen wir nur in Zeiten besonderer Not oder festlicher Stimmung an, immer noch sind gut 10 Kilo übrig. Darunter auch eine schöne Stange Salami. Die packen wir aus, und mit einer gewissen Feierlichkeit überreichen wir sie unserm ungarischen Freund mit den Worten: .Lin Gruß aus der fernen Heimat." Aufregung bemächtigte sich seiner. Mühsam kämpft er mit Trä nen, die Wurst ist noch immer in Helmuths Hand. Oie Afghanen um uns schauen erwartungsvoll. Der Ungar nimmt die Salami nicht! Linigermaßcn erstaunt sehen wir ikn an. Da sagt er endlich mit er stickender Stimme: .Um GottcswiUen, nehmen Sie die Wurst wieder weg, ich darf sie nicht essen. Der Koran verbietet es, es könnte mir hier als Ingenieur mein ganzes Ansehen kosten." Wir trugen die Salami zum Wagen zurück. Nie werde ich den traurigen Blick des Ungarn vergessen, als die Wurst wieder im Äorratskaslen verschwindet. .Leben Sie wohl, und grüßen Sie mir die Heimat", sagt er leise, als wir uns verabschieden. Wie gern würde er uns begleiten, aber er ist an seinen Dienst gebunden. Ob er einmal nach Hause reisen wird? Ich glaube es nicht, die Kraft dazu wird ihm fehlen. Lr ist verloren für die Heimat, trotz aller Sehnsucht." Der Scier .Genau wie in Vorderindien, umlagern auch hier Scharen von Geiern den Weg, um sich auf gefallene Tiere zu stürzen. Diese .Ganitätspolizei' steht in hohem Ansehen bei allen Asiaten. Hinter einer Kurve sitzt ein solcher Sanitäter träge in der brüten den Sonne mitten auf dem Weg. Der Geier reißt sich hoch, das heißt er versucht es, aber ohne Erfolg, zu reichlich war das Mahl, dessen Reste am Dschungelrand liegen. Nun läuft er auf uns zu, er verkennt wohl die verborgenen Kräfte des Autos und stürzt sich angriffslustig aus den Wagen. Die Bremsen setzen an, aber es ist zu spät. Mit der Kraft der Verzweiflung hat sich der riesige Vogel doch noch erhoben und flattert direkt gegen den Kühler; irgendwie verletzt er sich dabei, Blut spritzt über die Motorhaube, das ver wundete Tier stürzt zu Boden, und die Vorderräder gehen darüber hinweg. Der Wagen erhält einen ordentlichen Stoß, fast wäre er aus der Bahn getragen worden. Der Geier ist aber auch ein kapi taler Bursche von gut 2 Meter Spannweite." Dem Wiener Max Reisch ist die erste Durchquerung Südchinas und Hinterindiens in einem kleinen Steyr geglückt. Die Reise dauerte 18 Monate und legte den Fahrern die stärksten Hindernisse in den Weg. Aber jugendlicher Mut und wissenschaftlicher Forschervrang, dazu ein guter Motor und deutsche Zähigkeit blieben siegreich über Sand- und Lawawüsten, über Schlamm, Morast und die stoische Ruhe der Asiaten. Arrslieserung für dir Ostmark: Z.-S., Abt.: Auslieferung deutscher Verleger, Wien I, Singerstr. >2 k. 8KOLKN^V8 / LklIk 2 IL LI S2S1