Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.06.1939

Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 64) Leipzig, Sonnabend den 3. Juni 1939 106. Jahrgang Leistungsauszeichnung durch die Reichsschrifttumskammer Ein entscheidender Schritt der Förderung — Letstungsaufban von der Reichsschule her — Verpflichtung des Standes gegenüber seinen Leistungsbesten Von Karl Ke Morgen, Sonntag, den 4. Juni, beginnt in Lauenstein im Erzgebirge der auf Anweisung des Vizepräsidenten der Reichs schrifttumskammer und Leiters des Deutschen Buchhandels ein gerichtete erste Reichslehrgang zur Förderung des buchhändlerischen Nachwuchses, Die zwanzig besten Jungbuchhändler aller Lehrgänge des letzten Reichsschul jahres werden hier zu einem achttägigen Sonderlehrgang zu sammengefaßt und haben Gelegenheit, in dieser Zeit wichtige und führende Männer unseres Schrifttums Persönlich kennen zulernen und Grundsätzliches zu erfahren. Mit dieser Maßnahme ist — das sei vorweggenommen — etwas Neues begonnen worden. War es bisher der Bemühung des einzelnen oder einem einzelnen Betrieb oder dem Zufall überlassen, wie sich die Anlagen für eine berufliche überdurch schnittliche Leistung entwickeln und erweitern, so sieht es heute der Stand als Ganzes und durch seine Vertretung in der Reichs- schristtumskammer als seine nicht den einzelnen, sondern das Gesamte angehende Angelegenheit an, diese Leistungsfähigen herauszuheben und nach Kräften zu fördern. Dementsprechend sind die ausgewählten leistungsbesten Reichsschüler während des ganzen Reichslehrganges Gäste des Standes bzw. der Kammer selbst. War aber bisher auch eine Unterstützung durch die ver schiedenen Einrichtungen unseres Berufsstandes hauptsächlich nach charitativen Gesichtspunkten ausgerichtet, so tritt nunmehr auf dem Sektor unserer Berufserziehung der Lei st u n g s m aß st a b entscheidend in den Vordergrund, Es gilt, die Leistungsfähigen unter unserem Nachwuchs zu entdecken, sinnvoll zu fördern, und zwar nicht privat, sondern als Buch händler in Verantwortung vor Volk und Staat, Dies ist das Grundmotto dieser Arbeit und damit des Auf baues des Lehrganges, Die Reichslehrgänge werden Jahr um Jahr fortgesetzt werden. Der Begriff »Schrifttum« selbst hat sich seit einigen Jahren erweitert. Er umfaßte im Grunde bis vor kurzem doch eigentlich nur den Autor, Die Kammer schloß dann erstmals Autor und Buchhändler, den Schriftsteller und die Leihbuchhändler, die Be triebsführer und die Mitarbeiter zusammen. In dem Augenblick, als die Staatsführung selbst die öffentliche, die politische Bedeu tung des Schrifttums für die Nation dokumentierte, wurden vor allem in diesen Kreis auch die Organe des Staates und der Partei einbezogen, denen führend schrifttumspolitische Aufgaben in wachsendem, vorher nie gekanntem Maße übertragen wurden. Die Stellung des Buchhandels ist dabei zwar keine grundsätzlich neue, denn die Verantwortung vor der Nation war schon bisher das Leitmotiv der besten Buchhändler soft mehr als der Schrift steller), sie ist aber heute klarer denn je. Der Reichslehrgang wird den jungen Kameraden nicht die Verantwortung für Steigerung ihrer Leistungskraft abnehmen, er wird ihnen im Gegenteil von verschiedenen Seiten wertvolle neue Anregungen und damit Aufgaben geben. Für die Reichslehrgänge werden jeweils etwa zwanzig Jungbuchhändler aus einem Jahrgang herausgezogen. Man hat die Auslese zunächst absichtlich eng gehalten. Die — für den Teilnehmer kostenlose — Einberufung ist eine Auszeichnung, und da es sich immer um die Reichsschüler der Lehrgänge des voran- inrich Bischofs gegangenen Schuljahres, also um Lehrlinge des letzten Lehr jahres handelt, die jetzt Gehilfen im ersten Gehilsenjahr sind,istsie zugleich auch eine Auszeichnung der Lehrfirma und des Ausbilders, Thema des ersten Reichslehrganges 1939: »Volk, Reich und Kultur». Eröffnung im Rahmen eines Kameradschaftsabends und Begrüßung durch den Beauftragten des Präsidenten der Reichs schrifttumskammer, Staatsrat H, Johst, Pg, K. H, Bischofs, Unter der Hauptleitung von Gerhard Schönfelder sieht der Arbeitsplan dieses ersten Lauensteiner Reichslehrganges fol gende Vorträge und Arbeitsgemeinschaften vor: Reichsamtsleiter Hans Hagemeyer (Leiter des Amtes Schrift tumspflege): Partei und Schrifttum, llr, Hellmuth Langenbucher: Die politische Dichtung der Gegenwart, Regierungsrat Or, Hövel (Reichsministerium für Volksaufklä rung und Propaganda): Das deutsche Buch und der deutsche Buchhandel im Ausland, Diplom-Volkswirt Alfons Brugger (Reichsministerium für Bolksausklärung und Propaganda): Die Werbung für das deutsche Buch einst und jetzt, Gauschulungsleiter Regierungsdirektor Studentkowski: »Cha rakter und Leistung«, Oberregierungsrat Hein Schlecht (Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda): Staat und Schrifttum. Ratsherr Karl Götz, Stuttgart: D a s deutsche Schrift tum im Ausland, Als Vertreter des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda wird im Auftrag von Ministerialdirigent Berndt, dem Leiter der Reichsschristtumsabteilung, der Referent Gruber aus dem Lehrgang anwesend sein. Von der Kammer hat der Präsident den Sachbearbeiter für Berufserziehung der Lei tung beigeordnet. Empfang bei Reichslcitcr Roscnberg, Am Freitag, dem 8, Juni, werden die Teilnehmer nach Berlin fahren und am Nachmittag von Reichsleiter Rosenberg zu einem Tee empfangen werden. Wie wichtig von maßgebenden Stellen die buchhändlerischen Aufgaben genommen werden, kann kaum besser als durch die Tatsache unterstrichen werden, daß der Reichsleiter selbst unsere jungen Berufskameraden zu sich ge laden hat, Empfang durch die Reichsschristtumskammcr. Am Abend hat die Reichsschrifttumskammer zu einem kame radschaftlichen Zusammensein im Haus der Presse geladen. Bei dieser Gelegenheit wird Vizepräsident Baur zu den jungen Buchhändlern über die politische Aufgabe ihrer Ar - beitunddiePolitischeForderungandenjungen Buchhändler sprechen. Für Sonnabend, den 9, Juni, werden die Teilnehmer in das Deutsche Opernhaus zu einer »Tannhäuser»-Aufführung ein- Nr. 126 Sonnabend, den 3. Juni 1S39 453