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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.06.1939
- Strukturtyp
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- 1939-06-08
- Erscheinungsdatum
- 08.06.1939
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- Deutsch
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Anordnung noch so »dekorativ wirksam- sein, das Gefühl der Peinlichkeit und einer völlig verfehlten Auffassung dieser Ge schäftsinhaber von ihrem Beruf und seiner Würde müßte sofort überwiegen. Wir sind nun einmal der Überzeugung, daß die Gattungen Bilder-, Buch- und Musikalienhandlung sich wesenhast von ande ren -Läden- unterscheiden. Diese Unterscheidung zeigt sich — um mit der negativen Seite zu beginnen — in einer Unterschätzung ihrer Werte. Bücher, Bilder und Noten sind nach der Meinung immer noch vieler Menschen etwas höchst Entbehrliches. Sie hasten an den -stillen Läden- vorbei, werfen höchstens einmal einen nichtskostenden Blick auf die Auslagen und denken vielleicht im Weitergehen darüber nach, wieviel man sich und seinem hoch wohllöblichen Magen für den Preis eines Buches, Bildes oder Musikstückes doch leisten könne. Das sind jene Gemüter, denen von Nürnberg her das kräftige Wort vom -Kaninchenhorizont des normalen Erdenbürgers- entgegen gerufen wurde. Die locken wir auch nicht mit amerikanischen Werbemethoden in unsere kunstvermittelnden Geschäfte! Wir wollen die andere Seite betrachten! Wie wäre es, »wenn heute durch eine magische Gewalt aus unserem eigenen Lande alles das entfernt werden würde, was der Kaninchenhorizont des normalen Erdenbürgers als nicht notwendig oder als brot lose Kunst bezeichnete-? — Man muß sich das einmal vergegen wärtigen, um klar zu erkennen, welche Entfernung die Mittler der Kunstwerke von den Händlern mit reiner Ware trennt. Dort wird der Leib mit allen seinen verschiedenen Bedürfnissen und Forderungen versorgt, hier aber wartet auf Seele und Geist die Nahrung, hier finden wir Erfüllung und Befriedigung aller unserer höheren Regungen. Weil aber einmal die Wege zu den Quellen solcher Ersüllung in uns selber zu häufig verschüttet sind, und weil zum anderen alle die Werte, die da auf uns warten, so bunt und vielfältig sind, deshalb wird der Buchhändler wie seine Kameraden auf den anderen Gebieten der Kunst immer mehr zu einem beratenden und helfenden Freunde seiner suchen den Volksgenossen oder sollte es wenigstens werden. Wir leben in einer Welt, die sich langsam aber sicher vom Materialismus abwendet, die immer klarer erkennen lernt, daß der Mensch nicht allein vom Brote lebt. Und — so soll man meinen — im Lande eines Mannes, der jene Worte in Nürnberg sprach, gibt es in ab sehbarer Zeit nur noch wenige, die die Notwendigkeit und den tiefsten Sinn der Kunst und damit auch aller Dienenden au der Kunst nicht erkennen. Wir wollen nicht vergessen, daß alles Große Zeit braucht, sich in der Tiefe auszuwirken. Ein Volk wandelt sich nicht von heute auf morgen in einer derart tiefgründigen Weise. Aber — so meinen wir wieder — sind die Zeichen der Wandlung nicht bereits klar zu erkennen? Es ist also zu hoffen, daß in die -stillen Läden» immer mehr Leben kommt! Wir wollen freilich nicht befürchten, daß mit dem Leben zugleich eine gewisse Betriebsamkeit der Werbung einsetzt, die nicht das Buch an sich und den Dichter, der dahinter steht, be trachtet, sondern deren Autorenwertung vom Auszug der Kassen zettel maßgebend bestimmt wird. Es ist nicht so, daß unter den meistgekauften Büchern immer und in jedem Falle auch die besten zu verstehen seien! Claurens Werke waren sicher verbreiteter als die Ausgaben der zeitgenössischen Klassiker und jungen Roman tiker! Um es deutlich zu sagen: Das Buch darf nicht in dem Sinne zum Verkaufsschlager entwertet werden, daß man aus gutgehen den Werken im Schaufenster geometrische Figuren in der Art von Streichholzschachtel- und Zwirnrollen-Arrangements bildet. Das ist — auch, wenn es gut gemeint und der ehrlichen Begeiste rung über ein Werk entsprungen ist — von der höheren Warte der Aufgaben des Buchhändlers wie auch vom Dichter her ge sehen nicht recht. Dichter und Schriftsteller sind Schicksalskameraden, die alle zusammen einen harten Ansangsweg gehen mußten, bis den einen der Genius und den anderen die Gunst der Menge in die Höhe trugen. Keiner von den wahren Dichtern wird es billigen, wenn seine Werke in einer Vielzahl in den Läden stehen, die den Be rufskameraden einfach die Möglichkeit nimmt, mit ihren Büchern auch einmal dem Leser vorgestellt zu werden. Wer nun in diesem Satze des Pudels Kern vermutet und geheime Ncidgefühle eines Schriftstellers zu erkennen glaubt, der sich im Grunde über die großen Erfolgreichen nur ärgert und selber sehr zufrieden wäre, wenn mit seinen Büchern das geschähe, was er an jenen ver dammt, der hat zwar eine sehr schlechte Meinung vom Verfasser, könnte aber ins Feld führen, daß er ihn ja nicht persönlich kennt und vom Wert oder Unwert seiner inneren Aufrichtigkeit keine Ahnung hat. Vielleicht sind aber noch mehr Leser und damit Buchhändler der Überzeugung, daß aus diesen Zeilen kein Mel kern und Mondanbellen, sondern ein ehrliches Gesühl für die Würde des Buchhändlerberufes sprechen will. Wer wünschte sich nicht, daß jenes Ideal erreicht würde, von dem wir als Dichter-Buchhändler-Leser-Gemeinschaft träumen? Daß die Käufer sich die Klinke in die Hand geben und froh die gekauften Werke auf den Markt des Alltäglichen hinausnehmen! Daß der berufstätig angestrengte, der buchmäßig unerfahrene Volksgenosse voller Vertrauen zum Buchhändler als zum be ratenden Freunde kommt und sagt: »Sieh, ich sehne mich nach einem Buche. Es soll mir das und das geben, soll von dem und dem handeln Rate du mir zu einem Buch, das für mich Er füllung ist». Tausend neue, schöne Möglichkeiten tun sich auf... Vielleicht sind wir schon mitten in diesem Aufbruch, ist diese neue Gemeinschaft schon im Entstehen! — Wird aber der stille Leser, der mit seiner Sehnsucht zur Buchhandlung kommt und sechzehn Exemplare eines gutgehenden Werkes zu einem Quadrat ungeordnet sieht — wird der nicht davon überzeugt sein: Du kannst sagen, was du willst, dieser Buchhändler da drinnen kennt wahrscheinlich nur dieses Werk, und nur dieses wird er dir ver kaufen wollen?! Darum geht es! Weder in Notzeiten noch im geschäftlichen Aufstieg darf der Buchhändler die Überzeugung verlieren, daß sein Geschäft mehr als ein bloßer Laden ist! In seinen Auslagen spiegelt sich im Kleinen die kulturelle Welt und Vielfalt unseres geistigen Lebens. Hier blickt das Antlitz der heutigen Kunst in die Alltäglichkeit. Dieses Antlitz ist nicht tot und einförmig! Es ist voll des sprühenden Lebens! „Der Neuschöpfer der Firma I. Z. Weber" In Fortsetzung seiner biographischen Darstellung Johann Jakob Webers, des Gründers des Verlages I. I. Weber, schrieb dessen am 22. April vorigen Jahres verstorbener Enkel vr.WolfgangWeber ein Lebensbild »vr. Felix Weber, der Neuschöpfer der Firma I. I. Weber 1845 —1906« (Leipzig: I. I. Weber 1939. VI, 118 S. m. zahlreichen Abb. Lw.), das nunmehr im Druck vorliegt. Die klare Eindeutigkeit des nicht nur um sein Haus, sondern um den gesamten Buchhandel und vor allem um die deutsche illu strierte Zeitschrift hoch verdienten Mannes spricht aus jeder Zeile des mit vielen Bildern vom Werden des deutschen Kaiserreiches unter Wilhelm I. und Bismarck bis zur Jahrhundertwende anschaulich ge machten Buches. Ein kerndeutscher Pionier auf vielen Gebieten war dieser als viertes Kind des Ftrmengründers am 18. Januar 1846 geborene Felix Weber, der zunächst sich selbst, ein starker Charakter wie sein Vater, die Sporen als Erzieher und Hauslehrer, vornehmlich am Rhein und dann in Kurland verdienen wollte. Die dort gepflegte Kardinaltugend der Geselligkeit und Gastfreundschaft ging auch auf Felix Weber Uber und war eine wertvolle Brücke zu den Trägern be deutender Namen aus Kunst und Wissenschaft seiner Zeit, was dem Umgestalter der an sich schon angesehenen Verlagsbuchhandlung zu einem Großbetrieb mit Druckerei im eigenen Hause, mit Buch binderei und Chemigraphischer Anstalt sehr zugute kam. Bezeichnend für das politische Denken Felix Webers war schon der Umstand, daß er nach dem Studium der Philosophie und Geschichte zur Erwerbung des Doktortitels sich das Thema wählte: »Johannes Capistranus' Mission unter den Hussiten«. Bekanntlich bekämpfte dieser darob später heilig gesprochene Mann die Auswüchse des überhandnehmenden Judentums und den Hussitismus zugleich, soöaß der Inhalt der Dissertation von 1867 auch für heute noch bedeutungsvoll ist. Als I)r. Felix Weber, dem der stetige Aufstieg der für alle ähnlichen, heute in Deutschland Nr. 190 Donnerstag, den 8. Juni 1S39 471
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