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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.08.1939
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- 1939-08-15
- Erscheinungsdatum
- 15.08.1939
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Bericht über den Versuch einer Arbeitsgemeinschaft zwischen Buchhändlern und Studenten in Göttingen Auf Veranlassung und unter Leitung des Ortsobmanncs des Göttinger Buchhandels haben sich im Sommerscmester je eine Gruppe Buchhändler und eine Gruppe Studenten zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlosscn. Den Lehrlingen des Buchhandels war die Teil nahme an dieser Arbeitsgemeinschaft zur Pflicht gemacht worden, cs haben sich aber erfreulicherweise auch eine Reihe von Gehilfen regel mäßig daran beteiligt. Aus technischen und zweckmäßigen Gründen war eine studentische Kameradschaft an der Universität aufgefordert worden, daran teilzunehmen. Mr können mit großer Freude berich ten, daß diese Aufforderung von den Studenten sofort aufgcgriffcn wurde und aus dieser Kameradschaft sich nicht nur etwa fünfzehn Mann regelmäßig beteiligten, sondern uns auch der schöne Gemein- schaftsranm der Kameradschaft zur Verfügung stand. Diese Arbeitsgemeinschaft sollte verschiedene Aufgaben lösen. Als erstes und mehr äußerliches Ziel sollte ein engeres Verhältnis zwi schen Studenten und Buchhändlern geschaffen werden und damit gleichzeitig ein größeres Verständnis für die beiderseitigen Aufgaben. Das größere und wichtigere Ziel aber war, den Buchhändlern genaue Kenntnisse über die einzelnen Wissensgebiete zu vermitteln. Wir gingen dabei von den Erfahrungen früherer sogenannter »Lehrlings- abende« aus, bei denen von einem Dozenten oder Assistenten der Uni versität Vorträge über Teilgebiete der einzelnen Fakultäten gehalten wurden. So gut diese Vorträge an sich waren, so wenig erfüllten sie im Enderfolg ihren Zweck. Bei dieser Arbeitsgemeinschaft sollten aber in eingehender Aussprache zwischen gleichgestellten Partnern alle vielleicht noch offcnstehcnden Fragen und alle Probleme, mit denen wir Buchhändler auf der einen Seite und die Studenten auf der anderen Seite sich beschäftigen, geklärt werden. Wie der Erfolg der Arbeit selbst zeigte, waren diese Aussprachen vielleicht sogar das Fruchtbarste der Arbeitsgemeinschaft, und in ihnen sind viele Dinge zur Sprache gekommen, die nur in einem Kreise wie diesem gelöst und beantwortet werden konnten. Die Arbeitsgemeinschaft, die alle vierzehn Tage zusammenkam, wurde durch allgemeine Vorträge eines Studenten und eines Buch händlers eröffnet, bei denen von beiden Seiten einmal ausführlich über die Stellung jeder Gruppe in der staatlichen Gemeinschaft ge sprochen wurde. Der Leiter der studentischen Gruppe zeigte, wie sich nicht nur der Student als solcher, sondern auch seine Stellung in der Volksgemeinschaft in den letzten Jahren grundsätzlich gewandelt hat. — In einem Gegenrcferat zeigte dann ein Buchhändler die Entwick lung unseres Bcrufsstandes und beleuchtete eingehend die kultur politischen Aufgaben des Buchhandels. Er wies vor allem darauf hiu, daß in unserer Zeit nur mit einer gesteigerten Leistung die Auf gaben gelöst werden können und daß der junge Buchhändler ernsthaft bestrebt sei, alle Voraussetzungen für eine solche Leistungssteigerung zu erfüllen. Die Aussprache an diesem ersten Abepd zeigte schon deutlich, wie groß das Interesse auf beiden Seiten für die Arbeitsgemeinschaft war. Von einem Vertreter der Studentenführung wurde als beson ders begrüßenswerte Tatsache herausgestellt, daß Student und Buch händler sich auf einer gemeinsamen Ebene zu gemeinsamer Arbeit zusammcngcfundcn haben. Die eigentliche Arbeit setzte mit einem Abend über Medizin ein. Es kann gleich hier vorausgenommen werden, daß dieser Abend als der am wenigsten gelungene bezeichnet werden kann. Der Vortrag der beiden Studenten — über die Arbeit des vorklinischcn Semesters und über die Stellung des Arztes im nationalsozialistischen Staat und seine besonderen Aufgaben auf dem Gebiet der Erbgesetzgebung — war zwar nicht nur aufschlußreich und interessant, cs fehlte aber dabei die Verständigung mit dem Buchhändler, der das Referat über Arztromane und -biographicn hielt. Wenn auch in der Aussprache manche Frage, die offcngeblieben war, beantwortet werden konnte, so machten sich doch die schon genannten Mängel bemerkbar. Es fehlte die innere Geschlossenheit des Abends. Wenn beim Mediziner-Abend keine Schwierigkeit bestand in der Auswahl der Bücher, über die wir Buchhändler referieren konnten, so war der zweite Abend über Jurisprudenz weitaus problema tischer. Das studentische Referat des Abends, das sich wesentlich mit dem Erbhosrccht als einem Zeugnis nationalsozialistischer Gesetz gebung beschäftigte, gab einen guten Aufriß der Aufgaben des jungen Juristen und gleichzeitig Einblick in die neue Gesetzgebung. Schwie riger war das buchhändlerische Gegenrcferat. Nach langem Suchen und Prüfen hatten wir uns entschlossen, über Tnmlers Soldateneid zu berichten. Ein Referat über gute und schlechte Kriminalromane, das erwogen wurde, fiel wegen Mangels an Zeit aus, etwas entsprechen des zu den Arztromanen und -biographicn gibt es nicht, eine all gemeine Literaturübcrsicht, etwa von Kleists Michael Kohlhaas bis zu einem entsprechenden modernen Roman, war ebenfalls nicht zweck mäßig. Ein Assistent des juristischen Seminars, der anwesend war, hat es aber in der Aussprache verstanden, sowohl aus den Buch händlern als auch aus den Studenten wirklich entscheidende Fragen hcrauszulocken. Es zeigte sich an diesem Abend, daß die Anwesenheit eines jüngeren Dozenten oder wenigstens Assistenten auf alle Fälle zweckmäßig, wenn nicht gar notwendig ist, um die Aussprache von unwesentlichen Fragen ab- und auf die wirklich wichtigen Fragen hinzulenken. Auch beim dritten Abend über Mathematik, vor dem die meisten Buchhändler sich etwas fürchteten, war die Beteiligung der Gehilfen gut. Da an diesem Abend mit einem ausführlicheren Referat des Studenten gerechnet wurde und da vor allem hier noch mehr als in der Jurisprudenz das entsprechende Material für ein Gegenreferat für die Buchhändler fehlte, war nur ein Referat vor gesehen. Das umfangreiche und schwierige Material wurde uns aber so lebendig und interessant dargcstellt, daß die Aussprache an diesem Abend besonders rege war und sich immer neue Fragen ergaben. Es war erfreulich, die Beteiligung fast aller Buchhändler scststellcn zu können und gerade hier wurde in der Aussprache für den wissen schaftlichen Sortimenter die Notwendigkeit deutlich, sich auf alle Fälle mit diesen Fragen zu beschäftigen, um über sie Klarheit zu gewinnen. Aus Büchern allein kann er sic aber nicht gewinnen, der Weg zu ihr liegt in der Arbeitsgemeinschaft, wo die Fragen gewissermaßen anonym und an einen Gleichdenkenden gerichtet werden, der sie aus der augenblicklichen Situation und Fragestellung heraus leichter be antworten kann, als cs noch so gute Nachschlagewerke vermöchten. Am letzten Abend — ein geplanter fünfter Abend mußte wegen der Verkürzung des Semesters ausfallen — sprachen wir dann nach über Geschichte. Dieser Abend kann ohne Einschränkung als der beste bezeichnet werden. Es waren zwischen beiden Referenten vorher Ver abredungen über das Thema getroffen worden, sodaß sich die Refe rate sehr glücklich ergänzten, es war ein junger und lebendiger Dozent anwesend, der ein erfreuliches Interesse an der Arbeitsgemein schaft, mehr aber noch am Buchhandel selbst hatte und vor allem: es war zwischen den Teilnehmern inzwischen ein etwas persönlicheres Verhältnis entstanden. Die Referate gingen besonders auf das Gebiet der Ostgeschichte und Ostpolitik ein. Der Student gab einen großen Aufriß der deut schen Ostgeschichte und berührte dabei alle Fragen, die heute auf dem Gebiete der Geschichte aktuell sind: rassische Geschichtsauffassung, Ge schichte als politisches Element usw. Der Buchhändler gab eine große Übersicht über Romane und Jugendschriften aus der Geschichte Ost deutschlands, ohne eine Wertung — von einigen Ausnahmen abge sehen — damit zu verbinden. Es ist verständlich, daß gerade an diesem Abend die Fragen besonders zahlreich waren, und wenn an eine be stimmte Gruppe historischer Romane eine scharfe Kritik angelegt wurde, so war hier eine günstige Gelegenheit gegeben, über die Maß stäbe, mit denen wir historische Romane beurteilen können, eingehend zu sprechen. An diesem Abend waren, vielleicht gerade wegen seiner- großen Lebendigkeit, die Stärken und Schwächen der Arbeitsgemein schaft am meisten offenkundig, aus ihnen konnten wir aber auch am besten erkennen, wie wir diese Arbeit im nächsten Semester weiter führen können. In der Überschrift nannte ich diese Arbeitsgemeinschaft einen Versuch. Es kann zusammenfasscnd gesagt werden, daß dieser Versuch im allgemeinen geglückt ist, wenn sich auch nach manche Mängel ge zeigt haben, die ich oben zum Teil schon genannt habe. Notwendig ist bei einer solchen Arbeitsgemeinschaft, die sich nicht nur in Univer sitätsstädten, sondern fast überall durchführen läßt, daß eine Gruppe Buchhändler, die wirklich bereit ist mitzu a r b e i t c n und nicht nur zu plaudern oder von der Arbeit anderer Vorteile zu haben, sich zusammcnfindct und geschlossen Anschluß sucht an eine Gruppe oder Gemeinschaft, mit der ein Austausch von Kenntnissen und Erfahrun gen möglich ist. In Universitätsstädten wird eine der studentischen Kameradschaften ohne große Schwierigkeit zu finden sein, in anderen Städten wird das möglich sein im Nahmen der Arbeit des Volks- l'ildungswerkcs oder ähnlicher Stellen. Die Beteiligung einer studen tischen Kameradschaft ist schon allein deswegen zweckmäßig, weil in ihr Vertreter aller Fakultäten und fast aller Semester vorhanden sind. 608 Nr. 188 Dienstag, den 15. August 1039
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