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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1939
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- 1939-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1939
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»Strohbrot-Esser«, also der Generation des Weltkrieges. Ist es nun eine Buchkrise, weil zu wenig gelesen oder weil zu wenig gedruckt wird? Peyami Sasa scheint für das letzte ein erdrückendes Beispiel anzuführcn. Er spricht von Werken und Schriften, die sich auf die Tierwelt und die Pflanzenwelt beziehen, also von Büchern, die die Türkei als landwirtschaftliches Land besonders interessieren müssen, und deren es, wohlgemerkt in der früheren arabischen Schrift, recht viele gab. Peyami Sasa erwähnt, daß über Tier- und Pflanzen kunde in England, Deutschland, Frankreich jährlich ungefähr je 40 000 Schriften gedruckt werden, und fordert den türkischen Leser auf, zu er raten, wie viele ähnliche Bücher in der Türkei seit der Einführung der Lateinschrift gedruckt sind. Die richtige und zugleich »erschüt ternde« Antwort auf diese Frage lautet: kein einziges. Ob mit Recht oder Unrecht, jedenfalls erfüllt den erwähnten Schriftsteller mehr als ein leichtes Grauen vor der Zukunft der Lateinschrift in der Türkei, wenn er an solche Tatsachen denkt. Diese Tatsachen be ziehen sich auf das wissenschaftliche Buch, wenigstens auf bestimmte Zweige der Wissenschaft, denn man braucht nicht gleich zu sehr zu verallgemeinern. Sagen wir also, daß in einigen Zweigen der Wissenschaft eine Buchkrise existiert, weil zu wenig gedruckt wird. Wie steht es aber mit dem Unterhaltungsbuch? Nun, sagen die Verleger, sie wären froh zu drucken, man liest aber nicht, was sie drucken, oder man liest es wenig. Und darum drucken sie wenig. Wenn früher in der arabischen Schrift Unterhaltungsbücher in 4000 und 5000 Exemplaren — wie man sieht, war man immer bescheiden — gedruckt wurden, so werden sie jetzt kaum in 500 Exem plaren gedruckt. Darum können türkische Bücher nicht ganz billig sein, nicht so billig, wie es der Lebensstandard der meisten Leser eigentlich verlangt. Wenig Leser — teure Bücher, und teure Bücher — wenig Leser, das ist der würgende Ring, der sich um das türkische Buch legt. Und doch ist das türkische Buch billiger als das ausländische, denn, wie ein Verleger mit einem trübseligen Lächeln bemerkte, gibt es kaum ein Land, in dem sich Verleger, Buch händler und Autoren mit einem geringeren Verdienst begnügen als in der Türkei. Auf dem Verlegerkongreß wurde unter anderem angegeben, daß es in der Türkei 313 Druckereien gibt — Druckereien und Verlage gelten im allgemeinen für ein und dasselbe. Von dieser Zahl kommt auf Istanbul mehr als die Hälfte — 158. In Ankara gibt es 21 Druckereien. Istanbul ist und bleibt das Hauptquartier des türki schen Verlegertums, das Zentrum des türkischen Buchhandels und des türkischen Zeitungswesens. Und alles das konzentriert sich auf einer einzigen kurzen Straße, die von der Haltestelle der Elektrischen bei Sirkedschi zur ehemaligen Hohen Pforte aufsteigt, der Babi-Ali. Sie wird auch jetzt noch Babi-Ali-Straße genannt, obwohl sie längst in Ankara-Straße umgetauft ist. Buchladen reiht sich hier an Buchladcn, alles klein und bescheiden. Selten sieht man in ihnen einen Kunden, es ist tatsächlich eine sehr stille Straße. Die dortigen Buchhändler — und Buchhändler in Stambul gibt es eben nur dort — behaupten, daß es früher in dieser Straße 175 Buchläden und in ganz Anatolien 600 gab, und daß gegenwärtig ihre Zahl auf rund 40 in Stambul und auf 70 in Anatolien zusammen geschmolzen sei. Dabei hat sich seit der Einführung der Lateinschrift die Zahl der Analphabeten rapid verringert. Nach der Volkszählung von 1927, also vor der Schriftreform, betrug die Zahl der Analpha beten in der Türkei beinahe 90 Prozent. Die Verleger und Buch händler stehen vor etwas wie einem Rätsel. Zu ihrer Ehre muß jedoch gesagt werden, daß sie die Buchkrise nicht dem Umstand zu schreiben, daß die arabische Schrift durch die lateinische abgelöst wurde. Jeder Türke weiß, daß das lateinische Alphabet den Lauten der türkischen Sprache ungleich besser entspricht als das arabische. VielleicHr wäre unter den heutigen Verhältnissen die Buchkrise noch stärker, wenn die Bücher wie früher in arabischer Schrift gedruckt würden. Hat die billige Zeitung das verhältnismäßig teureVuch getötet, die Zeitung, die zehn, zwölf und manchmal 32 Seiten hat, für den Preis von 5 Piastern, 10 Pfennige? Es muß schon etwas daran sein. Während das Buch verkümmert, gedeihen die Zeitungen, wie der Pressekongreß gezeigt hat. Es gibt 164 Zeitungen und Zeitschriften im Lande. Aber das genügt offenbar nicht. Auf den entlegenen Eisenbahnstationen betteln die Bauernjungen bei den durchfahrenden Reisenden um Zeitungen. Es gibt Dörfer, in denen alte Zeitungen in Stücke geschnitten und diese Stücke einzeln ver kauft werden, zu 2 Piastern, 4 Pfennige, das Stück. Das ist nicht »Lesekrise«, das ist »Lesewut«. Wenn sie sich nicht auf das Buch richtet, das übrigens vielerorts nicht zu haben ist, sondern auf die Zeitung, so ist das hauptsächlich wohl darum, weil es der Geist der Zeit so will, mit allem, womit er verschworen ist. Paul Holzinger. Die neue Gutenberg-Biographie Sehr zur rechten Zeit für die Vorbereitung auf die Fünfhundert jahrfeier der Erfindung Gutenbergs 1940 ist eine zusammenfassende und in allem Wesentlichen abschließende Arbeit des Direktors des Mainzer Gutenbergmuseums über Gutenberg erschienen*). Wie kaum ein anderer war Nuppel zu ihrer Abfassung berufen. Seit Jahren ist er an der Erforschung der Anfänge der Buchdruckgeschichte maß geblich beteiligt. Zugleich ist das von ihm herausgegebene Guten- berg-Jahrbuch in internationaler Erstreckung die Sammelstätte aller Beiträge zur Erörterung des Gegenstandes und die Plattform für die vielseitigen Auseinandersetzungen, die sich dabei ergeben haben. Mehr und mehr haben sich die Dinge geklärt. Aus den verschiedensten Hypothesen und Spekulationen hat sich ein Kern herausgeschält, der als endgültig gesichert angesehen werden kann, der aber nun auch festgehalten werden und jeder weiteren Behandlung zu Grunde gelegt bleiben muß. Angesichts des kommenden Jubiläums ist mit einer großen Zahl popularisierender und journalistischer Veröffent lichungen zu rechnen, von denen niemand eigene Quellenforschung verlangen wird, wohl aber muß Vertrautheit mit den Ermittlungen der Wissenschaft und Benutzung nur der gesicherten Feststellungen er wartet werden. Es wäre weder erfreulich, noch gerade Deutsch lands würdig, wenn bei dieser Gelegenheit längst Erledigtes aus Unkenntnis oder Bequemlichkeit erneut aufgewärmt und statt ohne weiteres möglicher Klarheit und Gewißheit Anlaß zu neuer Ver wirrung gegeben würde. Nachdem das Nuppelsche Werk vorliegt, ist keine Ausrede mehr zulässig, wo Versagen festzustellen sein würde. Niemand kann an ihm vorübergehen: jeder aber kann sich seiner bedienen und sollte es unter allen Umständen tun. Es enthält alles, was zu wissen er *) Aloys Nuppel: Johannes Gutenberg, sein Leben und sein Verk. Berlin: Gebr. Mann 1939. 224 S. u. 3 Tafeln. 4° Hlw. NM 6.—. forderlich ist, und das in einer Übersichtlichkeit und Klarheit, einer auch in die gebliebene Problematik einführenden Gründlichkeit, die allen Anforderungen genügt. Nachdem in einem ersten Kapitel die Quellen zum Leben und Werk Gutenbergs vorgcführt sind, be handeln die Kapitel zwei bis sechs das eigentlich Biographische, Gutenbergs Familie, seine Geburt und Jugend, die Jahre in Straß burg und in Mainz, Gutenbergs Tod und Begräbnis. Immer werden auch die im Lauf der Zeit dazu aufgetauchten Vermutungen und Jrrtümer erörtert und erledigt, wo sie der wissenschaftlichen Kritik nicht stichhalten konnten. Das umfangreiche achte Kapitel ist den Drucken Gutenbergs gewidmet, nachdem im siebenten das Wesen und der Entwicklungsgang der Erfindung des großen Mainzers geklärt worden ist. Der Besprechung der einzelnen Druckwerke ist ein Ab schnitt über das Gutenbergsche Schriftsystcm und seine Technik vor angeschickt. Es würde zu weit führen, hier auf die zahlreichen wich tigen Einzelheiten eingehen zu wollen. Gerade diese Ausführungen aber verdienen besondere Beachtung, weil sie mit vielen Trugschlüssen aufräumen und den Gesamtzusammenhang dieser Frühdruckfragen durchleuchten. In ihren gesicherten Ergebnissen lassen sie das Bild des Erfinders und die Bedeutung seiner Leistung klar und über zeugend erstehen. Anschließend sin7> d?e frühesten Zeugnisse für Gutenbergs Erfinderschaft zusammengestellt und die Mitbewerber um die Erfinderehre aufgezählt, wobei bis auf den chinesischen Schmied Pisheng und die Koreaner zurückgegriffen ist. Dieses neunte und zehnte Kapitel sei allen, die zur Ehre Gutenbergs in dieser Zeit die Feder zu ergreifen beabsichtigen, vorweg zu ganz besonders sorg samem Studium empfohlen. Den Abschluß bildet eine zusammen fassende Würdigung der Erfindung Gntcnbcrgs und ihrer Wirkung. Das Werk ist mit zahlreichen Abbildungen und einigen Bei lagen dokumentarischen Charakters ausgestattet. Wir wünschen ihm recht viele Leser. Es ist ein erster, sehr erfreulicher Beitrag — und wir wiederholen: der unentbehrliche grundlegende — zu der Guten berg-Jubiläumsliteratur des Jahres 1940. Gerhard Menz Nr. 200 Dienstag, den 29. Angust 1939 631
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