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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-06-22
- Erscheinungsdatum
- 22.06.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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6886 Börsenblatt s. l>. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 142, 22 Juni 1908. Erzeugniffe, nicht von der infolge der vei mehrten Bedürfnisse des Kunsthandels in die Breite gegangenen Produktion, die gut und recht Vervielfältigungen von gerade gangbaren Modebildern gibt. Weil diese heute verlangten Bilder vielleicht schon morgen von unserer schnellcbenden Zeit vergessen und durch andere Er scheinungen verdrängt sein können, ist schnelle Arbeit erforderlich. Trotzdem zeigen auch diese marktgängigen Durchschnittsblätter im allgemeinen ein höheres Niveau als früher; sie dürfen nicht unter einer gewissen Linie der technischen Ausführung bleiben, wenn sie überhaupt Anspruch auf Erfolg machen wollen, weil ihnen überall der Wettbewerb mit der zu einer erstaunlich hohen Vollendung gekonimenen photographischen Reproduktionstechnik droht, deren Erzeugnisse das konsumierende Publikum verwöhnt und seine Ansprüche hinaufgeschraubt haben. Dieser heiße Konkurrenzkampf, der unter so bedrohlichen Aussichten für die Kunst begann, hat also speziell für die Radierung nur Gutes bewirkt. Zur imposanten Höhe, die diese leichtbeweglichste und ausdrucksreichste aller graphischen Künste heute in Deutschland erreicht hat, ist sic nicht durch einen gelernten Kupferstecher geführt worden, sondern durch einen Künstler, der auf dem Umwege der Malerei zu ihr kam, durch Karl Koepping, dessen sechzigsten Geburtslag wir heute feiern. Mir scheint dieser Bildungswcg für einen Radierer, der fremde Schöpfungen der Malerei getreu im Geiste des Originals über setzen soll, auch richtiger zu sein, als der alte Weg durch den Kupferstich mit der gar zu starken Wertung des trockenen Hand werks. Viele Beispiele sprechen dafür. Von unserm genialen Unger, dem Neubegründer der deutschen Reproduktionsradierung, abgesehen, der es, wie alle starken Talente, wohl auf jedem Wege zur vollen Meisterschaft gebracht hätte, sind die be deutenderen Radierer aus den Kreisen der Maler her vorgegangen; ich erinnere hier nur an den eigen artigen Wiener Schmutzer und an unseren trefflichen Berliner Künstler Albert Krüger. Sie sind es neben Koepping, die neue Wege eingeschlagen und zur Weiterentwicklung der Ätzkunst bei getragen haben. Allen voran aber steht Karl Koepping, der die Übersetzungskunst durch die tiefgründige Erfassung des Originals und die Technik durch unerschöpfliche Erfindung immer neuer Ausdrucksmittel zu einer vorher nicht erreichten Höhe und Voll endung geführt hat. Am 24. Juni 1848 zu Dresden geboren, widmete sich der junge Koepping der Chemie und studierte erst auf dem dortigen Polytechnikum, von 1889 ab in München. Die Münchner Luft wurde auch dem angehenden Chemiker gefährlich, wie schon vor und nach ihm so vielen aus allen Berussklassen: nach zwei Jahren sattelte er um und wurde Maler. Während seiner Studienzeit auf der Kunstakademie machte er sich nebenher unter Raab mit der Radier technik bekannt, mehr aus Liebhaberei und zum Zeitvertreib, als zum Beruf. 1876 ging er nach Paris und malte dort Land schaften und Stilleben im Geiste des Naturalismus, ohne es je doch zu einem größeren Erfolge bringen zu können. Daneben entstanden 1877 seine ersten Reproduktionsarbeiten, Radierungen nach impressionistischen Miniaturlandschaften des belgischen Kolo risten Jan van Beers. Die geplante Herausgabe dieser inter essanten kleinen Blättchen, in denen sich seine Kunst, fremde Vor bilder mit all ihren Besonderheiten und Eigentümlichkeiten treffend zu packen, bereits bemerkbar machte, mußte unterbleiben. Nur in wenigen größeren Sammlungen finden sich vereinzelte Probedrucke der seltenen Ätzungen; ein Blatt davon, -Die Stadtansicht mit bewölktem Himmel-, ist vor wenigen Jahren aus der Vergessen heit ausgegraben und als Kunstbeilage der -Zeitschrift für bildende Kunst« erschienen. Seine Pariser Freunde Liebermann, Munkacsy und Waltner ermunterten ihn damals zu weiteren Versuchen mit der Radier nadel. Nach einer in flotter Technik die fleckige pastose Malweise glücklich kopierenden Wiedergabe von Liebermanns »Geschwister» wagte er sich an Rembrandt und radierte dessen -k'swws äa I-ouvrs- und »Lucrezia« für die französische Zeitschrift »1/^.rt«. Als Frühwerke sind diese Schöpfungen von überraschender Feinheit in Auffassung und Ausführung. Die wunderbare Leuchtkraft Rembrandts, die starken Gegensätze seines Kolorits sind mit breitem sicheren Strich wiedergegeben in einer Art, die uns er raten läßt, wie gründlich der junge Künstler Rembrandts Radierungen studiert haben muß. um als Anfänger derartige im Geiste seines Vorbildes gehaltene Blätter schaffen zu können. Es ist nur zu leicht erklärlich, daß der gefeierte Waltner, der mit seinen großen Meistcrblättern der Radiernadel alle Welt entzückte, nicht ohne Einfluß auf den befreundeten jüngeren Künstler, der noch vorsichtig tastend seinen Weg suchte, bleiben mußte. Wenn Koepping auch nicht sein Schüler im strengen Sinne des Wortes gewesen ist, so holte er sich doch Rat von dem erfahrenen Meister und lernte an den vielgeschätzten Schöpfungen des geistvollen Franzosen manches Geheimnis der Technik. Dieser Einfluß macht sich in den nun entstehenden größeren Blättern be merkbar. Als erste umfangreichere Arbeit entstand 1879 während eines Besuchs in der Heimat Riberas -Maria von Ägypten». Diese unvollendet gebliebene Radierung sollte ihm den Weg zum Erfolg ebnen. Der Pariser Kunsthändler Sedelmeyer, ein Wiener von Geburt, der BroLiks und Munkacsys Kunst in Pacht genommen hatte, ihre Bilder als zugkräftige Schaustücke durch die Welt schickte und der auch der unternehmende Auftraggeber Waltners war, bekam, vielleicht durch dessen Vermittlung, einen Probedruck dieser ersten größeren Platte zu Gesicht. Mit geübtem Blick erkannte er in der noch unvollendeten Radierung die vielver sprechende Handschrift des begnadeten Künstlers. Ohne Bedenken erteilte er nun Auftrag nach Auftrag an Koepping, ihm folgten bald andere Pariser Verleger, und so trat der seltene Fall ein, daß die Meisterschöpfungen eines deutschen Radierers fast sämtlich im französischen Kunsthandel erschienen sind. Koepping kehrte nun der Malerei den Rücken und wandte sich ganz der Radierung zu. Zunächst entstanden wieder zwei Blätter nach Rembrandt, ein kleineres, »Saskia bei der Toilette-, und die erste bedeutendere, eine gewisse Selbständigkeit verratende Nachschöpfung des als -Connstable von Bourbon- bezeichneten männlichen Bildnisses, das sich jetzt in der Sammlung Adolf Thiem befindet. In den dann folgenden großen Reproduktionen nach Munkacsy entfaltet seine Technik sich zu immer größerer Freiheit und Leichtigkeit. Er erfindet scheinbar spielend neue Ausdrucks mittel der Nadel, des Stichels und des Ätzwaffers, bringt immer neue Kombinationen zur Anwendung, um den tonigen, satten Gehalt von Munkacsys Malweise restlos in Schwarz-We>ß zu übersetzen. Das bedeutendste dieser Werke ist die als Pendant zu Waltners Radierung -Christus vor Pilatus- gedachte Riesenplatte -Christus auf Golgatha-, ein bewundernswertes Blatt von einer großartigen Durchbildung in Zeichnung und Ton, die dem Können des französischen Meisters in nichts nachsteht. Mit ge wissenhaftem Fleiß geht Koepping auf die subtilsten Einzelheiten ein und erzielt damit oft verblüffende Effekte, wie z. B. bet der Behandlung des duftigen Spitzenwerks in der lebendfrischen Wiedergabe von Clairtns pikantem Bilde -Fcoufrou-. Diese in einer ganz andern, weil viel zarter und Heller gehaltenen Technik ausgesührte Reproduktion ist der beste Beweis für die außer ordentliche Modulationssähigkeit des Übersetzers. Der Künstler bleibt bei den großen Erfolgen, die alle diese in rascher Folge geschaffenen Blätter ihm brachten, nicht stehen. Als gereifter Meister, der für alles was er sagen will, das rechte Ausdrucksmittel hat, wendet er sich nun den Hauptschöpfungen seines Lebenswerkes zu, den Nachbildungen von Rembrandts -Staalmeesters- und des Greisenbildes der Dresdener Galerie. Diese Arbeiten machten Koeppings Namen berühmt und oer halfen ihm zu dem schmeichelhaften Beiwort -Rembrandtradierer«. Sie sind nicht zu übertreffende Meisterwerke der Reproduktions kunst, von absoluter Treue der Zeichnung, wunderbarer Durch- geistigung der Köpfe, stupender Nachahmung der Maltechnik in der sicheren Wiedergabe jedes Pinselstrtches, jedes Farbenfleckes, und das Ganze erfüllt mit Rembrandtschem Geiste. Hier hat der Reproduzent eine geniale Kraft und ein unbegrenztes Können entfaltet, die keiner Steigerung mehr fähig scheinen, und damit eine Höhe erklommen, die nicht mehr weiter führt. Nachdem seine technische Ausdrucksweise derart vertieft und vervollkommnet war, daß es kaum noch Grenzen für sie gab, wurde ihm das beschränkte Gebiet der Reproduktion zu eng. Er empfand es als eine Fessel der freien künstlerischen Betätigung, seine Individualität stets fremdem Geiste unterordnen und fremde Werke der Malerei in die Sprache der Radierung über setzen zu müssen. Mit der souveränen Herrschaft über die Technik, die er in solch hohem Maße wie kaum ein anderer unserer mo-
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