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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1942
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- 1942-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1942
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gar noch bedenkt, daß der Autor seine Flugschrift erst zu Anfang des Jahres 1806 zu machen begann und sie schon am 5. März des selben Jahres gedruckt vor sich liegen sah, dann wächst die Hoch achtung vor dem Buche noch mehr. Die erste Auflage war nicht übermäßig hoch; denn am 12. März bezahlte der Verleger Palm die Druckkosten an Hessel in Altdorf mit 26 Gulden 36 Kreu zern. Offenbar war diese Ausgabe rasch vergriffen; denn schon am 18. Juni darauf beglich Palm Hessels Rechnung in Höhe von 91 Gulden für die zweite vermehrte Auflage. Auch diese reichte nicht aus; denn am 24. Juli schickte Palm an Hessel weitere 60 Gulden für einen unveränderten Nachdruck der zweiten Auflage. So groß war das Interesse im deutschen Volke für die Palm schrift. Laut der noch vorhandenen Rechnung des Buchbinder meisters Georg Paulus Zobel von Altdorf vom 1. August 1806 be trug die Gesamthöhe der zweiten Auflage der Palmschrift tau send Exemplare. Dieses von uns erst jüngst entdeckte Schrift stück ist auch deswegen so wertvoll, weil es wider Erwarten ein weiteres, bisher unbekanntes Glied des Palmkreises verrät. Diese treue Seele von einem Zobel verdient es schon, der Nachwelt be kannt zu werden. Nach unserer archivalischen Studie kostete die erste Lieferung der zweiten Auflage Palm das Leben. Es ist wohl kaum ein Zufall, daß Justizrat Leuchs in der oben angegebenen Zeit seine Mitarbeit bei der Erlanger und Salzburger Literatur zeitung sowie beim Allgemeinen Anzeiger der Deutschen gänzlich eingestellt hat. Seine erste Buchbesprechung im Jahre 1806 er schien erst am 24. Juni, also zu einer Zeit, in der er die Arbeit mit dem Palmbuch abgeschlossen hatte. Der an Palm verübte Justizmord sagt uns, daß dieser für kein minderwertiges Buch den Tod erlitt. Wenn man sich das ungeheuer große Wissen des Verfassers der Palmschrift auf staatspolitischem und wirtschaftlichem Gebiete vergegenwärtigt, dann kommt man gar bald zu der Überzeugung, daß der Autor des Buches entweder ein Staatsmann ist, der die Würdelosigkeit seines Landesherrn nicht länger mehr ansehen kann, oder aber ein historisch geschulter Mann der Presse. Desgleichen steht für jeden unbefangenen Forscher einwandfrei fest, daß die Palm schrift nie und niemals ein bescheidenes Erstlingswerk irgend eines Politikers ist. Wer in dieser kurzen Zeit eine derart ge dankenreiche Schrift verfassen kann, der muß hierüber entweder schon etwas veröffentlicht haben oder wenigstens zu veröffent lichen Vorhaben, auf alle Fälle aber den Stoff zum Buch bereits gesammelt haben. Diese selbstverständliche Erwägung führt den Palmforscher von selber dazu, in der zeitgenössischen Biblio graphie Umschau zu halten. Wir begannen unsere diesbezügliche Forschung mit dem Jahre 1795 und beschlossen sie mit dem Jahre 1810. Dabei schrieben wir alle die Bücher auf, die irgendwie Geist vom Geiste der Palmschrift zeigten. Es waren deren nicht viele. Sie wurden alle gründlich studiert, nicht bloß gelesen. Einen befriedigenden Erfolg brachte nur das Werk von Dr. Jo hann Georg Leuchs, „Versuch einer auf Thatsachen gegründeten und freimüthigen Charakteristik der Kaiser und Könige Deutsch lands“, erschienen in fünf Teilen 1796 bis 1807 in der Verlags buchhandlung von Konrad Heinrich Stage zu Augsburg. Mit die sem Verlag stand auch Palm schon seit 1796 in geschäftlicher Verbindung. Schon im ersten Bande verrät sich der Verfasser der Palmschrift. Blatt 2 des ersten Teiles enthält nämlich eine Widmung des Werkes an den badischen Kurfürsten Karl Fried rich. Auch in der Palmschrift wird dieser Fürst auffallend gelobt. Unser Sachregister zum Palmbuch enthält hierüber folgende Ein träge: „Wahrer Vater seines Volkes — Badens weiser Kurfürst — der weise Vater seiner Länder — die weise Regierung des Kurfürsten — Karl Friedrichs Staatsklugheit — die Zierde deut scher Fürsten — dieser unvergleichliche Kurfürst“. In Band 1 der Kaisergeschichte wird Karl Friedrich der „gute und ver dienstvolle Fürst, den ganz Deutschland hochachtet“, genannt. Unwillkürlich drängt sich da einem die Frage auf: Welche Gründe veranlassen den Verfasser der Kaisergeschichte und des Palmbuches, ausgerechnet dem Kurfürsten von Baden so sehr zu schmeicheln? Band 5 der Kaisergeschichte klärt diese Frage. Auf Seite IV berichtet Leuchs mit sichtlichem Stolz, daß ihn Karl Friedrich zum kurbadischen Justizrat ernannt hat. Gleichzeitig gibt Leuchs auch die Begründung für diese Auszeichnung an: „Badens ehrwürdiger Fürstengreis, ... der gute und verdienst volle, nicht bloß von Deutschland, sondern auch außer Deutsch land im ganzen gebildeten Europa hochgeachtete Fürst, ist bei seinen vielen übrigen erhabenen Tugenden bekanntlich Ver ehrer und Kenner der Wissenschaften zugleich“. Für den Ver fasser dieser Zeilen stand nunmehr gefühlsmäßig fest: dieser Justizrat Dr. Leuchs ist auch der Urheber der Palmschrift! Sofort kam wieder eine neue Schwierigkeit: Woher soll man für diese bloße Vermutung einwandfreie und unanfechtbare Beweise er bringen? Schätjenswerte Dienste leistete zunächst das von dem Altdorfer Geschichtsprofessor Georg Andreas Will herausge gebene Gelehrtenlexikon. Teil 6 dieses Werkes, bearbeitet von Christian Konrad Nopitsch, erzählt Seite 296 bis 298, Leuchs habe an den Universitäten Altdorf und Göttingen neben Rechts wissenschaft Geschichte, Kameral- und Polizeiwissenschaft stu diert, verschiedene anonyme Schriften herausgegeben und an der Erlanger Zeitung hauptsächlich für das Fach der Geschichte und des deutschen Staatsrechts mitgearbeitet. Professor Ernst Walb hat im vorigen Jahre einen interessanten Vortrag über „Die Reichsidee bei den deutschen Kameralisten“ veröffentlicht (Schmollers Jahrbuch für Gese^gebung, Verwaltung und Volks wirtschaft im Deutschen Reiche. Bd. 65, Heft 6). Darin werden die Kameralisten als grundsätjliche Staatspolitiker im umfassend sten Sinne bezeichnet. Walb sagt, daß die Kameralepoche im leb ten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts flammende Verteidiger der nationalen Ehre und Bekunder der Sehnsucht nach einem nationalen Deutschen Reiche hervorgebracht hat. Trotj der staat lichen Zerrissenheit galt für die Kameralisten das Arndtsche Wort: „Das ganze Deutschland soll es sein“. Zu bedauern sei nur, daß die Kameralisten keine praktischen Vorschläge gemacht haben. An diesem Erbfehler der Kameralisten dürfte auch die Palmschrift kranken. Walb fährt dann also weiter: „Von gerade zu symbolischer Bedeutung ist schließlich die Erschießung des Buchhändlers Johann Philipp Palm. Er hatte bekanntlich die be rühmte Schrift verlegt Deutschland in seiner tiefen Erniedri gung“. Als Verfasser war lange Zeit der Kameralist Julius Graf von Soden vermutet worden. In Wirklichkeit war ein anderer Kameralist, Julius Konrad von Yelin, der Autor. Es zeigt sich somit auch hier, daß der Kameralismus aus diesem Zusammen hang nicht wegzudenken ist“. Professor Walb irrt nur hinsicht lich des Namens; statt Yelin setjen wir eben Leuchs. Leuchs war allerdings nur im Nebenberuf Kameralist, nämlich als Gelehrter und Schriftsteller. Nicht minder schätjenswerte Dienste leisteten dem Palm forscher die Familienchronik der Leuchs und die Selbstbiogra phie unseres Justizrats. Hier ist nahezu die gesamte literarische Tätigkeit dieses unendlich fleißigen Mannes angegeben, mit und ohne Angabe seines Namens bzw. Decknamens „Der Zelant“. Doch fehlt hier die Palmschrift. Leuchs zählte bei der Bearbei tung seines Lebenslaufes bereits 65 Jahre. Darum schrieb er ihn nicht eigenhändig nieder, sondern betraute damit den Schreiber seiner Anwaltskanzlei. Als gewissenhafter Jurist vergaß er frei lich nicht die Echtheit der Niederschrift mit einem Beglaubigungs mittel, nämlich der eigenhändigen Unterschrift zu versehen. Sei nem Alter dürfte es auch zuzuschreiben sein, daß er in dieser Selbstbiographie seine übrigen Decknamen, wie z. B. Aletho- philos, L. in Franken und Germanus L. übersah. Ein weiterer Grund für die Übergehung der Palmschrift in Leuchsens Selbst biographie dürfte auch darin liegen, daß auch noch zwei ver wandte Familien die Familienchronik mit der Selbstbiographie bekamen. Unsere ausgedehnten Studien erbrachten die unerwartet er freuliche Kunde, daß Justizrat Dr. Leuchs in der napoleonischen Zeit für drei Zeitungen den politischen Teil bearbeitet hat. In der Vorrede zum vierten Band der Kaisergeschichte entschuldigt Dr. Leuchs das verspätete Erscheinen dieses Teiles mit dem „Drang von mancherlei Nebenursachen, welche die politische Geschichte des Tages herbeiführte“. Nun wissen wir, woher der Verfasser der Palmschrift sein umfangreiches Wissen auf staats politischem und wirtschaftlichem Gebiete hat. Damit bestätigte sich auch die schon erwähnte Vermutung, der Verfasser der Palmschrift könne nur ein Staatsmann oder ein historisch ge- Nr. 232/233, Donnerstag, den 15. Oktober 1942 215
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