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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.09.1943
- Strukturtyp
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- 1943-09-16
- Erscheinungsdatum
- 16.09.1943
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- Deutsch
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Was wird aus uns nach dem Kriege? Gedanken über den buchhändlerischen Nachwuchs Auf Grund meines Aufsa^es: Und noch einmal: Soldat und Buch (Der Buchhändler im neuen Reich, Heft 3/1943) er hielt ich in den letjten Monaten zu meiner Freude meine Beob achtungen und Erfahrungen zu dem Verhältnis Soldat und Buch bestätigende Briefe von Kameraden der verschiedensten Frontabschnitte. In besagtem Aufsatj streifte ich unter anderem die Zukunftssorgen jener jungen Menschen, die heute zum Teil schon über sechs Jahre der Wehrmacht angehören (ein halbes Jahr Arbeitsdienst, zwei Jahre aktive Militärzeit, vier Jahre Kriegsdienst) und ihren Zivilberuf nach dem Kriege erneut er folgreich ausüben oder ihn überhaupt erst gründlich kennen lernen möchten. Aus den erwähnten Briefen, vor allem aber aus zahlreichen Gesprächen mit Männern meiner Kompanie, wurde mir voll auf klar, daß deren Sorgen um ihre Zukunft nach dem Kriege durchaus verständlich sind. Um eine sinnvolle Berufsbetreuung dieser Kraftgeladenen, früh lebensreif Gewordenen werden wir uns daher ernste Gedanken machen müssen. Meines Erach tens hat insbesondere der Buchhandel Veranlassung, sich mit der angeschnittenen Frage schon jet$t zu beschäftigen, weil er es sich zur gegebenen Zeit bei den erhöhten Aufbauarbeiten, die Deutschland als führender Macht im geeinten europäischen Raum zufallen werden, nicht erlauben kann, auch nur auf einen der heimkehrenden Buchhändler zu verzichten. Im Gegenteil, der Berufsstand wird sich bemühen müssen — wie das mitten im Kriege durch vorsorgliches Handeln des Leiters des Deutschen Buchhandels bereits erfolgreich geschehen ist — ^usätjlich Kräfte zu gewinnen, die bisher nur auf der Plattform des eigentlichen Buchhandels arbeiteten. Im Rahmen dieser Ausführungen, die in dienstfreien Stun den nach tagsüber Körper und Sinne lähmenden Hitjegraden in einem steinigen Stü^punkt am Mittelmeer niedergeschrieben wurden, will ich in der Hauptsache versuchen, unseren Hun derten von jungen Buchhändlern, die das Buch mit dem Schwerte vertauschen mußten, eine sie vielleicht beruhigende Antwort auf die Frage: Was wird aus uns nach dem Kriege? zu geben. Die meisten unserer Jungen sind unmittelbar nach ihrer Lehr zeit oder nach kurzer Berufspraxis in den Krieg hinausgezogen, ohne noch lange Überlegungen über ihr späteres ziviles Fort kommen anstellen zu können. Die soldatischen Pflichten und der Kampf um die Freiheit des Vaterlandes beherrschten nun mehr ihr Leben. Im Laufe der Monate traten dann nach blitj- artigem Niederringen einiger unserer Gegner an anderen Fron ten gewisse Erstarrungen der Linien und damit Zeiten des Wachens und Wartens ein. Die Fachkameraden kamen erst malig wieder zur Selbstbesinnung, und zwar im entwicklungs stärksten Stadium des Menschen, in dem die Jahre schwerer wiegen als im ausgereiften, ausgeglichenen Mannesalter, noch dazu, wenn das Erleben eines Kriegs- oder. Kampfgeschehens die normalerweise harmonisch verlaufene Entwicklung von Körper und Geist tiefgreifend beeinflußt. Unsere jungen Sol daten fühlen, daß sie sich in vielen Tagen und Nächten, zwi schen Leben und Tod stehend, unsagbare Strapazen ertragend — wie sie nur der, der sie selbst durchkostete, verstehen kann — verändert haben. Das eherne Gesety nach dem sie antraten, die unerbittliche soldatische Zucht, formte aus ihnen einen neuen Menschen. Dieser neue Mensch unserer Zeit, gedacht ist hier vor allem an die 18- bis 25jährigen — nicht einen Augen blick kampfesmüde —, wird sich bewußt, daß Deutschland ihn nach für uns siegreicher Beendigung des Krieges genau wi& gegenwärtig, ja beruflich gesehen, noch intensiver benötigt. Durch diese Feststellung ist die Frage: Was wird aus uns nach dem Kriege? bereits grob beantwortet. — Immer wieder höre ich aber auch, daß unsere Kameraden in diesem Zusammenhang folgende und ähnliche Fragen bewegen: Kann der Buchhandel uns und eine noch zu gründende Familie ernähren? Werden wir den beruflichen Anforderungen nach jahrelanger Abwesen- heit gewachsen sein? Die erste Frage ist uneingeschränkt zu bejahen, weil ent sprechende Einsatjmöglichkeiten als angestellter oder selbstän diger Sortimenter, als Verleger, Leihbuchhändler oder ähnliche Verwendungen nach dem Kriege in ausreichendem Maße vor handen sein dürften. Außerdem sind, ebenfalls vom Leiter des Deutschen Buchhandels, Schritte eingeleitet worden, um jeden angestellten Buchhändler die Vergütung zukommen zu lassen, die er nach einer nicht alltäglichen Ausbildung und auf Grund seiner unter Umständen vorbildlichen Leistung verdient hat. Mit dem Begriff „Leistung“ erscheint das Stichwort zur Behandlung der Frage nach den Berufsanforderungen für den Einzelnen nach dem Kriege. Diese müssen bei den Aufgaben, die der Buchhandel zu meistern haben wird, höher denn je geschraubt werden. Das bedeutet für jeden: Eiserne Arbeit an der geistigen Selbstertüchtigung! Nichts in der Welt kann be herrscht werden ohne ein Mühen, das einzelhaft ist! Wenn einer diese Dichterweisheit nicht nur zu beherzigen, sondern in die Tat umzusetjen gelernt hat, dann ist es der deutsche Soldat, für den es ein „unmöglich“ nicht gibt. Ec weiß allerdings auch, daß ein Ziel von ausschlaggebender Bedeutung nicht von heute auf morgen zu erreichen ist, sondern häufig monatelanger, un erhörter Anstrengungen bedarf. Ihm ist auch bekannt, daß er nicht unmittelbar nach der Rekrutenzeit, also der militärischen Grundausbildung, als Gruppen-, Zug- oder gar Kompanie führer eingese^t werden kann, sondern daß er sich für der artige Stellen, vorausgese^t, daß er überhaupt mit Führungs eigenschaften begnadet ist, neben theoretischen Kenntnissen eine Fülle praktischer Erfahrungen — während des Krieges im Feld- und Frontdienst — aneignen muß, seine ganze Kraft erfor dernde Lehrgänge zu durchlaufen und besondere Bewährungs proben abzulegen hat. Genau so oder zumindest ähnlich hat der junge Buchhändler, zur Zeit noch Waffenträger der Na tion, sein berufliches Vorwärtskommen nach dem Kriege zu sehen. Er wird und muß sich darüber im klaren sein, daß er nicht nach Abschluß seiner Lehre — einschließlich des Besuchs der Reichsschule des Deutschen Buchhandels, der bestandenen Gehilfenprüfung und der evtl. Teilnahme an Lehrgängen der Deutschen Buchhändler-Lehranstalt oder des Seminars für Buch handelsbetriebslehre — wonach er dann für Jahre dem Beruf fernblieb, etwa ohne weiteres den Posten eines ersten Gehilfen im Sortiment, eines Abteilungsleiters im Verlag oder gar eines selbständigen Buchhändlers bekleiden kann. Hierzu sind, im Vergleich mit den soldatischen Dienstgraden, überdurchschnitt liches Wissen und praktisches Können notwendig und somit ziel bewußtes Arbeiten am eigenen Ich, das sich dann für die Be rufs- und Volksgemeinschaft auszuwirken hat. Diese, für das Ansehen und die Aufgaben des Buchhandels unabdingbare Lei stungsforderung mag manchem Kameraden hart erscheinen. Ihre Durchführung wird ihm zur gegebenen Zeit auch vorüber gehende psychologische Hemmungen auferlegen, weil er als Sol dat vielleicht selber Befehlsgeber war, Entscheidung und Ver antwortung in seiner Hand lagen und außergewöhnliches Han deln ihm in dem einen oder anderen Falle höhere Auszeich nungen einbrachten. Der junge Buchhändler solcher Prägung soll sich nun erneut’ auf die Schulbank set$en! Das ist zweifel los schwer. Er muß sich, wie so oft im Soldatenleben, erneut umstellen, diesmal grundlegend! Er, auf befehlen, aber auch auf gehorchen eingespielt, wird es gern tun, weil er sich bewußt ist, daß es jet}t um den sinnvollen Aufbau seines ganzen zukünf tigen Lebens geht. In diesem Zusammenhang ist mir ein Hin weis wichtig: Es müssen diejenigen, denen sich die Heimkeh renden zur intensiven Weiterbildung anvertrauen, die Mühe aufbringen, ihnen mit psychologischem Verständnis, gepaart mit Klarheit und Bestimmtheit — Begriffe, die dem Soldaten eigen sind — gegenübertreten. Für die Standesführung dürfte das Börsenbl. f. d. Dt. Buchh. Nr. 144, Donnerstag, den 16. September 1943 161
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