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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1923
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- 1923-03-01
- Erscheinungsdatum
- 01.03.1923
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Redaktioneller Teil. X? öl, I. März 1923. Wirtschaftler weiß, daß Zahlen gar nichts besagen, heute weni ger denn je; jeder Wirtschaftler weiß, daß alle Werte relativ sind, und daß Zahlenangaben heute so gut wie gar keinen Wert haben. Nur für den Juristen scheint die Absolutheit der Zahl auch heute noch in Geltung zu sein. Wie anders soll man sich den Ausspruch des Gerichts erklären, daß der -Angeklagte« sich aus der außerordentlichen Höh« seines Reingewinns sagen mußte, datz er aus Kosten des Publikums Gewinne erziele, die er nicht erzielen durfte?! propos -durfte«: warum »dürfen« denn Aktiengesellschaften eine Dividende von 50?? und einen »Bonus« — lies: weitere Dividende — von nochmals 50?? verteilen?! Wo liegt das Kriterium für dieses -Dürfen«? Etwa im Urteil unserer Juristen? Etwa auch im Urteil solcher Juristen, die von jeder Sach- und Fachkenntnis des Wirtschaftslebens unbeschwert das Wirtschaftsleben meistern und die Ehre von Kaufleuten be urteilen wollen? Daß es auch solche Juristen in Deutschland gibt, wird Wohl niemand bezweifeln.) Der oben zitierte Satz scheint tatsächlich den Kernpunkt des Urteils zu bilden. Das Gericht hat also als subjektiv und objek tiv erwiesen angenommen, daß ein übermäßiger Preis gefordert worden sei; dies hätte der betreffend« Sortimenter aus der »außerordentlichen Höhe seines Reingewinns« erkennen müssen. Es wäre interessant, di« subjektiven und objektiven Btaßstäb« zu kennen, nach denen Staatsanwalt und Richter den Jahres reingewinn von 448671 Mk. als einen außerordentlich hohen bezeichnen zu können glaubten. Als subjektiver Maßstab könnte wohl — Wenn man von ganz unbestimmbaren Gefühlsregungen absieht — nur ein Vergleich dieses Reingewinnes mit dem eige nen Gehalt der Richter in Frage kommen. Eine Nachprüfung die ser Seite der Sach« ergibt, datz bereits am 1. Oktober 1922 das Anfangseinkommen in Besoldungsgruppe 10 (hier: Regierungs rat, verheiratet, mit zwei Kindern, Ortsklasse ä) 424128 Mk. pro Jahr betrug. Dieses Einkommen hat sich natürlich bis zum Ende des Jahres 1922 noch ganz erheblich erhöht, da erst nachher große Preissteigerungen erfolgten. Der besagte subjektive Maß slab hätte also die Gerichtsbeamten davon überzeugen müssen, daß das von ihnen als außerordentlich hoch bezeichnet« Einkom men des Sortimenters hinter ihrem eigenen zurückblieb. Es ist möglich, daß dies für angemessen gehalten wurde; dann hätte man es sagen sollen. Das Unberechtigte dieses Vergleichsmatz- stabes hätte dann bald erwiesen werden können. Wahrscheinlich aber hat zu dem grundlegend wichtigen Aus spruch des Gerichts über die außerordentliche Höhe des Reinge winnes ein Sachverständigengutachten beigetragen, denn die Zei tung berichtet, nachdem sie die Höhe des Reingewinns mitgeteilt hat: Buchhändler . . . hielt diesen Reingewinn für zu hoch, seine Firma begnüg« sich mit einem Nettoreingewinn von 10 bis 12^. Ich habe als Nicht-Buchhändler kein Urteil darüber, ob einer dieser beiden Prozentsätze von 271/2??, bzw. 10—12"/ dem durch schnittlich in Sortimenten heute erzielten Reingewinn näher kommt als der andere"). Folgendes jedoch kann ich sagen: Wahr scheinlich sind die prozentualen Gewinnsätze im Buchhandel heute ebenso verschieden wie in jeder anderen Branche, sodaß die Be rechnung eines Durchschnittes praktisch gar keinen Vergleichswert hat und kein Urteil darüber begründen kann, ob ein oberhalb des Durchschnittes liegender Gewinn als -zu hoch« angesprochen wer den kann. Von einem Durchschnitt, der auch vom juristischen Standpunkte aus als »normal« gelten könnt«, müßte man zumin dest verlangen, daß er aus solchen Einzelangaben errechnet sei, die alle unter den gleichen Bedingungen ermittelt worden sind. Nun weiß aber jeder, der dem Wirtschaftsleben nicht völlig fremd gegenübersteht, daß eine Gewinnermittlung nach gleichen Grund sätzen für verschiedene Firmen heute ein Ding der Unmöglichkeit ist. Di« Begründung für diese meine Behauptung ist in der Lite ratur enthalten, die uns in den letzten Jahren über das Thema Bilanz und schwankender Geldwert« beschieden wurde, und die ich selbst in meiner bescheidenen Bibliothek nicht mehr nach ihrem Gehalt, sondern nach ihrem Volumen in Knbikmatzen messe! ") Statt 27'/./, ist, wie bereits bemerkt, vermutlich 17)4°/ (unter Reduzierung des Umsatzes von Sk auf 2,8 Millionen s???j Mk.) cinzu- sctzen. Dann ist der Unterschied gar nicht mehr so groß. Red. 2b4 Mir scheint also hiernach der objektiv« Maßstab des Gerichts für seine Beurteilung des Reingewinns als eines außerordentlich hohen ebensowenig sicher fundiert zu sein wie der subjektive. Dabei ist aber noch ein weiterer Punkt zu beachten. Wenn wir als richtig unterstellen, daß Pas Gericht zu seinem Stand punkt von der außerordentlichen Höhe des Reingewinnes durch einen Vergleich des vom -Angeklagten« mit und vom Sachverständigen mit 10 bis 12"/ angegebenen Gewinnsatzes ge kommen ist, so scheint nach dem Zeitungsbericht jeder Beweis sür die Behauptung des Gerichts dafür zu fehlen, daß -der Ange klagte auf K 0 sten des Publikums Gewinn« erzielt habe, die er nicht erzielen durste«. Hat das Gericht einwandfrei ge prüft, ob der von dem verurteilten Sortimenter erzielte Gewinn deshalb ein höherer war als der des Sachverständigen, weil er ihn auf Kosten des Publikums erzielte? Man kann schon in nor malen Zeiten auch durch bessere Organisation, billigere Hilfs kräfte und alle möglichen Unkostenverminderungen «inen höheren Gewinn als ein anderer Kaufmann der gleichen Branche haben. Immerhin will ich zugeben, daß der dadurch erzielte Mehr gewinn, der wahrlich nicht -auf Kosten des Publikums« ginge, Wohl nur in den seltensten Fällen 100N betragen wird, wie das hier der Fall ist (10 bis 125? gegenüber 27"/)"). Aber in heutigen Zeiten besagt ein solcher Vergleich zweier prozentualer Ge- hohcm« Gewinn in Zeiten der Geldentwertung llberharcht nicht gesprochen werden kann. Denn in heutigen Zeiten besagt auch jede einzelne Gewinnberechnung gar nichts (siehe oben und sieh« ferner nur einige Kubikdezimeter der Literatur über -Bilanz und Geldentwertung»). Einem geübten Buchhalter und Bilanz- sachmann wird nachgesagt, er habe sich anheischig gemacht, aus denselben Unterlagen sowohl den Bankrott wie auch ein« Divi dendenausschüttung von 50N herauszukonstruieren, ganz wie es von der betreffenden Firma (vorzugsweise Akt.-Ges. mit fabrika torischen Anlagen) gewünscht wird. Dieses Histörchen beleuchtet schlagend die heutige Wirtschaftslage: Zahlen und Bewertungeu sind fast wertlos, der Kaufmann kann nur fühlen, aber nicht er rechnen, ob er «in gutes oder schlechtes Jahr hinter sich gebracht hat. Unter diesen Verhältnissen, die jedem ernsthaften Wirtschaft ler Schwindel verursachen, ist es natürlich leicht möglich, datz die Berechnungen zweier Firmen der gleichen Branche in der selben Stadt ganz verschiedene Gewinnziffern und prozentuale Gewinnsätze ergeben. Aus der Vergleichung beider Gewinnsätze aber kann nicht aus zu hohen oder normalen oder zu niedrigen Gewinn der einen oder anderen Firma geschlossen werden. Ich habe im vorliegenden Fall nicht das geringste Urteil darüber, ob die Bilanz mit dem hohen Geivinnsatz zu günstig oder die andere zu ungünstig oder ob sie beide richtig sind. Aber ich glaube sagen zu können, daß das Gericht darüber auch kein Urteil gehabt hat! Und darum ist seine darauf basierte Verurtei lung unzureichend basiert und nach meiner Ansicht haltlos. Nun seien aber noch einige Äußerungen des Vorsitzenden im Frankfurter Prozesse, eines Amtsgerichtsrats, angeführt, die für die dort und in manchen anderen Kreisen des Publikums und der breiteren Öffentlichkeit dem Buchhandel gegenüber herrschende Stimmung typisch sein dürften. Der Vorsitzende äußerte z. B.: »Der Grundpreis ist doch eine ziemlich willkürlich sestgelegt« Zahl?« Ich weiß nicht, ob ihm eine wirklich aufklärend« Ant wort erteilt werden konnte. Darum sollte in Buchhändlerkreisen öfter wiederholt werden, daß der Grundpreis keine willkürlich festgesetzte Phantasiezahl ist, sondern daß er erstmalig errechnet wird auf Grund der wirklichen Papiermarkgestehungskosten. Diese Gestehungskosten werden durch die jeweils gültige Schlüs selzahl dividiert; der Quotient ist dann die Grundzahl, (Sie hat also nichts mit Friedenspreisen, Goldmarkpreisen oder ähnlichem zu tun,) Diese Tatsache muß jedem Buchhändler bekannt sein, um einer irrtümlichen Ausfassung, wie sie dem Vorsitzenden im Frank furter Prozesse eigen gewesen zu sein scheint, sofort entgegen treten zu können. Ebenso muß jeder Buchhändler erklären kön nen, daß die Schlüsselzahl vom Börsenverein derart festgesetzt. "i Das trlsst, wie schon erwähnt, nicht zu. Red
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