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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.04.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-04-18
- Erscheinungsdatum
- 18.04.1913
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- Deutsch
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- Saxonica
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88, 18, April 1913, Redaktioneller Teil. lichen Arbeiten, wie die wahren Stöße von unbezahlten Buch händler- und Leihbibliotheken-Rechnungen bewiesen. Unter all ihrer Lektüre fand sich nur ein einziger Kriminalroman, und zwar war es eins jener vielen mit besonderen kriminalistischen Spitzfindigkeiten gespickten Bücher des Münchener Schriftstellers Theo von Blankensee, dessen hervorragende Technik und blühende Phantasie verwundern mutz und der einmal in geradezu hellseherischer Weise die tollkühne Flucht eines Raubmörders L la Hennig in einem Roman vor der Hennigtat verarbeitete. Das .Allgemeine Deutsche Fahndungsblatt., das eine andere Hochstaplerin abonniert hatte, um alle ihre Person und ihre Bekannten betreffenden amtlichen Bekanntmachungen herausschneiden und sammeln zu können, ist natürlich in den Kreisen der Verbrecher und Verbrecherinnen eine seltene Lek türe, Alle andern Werke mit Bezug auf dar Verbrechertum finden dagegen leichter ihren Weg in die Hände der Ver brecherinnen, Auch die durch die Art ihrer Hinrichtung weltbekannt gewordene Grethe Beier, die selbst zur Hauptfigur eines Schmarren von Roman geworden ist, war eine fleißige Leserin, Ihre Lektüre bildete in den ersten Mädchenjahren die gewöhnliche Töchterliteratur, Später kamen Gesellschafts- romane hinzu. Nur ab und zu las sie die Schilderungen, Kriminalromane und Rinnsteingeschichten des Berliner Schrift stellers Hans Hyan, Romane von Heinrich Lee, Arthur Zapp und Dietrich Theben, dessen Roman »Menschenhasser« ihre letzte Lektüre im Elternhause gewesen sein soll. Die mit den Verbrechern geistesverwandten und sehr häufig alliierten Lohndirnen find fast durchweg ebenfalls eifrige Leserinnen, und manch eine versucht sich seit dem Er scheinen des .Tagebuchs einer Verlorenen, mit ähnlichen Produkten oder mit Rinnsteingedichten. Das Böhmesche Tage buch findet man sehr häufig im Besitze von Dirnen, meist Wohl nur, weil es ihrer Eitelkeit etwas schmeichelt. Sonst besteht die Lektüre der Dirnen vorwiegend aus Romanen, die die Leihbibliotheken liefern. Hin und wieder trifft man bei ihnen auch gute Sachen, Diese jedoch nur bet Prostituierten, die noch nicht jeden sittlichen Halt verloren haben. Sonst ist ihre Lektüre leicht wie ihr Leben, An diesen angezogenen und beliebig erweiterungsfähigen Beispielen können wir also erkennen, daß in der Verbrecher welt der Geschmack hinsichtlich des Lesestoffes genau so ver schieden ist wie im gewöhnlichen Leben und daß es durch aus nicht zu den Tatsachen gehört, daß die Schundliteratur ständige Begleiterin der Gauner, Diebe usw, ist. Die Lektüre der Verbrecher ist so vielseitig, wie die Verbrecher selbst viel seitig sind. Gute Romane llberwtegen bei den weiblichen Verbrechern unter den gelesenen Büchern, In den ungebildeten Verbrecherkreisen finden wir die eigentliche Schundliteratur aber auch nicht. Diese Sorte Menschen liest überhaupt nicht oder nur sehr selten. In den Kreisen der intelligenten modernen Verbrecher herrscht das belehrende und vor allem das in krimineller Beziehung weiterbildende und den Ver brechern Nutzen bringende Fachwerk vor. Alles in allem genommen spricht die ausgefundene Lektüre der Verbrecher nicht sehr für die übereifrigen Schundliteratur - Bekämpfer, Was würden jene Kreise übrigens dazu sagen, wenn sie unter den Papieren eines Schwerverbrechers außer teuren Fachwerken der Stahlindustrie nur wirklich hervorragende Rom ane und wissen schaftliche Lehrbücher fänden? Und was, wenn sie bei einer Lohndirne der untersten Sorte von Berlin 8, neben dem (wenn auch wahrscheinlich unbenutzten) Gesangbuch, einer Schwarte über die Wahrsagekunst und einer Unzahl billiger, aber nicht gefährlicher Romane Bebels Frau erblicken würden? Ich bin überzeugt, für die erste halbe Stunde wären die allzu eifrigen Herrschaften sozusagen Platt, Und doch sieht es in der Ver brecherwelt sehr, sehr häufig so aus, ausgenommen natürlich bei jenen ungebildeten und meist brutalen Verbrechern, die nicht zum kleinsten Teile zu den Alphabetunkundigen oder zu jenen Menschen zu rechnen sind, die ihren Namen kaum zu schreiben vermögen. Die Frage nach der Lektüre der modernen Verbrecher ist aber auf jeden Fall so interessant und für den Psychiater von so großem Werte, daß nach dieser Richtung hin eingehende Studien und Beobachtungen angestellt werden sollten; denn in einem Zeitungsartikel ist dieses Thema nicht erschöpfend genug zu behandeln. Wettbewerb im Buchhandel. i. Der ausgeprägte Konkurrenzkampf des heutigen Erwerbs lebens führt in manchen Fällen zu Ausschreitungen und Über treibungen, die im Interesse einer gesunden allseitigen Entwick lung und eines gewissen geschäftlichen Anstandes nicht geduldet werden können. Die Zahl der aus solchen Vorkommnissen sich ergebenden Rechtsstreitigkeiten wird von Jahr zu Jahr größer, und schon hat sich durch eine im wesentlichen gesunde Recht sprechung des Reichsgerichts eine Praxis entwickelt, deren Grund sätze im allgemeinen gebilligt werden müssen, wenn auch ihre Anwendung im einzelnen mitunter zu berechtigten Zweifeln An laß geben kann. Diese werden aber gewöhnlich mehr einer Ver kennung des Sachverhalts oder einer nicht ganz korrekten In- formation ihre Entstehung verdanken. Abgesehen von der unlauteren Reklame in ihren verschie denen Spielarten sind es besonders die schweren Kampfmittel, wie Streike, Boykotte, Aussperrungen usw,, die wegen ihrer oft schwerwiegenden Folgen zur richterlichen Beurteilung gelangen. Glücklicherweise hat im Buchhandel der maßlos wütende Kon kurrenzkampf noch nicht die Formen angenommen, die sich in anderen Branchen beobachten lassen. Immerhin hat das Reichs gericht sich wiederholt auch mit buchhändlerischen Organisations fragen zu beschäftigen gehabt, und die Zwangsmittel, die unsere Organisation gegen einzelne Unbotmäßige zur Anwendung ge bracht hat, Ausschluß und Sperre, einer Prüfung unterzogen. Es ist nicht meine Absicht, die Streitfragen, die sich an diese Urteile knüpfen, wieder aufzurollen und die Gedankengänge der Urteile einer nochmaligen Kritik zu unterziehen. Wer aber diese Fragen mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, wird mit Interesse die Anfrage der Firma Quelle L Meyer im Börsenblatt gelesen haben, die von einem Streit mit einem Leipziger Grossogeschäft berichtet. Die Firma Quelle L Meyer hatte einem Auchbuchhändler nicht mehr geliefert, auch der Leipziger Grossofirma ein Verbot wei terer Lieferungen ihrer Verlagserzeugnisse auferlegt, und zwar war dieser Schritt auf Veranlassung eines regulären Sortiments erfolgt, das durch die Konkurrenz des Quafisortiments bedroht war. Der betroffene angebliche Nebenbeibuchhändler will sich nun, gestützt durch das Leipziger Grossogeschäft, diese Maßregel nicht gefallen lassen und droht mit Abgabe der Angelegenheit an den Rechtsanwalt, falls die »Sperre« nicht unverzüglich aufge hoben werde. Will man einen solchen Vorgang überhaupt »Sperre« nennen, so folgt daraus noch keineswegs, daß diese »Sperre« unberechtigt und verboten wäre oder ihre Aushebung zwangsweise mit Hilfe der Gerichte durchgefetzt werden könnte. Nicht jede Sperre ist verboten. Es gibt manche erlaubte und nützliche Sperre. Und wie so oft, wenn zutreffende Gründe fehlen, zeigt sich auch hier die wenig erfreuliche Erscheinung, daß bei so mancher Gelegenheit mit dem Rechtsanwalt gedroht wird, wo eine kurze Anfrage, ja eine einfache eigene Überlegung klar erkennen lassen müßte, daß gerichtliche Schritte in solchem Falle völlig aussichtslos sind. Anders ist es denn auch hier nicht, was für den vorliegenden Fall noch kurz begründet sei. Zunächst sei darauf hingewiesen, daß die Maßnahmen, die der geschäftliche Wettbewerb größeren Stils kennt, wie Streike, Boykotte, Sperren, Verrusserklärungen, eine spezielle gesetzliche Regelung nicht gefunden haben. Soweit derartige Vorgänge bisher den Gegenstand richterlicher Nachprüfung bildeten, könnten sic mir unter dem Gesichtspunkt des ß 826 BGB. betrachtet werden, der ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln als unzu lässig und zum Schadenersatz verpflichtend erklärt. Es muß sich also bet der betreffenden Handlungsweise immer um einen Ver stoß gegen die guten Sitten handeln. Daß ein solcher Verstoß hier nicht vorliegt, wenn ein Verleger das ordnungsmäßige Sor timent stützen und deshalb die rabattierte Lieferung an Auch-
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