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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.08.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-08-21
- Erscheinungsdatum
- 21.08.1930
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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1S3, 21. August 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. besuchten Kneipe einer nahen Seitengasse trafen, dann brauchte dem Wirt um ein gutes Geschäft nicht bange sein, das Augenbltcksbrettl zog genug andere Gäste an. In der verkehrsreichen Gegend unseres Betriebes konnte man allerlei erleben. Eines Abends spät ging'ich aus unserer »Gesell schaft der Namenlosen« über den Bahnhossplatz zufrieden und in fro her Stimmung heim, aber der Glücksgaul liebt das Ausschlagen, sagen die Letten. Plötzlich durchbrach eine Gruppe der vielen in Bern wei lenden italienischen Arbeiter durch eine heftige Fehde die fast feier liche Stille und geriet in überlaute neapolitanische Hitze. Tobend stürzte einer der Streitenden nieder, wie sich später ergab, durch einen Messerstich und ein anderer, vermutlich der Übeltäter, suchte sich durch Flucht und zwar in meine Richtung zu retten. Ein Schuß! und ich hörte die Kugel so dicht an meinem linken Ohr vorbeisaufen, daß ich erschrocken an den Kopf griff und nach Feststellung seiner Unverletzt- heit mich aufs höchste beeilte, ihn, als für die Zukunft nun doch einmal unentbehrlich, noch rechtzeitig nach Hause in Sicherheit zu bringen. — Die Gesellschaft der Namenlosen war eine Gründung des humor vollen und geistreichen Pharmazeuten Tschirch aus Guben, der in der Staatsapotheke tätig war und heute als Professor der Universität Bern und als eine Leuchte der Wissenschaft im ganzen Buchhandel bekannt sein dürfte. Er hat ihrer in seinen Lebenserinnerungen unter dem Titel Erlebtes und Erstrebtes (Cohen, Bonn) gedacht und dabei auch kurz meiner Person. Der Kreis umfaßte Buchhändler, Kaufleute, Architekten, Juristen, Apotheker und Medizinstudenten, und es ging zu wie in der Geselligen Vereinigung Leipziger Buchhändler. Neben fröhlichem Betrieb wurden sorgfältig vorbereitete Vorträge gehalten und zu Weihnachten nach heimatlichem Brauch der gerüstete Tannen baum errichtet. Besonders wertvoll war, daß sich zu Ausflügen in die Alpen immer einige Teilnehmer fanden. Während meines mehr jährigen Aufenthalts in der schweizerischen Bundeshauptstadt hatten die Ausflüge ins Berner Oberland besondere Bedeutung. Sie waren mit ganz anderen Mühen verknüpft als heute, zur Zeit der Vergnü gungsfahrten auf der Jungfraubahn mitten in die Gebiete des ewigen Schnees und der unendlichen Eisfelder. Von den Eisenbahnen nach Grindelwald, nach Lauterbrunnen und über die Wengernalp war da mals noch nicht die Rede. So galt es für alle, die zwar eindringlich kennen lernten, daß der Mammon Macht ist und das Schicksal bedeu tet, denen er aber nur in kleinen Ausmaß zugängig war, die wichtigen Aufstiegspunkte von Jnterlaken aus zu Fuß zu erreichen. Die stunden langen aufsteigenden Märsche kosteten viel Schweiß, und wem es an Ausdauer gebrach, der blieb wie ein Kreuzritter erfolglos liegen und mußte sehen, wie er wieder zu seinem Ausgangspunkt gelangte. — Engländer und sonstige »gut verproviantierte« Vergnügungsreisende fuhren in bequemen Kutschen vorüber, oftmals dicke Wolken von Staub zurücklassend, die manch heiliges Donnerwetter verursachten, wobei namentlich ein lieber Kamerad, ein rheinischer akademischer Bürger, surch die Komik seiner Zornesausbrüche neues Marschtempo zu ent fachen wußte. — Die Freude an der großartigen Erhabenheit der Alpenwelt wurde sehr beeinträchtigt durch den Anblick schwächlicher Alter, dürftiger Frauen und Kinder, die sich wahrhaft im Schweiße ihres Angesichts quälten, die Reisewagen von Grindelwald über Zweilutschinen nach Lauterbrunnen (etwa 15 Kilometer) oder umge kehrt zu schleppen. Während dieser martervollen Arbeit benutzten die Reisenden die ausgespannten Pferde zu bequemem Ritt über die Wengernalp, um dann wieder in den zur Stelle geschafften Wagen Platz zu nehmen. Zeit durfte also bei der Beförderung der Gefährte nicht verloren werden, und wir jungen Wanderer haben trotz aller Müdig keit und Abspannung des öfteren hilfreich zugegrifsen und in dem heißen Dank der armen Schlepper reichlichen Lohn geerntet. So ließe sich noch gar manches erzählen, aber die Geduld der Schriftleitung und besonders der Leser des Börsenblattes darf auch in der Sauregurkcnzeit nicht überspannt werden und deshalb sei nur noch ein späteres, ein kleines Düsseldorfer Vorkommnis vermerkt, dessen ein Freund sei., bekanntes Mitglied des Leipziger Stadt theaters in seinem Heldensang zu meinem 50. Geburtstag wie folgt gedachte, und zwar direkt im Anschluß an den Hauptbuch-Tintenklecks: ». . . aber er wurde doch ,junger Mann' und bekam einst n andern Prinzipal — er mußte zum Rheine hin wandern. Er traf dort ein — markierte den flotten Schwerenöter u. mit Hellen Handschuhen bewaffnet, ging er ins Haus des neuen Chefs sich vor zustellen. Auf der Treppe kommt ihm eine nette, hübsche Person entgegen In flottem Waschkleidchen, und sofort geht er verwegen Und schneidig auf sie los zur Attacke Indem er sie wohlwollend kneift in die rosige Backe Und fragt: ,Na — ist der Alte in seinem Kontor?' ,Jawohl — mein Mann ist zu Hause!' tönt an sein Ohr Die Stimme der Waschkleid Bekleid'ten — Und er starrt mit einem Gesicht — einem nicht sehr gescheiten — Auf die backengeknissene Dame und sagt: ,AH — die Frau Gemahlin, Dann sind Sie wohl auch die von mir zu verehrende Prinzipalin — Und — eh — ich — eh — bitte nicht weiter zu grollen, Ich — eh — habe Ihnen nur ein bißchen Freude machen wollen!'« Die Gnädige hat dann auch die Sache nicht so tragisch genommen, wenigstens wurde von dem Brotherrn nie etwas ermähnt. Und sie selbst ließ auch ob der unverhofften Huldigung weiter keinen Groll erkennen. — CarlZiegenhirt. Ous ZuLÜljsULßerllucjl. Lanäbueb kür Luebclruokor und vervvLnäts klsslren, 8tutt§art 1930. Oeb. 32.— lAarlr. Die Zeit der Alleswisser und Alleskönner ist vorbei. Wenn unsere Vorfahren Setzer, Trucker, Buchbinder und Buchhändler in einer Person waren, so wollen wir uns heute damit begnügen, daß jeder in seinem eng begrenzten Betätigungsfeld Tüchtiges leistet. Tie Spezialisierung und Arbeitsteilung hat in der Nachkriegszeit in den buchgewerblich-graphischcn Industrien außerordentliche Fort schritte gemacht. Zu den altüberlieferten Sparten der Setzer, Drucker, Stereotypeure und Schristgießer sind neue Berussgruppen gekommen. Man braucht nur an das vielseitige und komplizierte Gebiet der modernen Jllustrationsverfahren und in Verbindung damit der Reproduktionstechniken zu denken, um auch hier die Unmöglichkeit einer universellen Betätigung des Einzelnen im Druckgewerbe an zudeuten. Die Spezialisierung, die sich in den technischen und kaufmännischen Betrieben unserer Druckereien mehr und mehr geltend macht, findet auch in der buchgewerblichen Fachliteratur ihren Ausdruck. Der Offset, die Setzmaschine, die Zeitschriften- und Buchherstellung, dann wiederum die bnchgemerbliche Betriebsführung, das Schriftschreiben, die Lehrlingsausbildung und dergleichen Spezialgebiete mehr, alles wird in dünnen Heften wie in dickleibigen Lehrbüchern gesondert behandelt. Welche Fülle von buchgewerblicher Fachliteratur fördern nicht auch die Historiker zutage? An einem zusammenfassenden Werk fehlte es in der bnchgewerblichen Fachliteratur allerdings. Die bewußte Lücke will das »Buchdruckerbuch« von I. Baß ausfüllen! Man geht an den dicken Band, der über 900 Seiten im Format 10,5X25,3 ein umsaßt, zunächst mit einigem Mißtrauen heran. Eine fast beängstigende Lektüre in unserer hastigen Zeit. 77 Kapitel reihen sich eng aneinander, und vom seligen Gutenberg angefangen führt der Weg über alle Klippen buchgewerblichen Wissens und Könnens hinweg bis zur Normung im graphischen Gewerbe. verweilt, dann faßt man sich an den Kopf: das alles soll ich lesen und mit der gleichen Gründlichkeit durchstudieren, mit der es offen bar geschrieben ist? Den meisten wird es ähnlich gehen wie dem Rezensenten: man wählt sich die Kapitel aus, zu denen man aus Neigung und Beruf sich besonders hingezogen fühlt. Mich hat be sonders das Kapitel »Werbung des Buchdruckers« interessiert, und ich gestehe gern, ans diesen wenigen Seiten mancherlei Anregungen gewonnen zu haben. Vertrauen darf man dem Buche in jeder Disziplin schenken, denn es haben an die 50 Fachleute mitgewirkt, die durchweg in ihrem Sondergebiet als Kapazität gelten. Manches erscheint etwas zu weitläufig behandelt, so die Kapitel über Setz maschinen, über die Zurichtung und über die Stereotypie und Gal vanoplastik. Aber die Hauptsache ist doch, daß jeder einzelne Mit arbeiter sein Thema mit bemerkenswerter Gründlichkeit und Sach kunde behandelt hat. Auch der Stil ist bei aller Verschiedenheit und Differenziertheit der Autoren und ihrer Problemstellungen sehr ein heitlich. Wenn das stattliche Werk in erster Linie für Buchdrucker und verwandte Berufe bestimmt ist, so findet doch auch der Buchhändler, der sich eingehender über buchgewerbliche Techniken unterrichten will, in I. Baß' Buchdruckerbuch ein zuverlässiges Lehr- und Hilfsbuch. Hier ist die Vielseitigkeit des Inhalts ganz willkommen: dem Buch händler ersetzt das Werk eine ganze Bibliothek von Spezialfach büchern. Bei der Ausstattung des Einbandes ist der Herausgeber an scheinend nicht gut beraten worden oder er hat — wie es oft ge schieht — am letzten, wenngleich am verkehrten Ende gespart. Der dunkelblaue Leinennmschlag hätte schon etwas freundlicheres Ge präge erbalten können als es durch das altmodische Bnchdrncker- wappen und den nüchternen Schriftansdrnck auf dem Rücken geschehen ist. Schade: bei solcher unerschöpflichen Fülle und Gediegenheit des Inhaltes hätte man auch etwas fiir die äußere Aufmachung tun können. Das Buch wendet sich doch an Kreise, die sich auf Aus stattungsfragen verstehen! Eule. 797
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