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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.09.1930
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- 1930-09-16
- Erscheinungsdatum
- 16.09.1930
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- Deutsch
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X? 215, IE. September 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d.Dtschn. Buchhandel. nach sich zieht. Eine gewisse Erleichterung vermochte die fort schreitende Verflüssigung der Kreditmärkte zu verschossen. Die Senkung des Kapitalzinses ist aber noch nicht wett genug sortge- schritten, um genügend neue Planungen rentabel erscheinen zu lassen. Eine besondere Erschwerung sllr die Kapitalversorgung bildet die Vertrauenskrisis, die sich im Zusammenhang mit der politischen Entwicklung ergeben hat. Die von der Reichsregicrung beabsichtigte Finanzreform kann wesentlich dazu beitragen, das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen. Nach den zur Zeit vorliegenden objektiven Gegebenheiten der Konjunktur jedoch wird sich die mit dem Herbst etnsetzende saisonmäßige Zunahme der Arbeitslosigkeit voraussichtlich in voller Höhe auf dem Arbeits markt auswirken. Der Konjunkturrückgang, der seit Herbst 1SLS der internationalen Konjunkturentwicklung ein bemerkenswert ein heitliches Gepräge verleiht, hat sich in den letzten Monaten weiter verschärft. Auch die Zahl der Länder mit rückläufiger Konjunk turtendenz hat sich vermehrt. Von den wenigen Ländern, die noch tn der ersten Jahreshälfte als »Konjunkturinseln« von der depressiven Strömung kaum berührt wurden, sind nunmehr auch Schweden, Chile und Neuseeland von der Abschwungsbewegung ersaßt worden. Abgesehen von Frankreich, dessen Produktion trotz Beeinträchtigung des Exports aus unverändert hohem Stande verharrt, sowie Dänemark, Irland und Norwegen, wo noch immer Aufschwungssymptome vorherrschen, befinden sich alle In die Welt wirtschaft verflochtenen kapitalistischen Länder in einem mehr oder weniger starken Konjunkturrückgang. Anzeichen eines nahe bevorstehenden oder bereits vollzogenen Tendenzumschwungs zei gen sich bisher in keinem Lande; eine große Zahl der weltwirt schaftlich wichtigen Länder hat offenbar den Tiefpunkt der wirt schaftlichen Rückgangsbewegung noch nicht erreicht. Die tn den ersten Jahren nach der Stabilisierung beobachtete Gegenläufigkeit von Ausfuhr und Jnlandsabsatz wird man nicht auf die gegen wärtige Lage übertragen können. Aufrechterhaltung der Ausfuhr setzt voraus, daß es der Industrie möglich ist, erhebliche Zuge ständnisse hinsichtlich der Absatzbedingungen zu machen. Es wirb also viel davon abhängen, ob es gelingt, in der Preisgestaltung einen Vorsprung vor dem Ausland zu erzielen. Der Index der Durchschnittswerte sllr die Ferttgwarenaussuhr ist gegen 1928 nur um etwas mehr als 8 Prozent gesunken. Zwar ist es wahr scheinlich, daß der wirkliche Preisrückgang über diese Zisfer hin ausgeht, da die Ausfuhrwerte bei einzelnen Warengruppen, ins besondere Maschinen, elektrotechnischen Erzeugnissen u. a. m., durch Qualitätserhöhungen beeinflußt zu sein scheinen. Wenn es immerhin möglich war, die ausgeftthrten Waren trotz erheb licher Absatzschwierigkeiten »bisher zu verhältnismäßig annehm baren Preisen« <?) abzusetzen, so liegt der Schluß nabe, daß von einer weiteren Preissenkung auch sllr die Zukunft noch eine ver hältnismäßig günstige Gestaltung der Ausfuhr erhofft werden kann. Mit zunehmender Erschwerung der Marktlage in anderen Ländern wird die deutsche Wirtschaft In Zukunst die Konkurrenz des Auslands auch auf dem Jnlanbsmarkt in wachsendem Maß zu spüren bekommen. Aus einzelnen Gebieten, z. B. Leder, lassen sich bereits Anzeichen eines verschärften Wettbewerbs um den Jnlandsmarkt erkennen. Nachdem der Jnstitutsbericht dann die Fragen der Außenhan delsbilanz noch in einigen weiteren Punkten beleuchtet hat, fährt er fort: Die Durchführung der geplanten Reform der Finanzen könne wesentlich zur Gesundung der Wirtschaft beitragen. Der öffentliche Haushalt, der rund 30 Prozent des Volkseinkommens aufnimmt und 53 Prozent des Volkseinkommens beeinflußt, ist nicht mehr wie früher von den Konjunkturschwankungen unab hängig. Gegenwärtig wachsen die konjunkturbedingten Aus gaben infolge der Depression, während die Steuereinnahmen zurückgehen. In Zukunft wird es sich darum handeln niüssen, das neue Finanzsystem in Einklang mit den Grundsätzen der Konjunkturpolitik zu bringen. Die anhaltende Verschlechterung des Beschäftigungsgrads lasse eine weitere Belastung der Reichs finanzen durch die Arbeitslosenfürsorge erwarten. Bei der Auf stellung des Haushaltsplans in seiner letzten Fassung wurde mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenziffer von 1,6 Millionen bei der Arbeitslosenversicherung und von 0,4 Millionen bei der Krisenunterstützung gerechnet. Diese Zahlen können gegenwärtig nicht mehr aufrechterhalten werden. Vielmehr wird man min destens mit einer Durchschnittszahl von 1,9 Millionen Unter stützungsempfängern in der Arbeitslosenversicherung und von 0,5 Millionen in der Krisenunterstützung zu rechnen haben. Nach der Neuregelung, wonach das Reich die Hälfte des bei der Reichs anstalt für Arbeitslosenversicherung entstehenden Mehrbedarfs zu decken hat, ergibt sich eine zusätzliche Belastung des Reichs haushalts von rund 150 Mill. RM. in der Arbeitslosenver sicherung und von etwa 75 Mill. RM. in der Krisenunterstützung, zusammen also von 225 Mill. RM. Diesem Mehrbedarf auf der Ausgabenseite stehen aber vermutlich auch weitere Ausfälle auf der Einnahmenseite gegenüber. Unter Berücksichtigung dieser Einnahmeausfälle und unter der Voraussetzung, daß bei anderen Ausgabepositionen keine Veränderung eintritt, errechnet sich demnach für den Reichshaushalt 1930131 ein Gesamtfehlbe trag von 575 bis 585 Mill. RM. (ohne Mindereinnahmen der Länder aus tlberweisungssteuern). Unter Berücksichtigung der jahreszeitlichen Schwankungen der Steuer- und Zolleinnahmen auf der einen und der Arbeitslosenziffern auf der anderen Seite dürfte dieser Fehlbetrag an den Vierteljahrsenden ungefähr folgende Höhe erreichen: Mehrausgaben Mindereinnahmen Zeit insolge aus Steuern und Gesamtsehl erhöhter Zöllen lohne) betrag Arbeitslosigkeit Länderan teile) 1930 Ende Sept. IVMill.RM I80Mill.RM 2S0Mill.RM 1930 Ende Dez. I«SMill.RM 2«S—270MM.RM «10—«ISMill.RM 1931 EndeMärz 22SMM.RM 3S0-SKOMill.RM S7S—SSSMill.RM In dem Maße, wie das Arbeitsbeschasfungsprogramm noch in diesem Rechnungsjahr zur Durchführung gelangt und die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger herabdrückt, werde sich der Fehlbetrag auf der Ausgabcnseite verringern. Freilich werde die Erleichterung des Haushalts, die sich hieraus ergeben kann, selbst im günstigsten Falle hinter der voraussichtlichen Mehrbelastung erheblich zurückbleiben. Wie auch immer die Deckung des Finanzdefizits erfolgen möge, die besondere Schwie rigkeit, in der sich gegenwärtig jede Finanzpolitik unter allen Umständen befinde, sei die, daß jede dieser Maßnahmen der Wirt schaft neue Wunden schlagen müsse. Eine Erhöhung der Bier- und vor allem der Tabaksteuer beispielsweise würde nämlich zunächst die Konsumkraft der Bevölkerung für wichtige Güter des elastischen Bedarfs (Textilien, Möbel usw.) schmälern. Eine Senkung der Löhne und Gehälter würde weiter beeinträchtigend auf die Verbrauchsgüterindustrien wirken. Es könne sich daher nur darum handeln, das kleinste übel zu wählen. Ein gewisser konjunkturpolitischer Ausgleich würde sich dann ergeben, wenn es gelinge, statt aufschiebender Maßnahmen endgültige Reformen durchzuführcn; denn die gegenwärtige Depression ist nicht nur die Folge konjunktureller Reaktionen, sondern gleichzeitig auch die Folge erschütterten Vertrauens. Gerade im gegenwärtigen Augenblick würde eine handfeste Finanzpolitik sämtliche Batail lone, die eine optimistische Wirtschastspsychologic aus dem Boden zu stampfen vermag, auf ihre Seite bringen. — Läßt sich gegen diese Auffassung des Instituts für Konjunkturforschung auch in einzelnen Punkten noch mancherlei einwenden, namentlich soweit es sich um seine Andeutungen für Auswege aus der Krisis han delt, so trifft doch wohl seine Beurteilung der Gesamtlage im Grundsätzlichen zu. Sklbsrstreifen am Horizont sind hier nicht zu erspähen. Die Großbanken aber sind schon wieder mehr auf Optimismus eingestellt. Die Deutsche Bank und Disconto-Ge- sellschaft schreibt: Der aus der Vereinigung aller dieser Spannungen und Un ausgeglichenheiten sich ergebende Zustand, den wir als Krisis der Weltwirtschaft bezeichnen, würde sich sür Deutschland nicht in solchem Maße fühlbar machen, wenn es nicht nach den einmaligen Verlusten durch Krieg und Inflation die fortlaufenden Verluste der Reparationen zu tragen hätte. Aber so schwer man die Vor belastung einschätzen mag, der die deutsche Wirtschaft im inter nationalen Wettbewerb durch die Tributverpsltchtung unterliegt, und die sich natürlich in Zeiten einer allgemeinen Depression be sonders stark fühlbar macht, fehlt es doch durchaus nicht an Mög lichkeiten, aus der herrschenden Stockung herauszukommen. Man erwäge, welche Vorteile die niedrigen Rohstosspretse der deutschen Veredelungswirtschaft bieten. Alles kommt darauf an, die aus Grund einer sllr uns günstigen Verfassung der Rohstosfmärkte ge gebenen Möglichkeiten zu nutzen und den Anreiz, der in den nied rigen Lebensmittel- und Rohstoffpreisen liegt, wirksam zu machen. 89ö
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