Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.01.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-01-03
- Erscheinungsdatum
- 03.01.1912
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19120103
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191201037
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19120103
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1912
- Monat1912-01
- Tag1912-01-03
- Monat1912-01
- Jahr1912
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
98 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel, Nichtamtlicher Teil, 2, 3, Januar 1912, Heine herrührcn soll): »Sie glauben gar nicht, wie viel Lob ich vertrage!« Allerdings hat Heinrich von Kleist sein Erstlings drama »Die Familie Schrossenstein« in einem Briese an seine Schwester »eine elende Scharteke« genannt, aber das ist schon hundert Jahre her, und der Fall hat sich seither nicht wieder ereignet. Wer den Briefwechsel Schopenhauers gelesen hat, weiß, daß der selbstbewußte, stolze Philosoph von dem Wert der Reklame nicht gering dachte, wenn sie für ihn selbst in Bewe gung gesetzt wurde. Niemand, der in Redaktionen heimisch ist, wird in Abrede stellen, daß dort bei Einsendung von Be sprechungsexemplaren die Beifügung eines »Waschzettels« meistens erwünscht ist. Schlimmstenfalls denken die Redakteure von seiner Verwendbarkeit ähnlich, wie sich ein Wiener Witzbold über,Sodawasser äußerte: »Es ist ein sehr angenehmes Getränk, nämlich — man kann es trinken — oder auch stehen lassen.« * * i.» * »Ehret eure deutschen Meister!«, singt Hans Sachs. Von zwei Ehrungen, die sich natürlich auf Geistesgrößen aus dem Totenreich beziehen, wäre nachträglich zu berichten. Ein Gast haus in dem unscheinbaren Dörfchen See am Mondsee, dessen sich manche Verehrer unseres Salzkammergutes erinnern werden, erhielt eine Zierde durch Anbringung einer großen, weißen Marmortasel, die in goldenen Lettern folgende In schrift trägt: Hier wohnte und dichtete Gottfried Keller Im Jahre 1873. Dem berühmten Rechtsgelehrten Adolf Exner war es im Jahre 1873 gelungen, seinen wenig reiselustigen Freund Keller zu bewegen, einmal nach Österreich zu kommen. Der Dichter hielt sich eine Zeitlang in Wien aus, besuchte mehrmals die Weltausstellung und begab sich sodann nach See am Mondsee, wo er sich in dem alten Seegasthof einquartierte. Jetzt geht es in diesem Orte zur Sommerzeit lebhaft zu, und viele Touristen passieren die Gegend. Damals war es recht still, so ganz nach dem Wunsche des die Ruhe liebenden Dichters, der sich tags über mit Muße der Vollendung der in Zürich begonnenen Novelle »Dietegen« widmen konnte. Hier oblag er auch der anderen von ihm geübten Kunst, der Malerei, wovon sein Ge mälde »Die Drachenwand», jetzt im Besitze der Familie Exner — reproduziert in Berlepsch' Werk »Gottfried Keller als Maler« — Zeugnis ablegt. Der Besitzer des Seegasthoses, der sich eine deutliche Er innerung an die Person des berühmten Dichters bewahrt hat, beklagt es lebhaft, daß ihm das Fremdenbuch mit der hand schriftlichen Einzeichnung Kellers gestohlen wurde. Um so mehr freut er sich über die Tafel, die, wie er launig bemerkt, wohl niemand wegtragen wird, da sie niet- und nagelfest angebracht ist. Sieben Orte bewerben sich um den Ruhmestitel, die Ge burtsstätte Homers zu sein. Auch bei Dichtern, die Jahrtausende später die Welt mit ihrem Ruhme erfüllten, ist die Herkunft nicht immer leicht erweislich. Walthers von der Vogelweide Geburts ort ist, so hörten wir in der Schule, Bozen, und so bekräftigte es sich in unserem Gedächtnis, seitdem wir auf dem Waltherplatze in Bozen Rätters herrliches Waltherdenkmal gesehen hatten. Nun ist der Dichter, der in Österreich singen und sagen gelernt hat, für eine andere Stadt reklamiert worden: für Dux im nördlichen Böhmen, Dort hat es vor fünf Jahrhunderten urkundlich nicht bloß einen Vogelweiderhof, sondern ein Ge schlecht »von der Vogelweide« gegeben, in dem der Name Walther bis 1400 erblich war. Diese und andere Umstände führt der als Wallensteinforschcr rühmlichst bekannte Hosrat Hallwich in einer Festschrift als stichhaltige Gründe an für die Behaup tung, daß Dux als Geburtsort Walthers von der Vogelweide anzusehen ist. Der Lokalpatriotismus der Duxer brachte durch Spenden eine Summe auf, die zu einem Denkmal in Bronze guß hinreichte. Der Schöpfer des Denkmals, Bildhauer Hein rich Scholz aus Wien zeigt uns den Dichter in der nachdenk lichen Haltung, in der er sich selbst in dem bekannten Gedicht: »Ich saß auf einem Steine . . .«beschreibt. An der linken Seite stehen, an den Felsblock gelehnt, die Insignien des Ritters und Sängers: Schwert und Harfe. Die Bezeichnung: »Gesellschaft der Wiener Bibliophilen« wurde bis vor einem Jahre zum großen Mißvergnügen der wirklichen Bücherfreunde und des überwiegenden Teiles des Wiener Buchhandels aus die Titelblätter einiger erotischen Er scheinungen aufgedruckt; in Wirklichkeit existierte eine solche Gesellschaft nicht, sondern diente einem Verleger nur als Aus hängeschild; das Einschreiten des Staatsanwaltes machte der Tätigkeit des betreffenden Verlegers in bezug aus diese seine Verlagsrichtung ein Ende, Nun soll der schöne Titel »Wiener Bibliophile« wieder zu Ehren kommen; es bereitet sich eine Vereinigung der Wiener Bibliophilen, vorläufig als Tochter gesellschaft der Weimarer »Gesellschaft der Bibliophilen« vor; das Organisationskomitee zählt sehr vorteilhaft bekannte Namen auf: den Schriftsteller Hans Feigl, der sich erst kürzlich wieder als Veranstalter von Neuausgaben von Knigges Umgang und Chesterfields Briefen bewährte, ferner den als wissenschaftlichen Bücherfreund bekannten Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses Engelbert Pernerstorfer, den Schriftführer des Goethevereins vr. Payer von Thurn, sodann Professor vr. Mich. Rabenlechner, und den Literarhistoriker Professor vr. Nich, Maria Werner, Eine vorbereitende Gründungsversammlung soll in den nächsten Tagen stattfinden. Der Buchhandel wird die Tätigkeit des neuen Vereines mit Interesse verfolgen. Weihnachten, das liebliche Fest, ist vorüber. Goethe gibt zwar diese Bezeichnung den meist sonnigen Pfingsten; der Buch handel mag eher das winterliche Weihnachtssest mit so freund lichem Ausdruck bedenken: sind doch diese Dezembertage für ihn, wenn auch arbeitsreich, doch meistens auch ertragsreich. Monatelang hat der Verleger Projekte entworfen, mit Autoren verhandelt, bei Papierfabriken, Buchdruckereien und Buch bindern Preisanstellungen eingeholt und Aufträge erteilt und nun bringt der eine Monat — der letzte des Jahres — die er sehnte Ernte, oder soll sie wenigstens bringe». Besonders in der letzten Woche vor dem Feste drängen sich die Käufer; es kommt, wie man draußen im Reiche sagt, Leben in die Bude! Die Bude!, welcher Ausdruck für ein Lokal, dessen Einrichtung nicht mehr, wie früher, von einem Tischler, sondern von einem Architekten besorgt wurde! Wie es Architekten für Innendekoration gibt, so wird es bald Spezialarchitekten für Buchhändler-Schaufenster geben. Es heißt, die Käufer anlocken. Sie kamen auch in der Tat. Man hört allgemein von einem günstigen Verlauf des Weihnachtsgeschäftes. Wohl hat sich kein Schlager eingestellt, den jedermann »gelesen haben muß«. Aber dies ist kauni ein Nachteil, denn ein Schlager pflegt viele Erscheinungen um sich, mögen sie noch so literarisch wertvoll sein, totzuschlagen. Es scheint mir, daß sich das Interesse neben den Romanen der be liebten Erzähler hauptsächlich den biographischen und auto- biographischenWerkcn zuwandte, also denzahlreichen Memoiren, Erinnerungen, Bekenntnissen, Tagebüchern, Briefen usw. Nach dem Muster mehrerer deutschen Städte wird in Wien eine Ausstellung zur Bekämpfung der Schundliteratur statt- sinden; sie ist für die Zeit vom 30. März bis 9, April 1912 geplant, soll im Rathaus der Stadt Wien untergebracht werden und etwa 2—3000 Bände und Schriften umfassen. Es wurde beschlossen, die Ausstellung in zwei Abteilungen zu gliedern: in eine Sammlung von Schriften der Schundliteratur, zur Demonstrierung der großen Gefahr und zur Warnung für
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder