Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.12.1930

X: 291, 18. Dezember 1830. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn BuchhanLel. Aus dein deutschen Buchdruckgcwerbe. Am 15. Dezember d. I. begaunen im Buchdruckerhaus zu Berlin (Köthener Straße 33) die L o h u v c r h a u d l u u g e n für das deutsche Buchdruckgcwerbe. Wie uns kurz vor Nedaktionsschluß mitgeteilt wird, haben die Vertreter der Prinzipalität beantragt, den gegenwärtigen Spitzenlohn von 58.50 NM. auf 50.— NM. herabzusetzeu, d. h. um 14,5?L. Die Ver treter der Gehilfenschaft haben dagegen beantragt, das bis 31. De zember d. I. laufende Lohnabkommen weiter zu verlängern und die wöchentliche Arbeitszeit soll von 48 auf 40 Stunden herabgesetzt wer den, die auf 5 Tage zu verteilen sind. Der dadurch entstehende Lohn ausfall soll unter besonderer Berücksichtigung der Minderentlohnten von Unternehmern und Arbeitnehmern gemeinsam getragen werden. Vor einigen Tagen ist bei der Firma A. Bagcl A.G. in Düssel dorf ein wilder Streik ausgebrochen. Unter Vertragsbruch legte die ganze Belegschaft die Arbeit nieder. — Die Arbeitslosigkeit im deutschen Buchdruckgewerbe hat noch immer keine Verminderung erfahren. Im Oktober 1930 verzeichnete der Verband der Deutschen Buchdrucker 192 600 Untcrstiitzungstage für Arbeitslose (gegen 139 235 Tage im Oktober 1929). Es wurden für Arbeitsloscn-Unterstützung im Oktober d. I. 301088,72 NM. gezahlt, außerdem für Notstands- untcrstützung 131612,50 NM. L. VerkekrSnackrickten. Ortsnamen aus Postsendungen nach der Tschechoslowakei. — Der Neichsverband der Deutschen Industrie, Berlin, hat Ende November 1930 von der Tschechoslowakischen Gesandtschaft in Berlin folgendes Schreiben erhalten: »In der deutschen Presse wurden vor einiger Zeit Meldungen verbreitet, wonach das tschechoslowakische Ministerium für Posten und Telegraphen bei Adressierung von Postsendungen aus dem Auslande nur die tschechischen Ortsbezeichnnngen zulasse. Wir erlauben uns Ihnen authentisch mitzuteilen, das; diese Meldungen, mit deren Ver breitung offenbar eine Tendenz verbunden war, nicht den Tatsachen entsprechen. Keine Auslandsendung, die die tschechoslowakische Post auf dem normalen Wege zur Beförderung übernommen hat, kann von ihr aus dem Grunde ausgeschlossen werden, weil die Adresse nicht die amtliche Ortsbezeichnung enthält. Die amtlichen Ortsbezeichnungen sind im »Verzeichnis der Post-, Telegraphen- und Telephonämter, Poststellen, Eisenbahntelegraphenstationen und Zugposten der Tsche choslowakischen Republik« zusammengefaßt. Die tschechoslowakischen Postämter richten sich aber nach dem Grundsatz, daß es Pflicht der Post sei, alle Sendungen zuzustellen, die zugestellt werden können.« Hiernach besteht also nicht die Gefahr, daß Postsendungen mit Angabe deutscher Ortsnamen wie Brünn, Karlsbad, Marienbad, Preßburg usw. von der Zustellung ausgeschlossen werden. Fensterbriefc. — Nach einer Mitteilung des Neichspostministe- riums genügen Fensterbricfumschläge mit Fenster aus Pliaphan nicht den Anforderungen der Postordnung. Das Pliaphanfenster ist zwar gut durchscheinend, cs ist aber stark glänzend und wirkt dadurch be sonders bei künstlichem Licht betriebstörend. ?ersonalnackrickterr. Gestorben: am 9. Dezember 1930 nach kurzem, schwerem Leiden Herr Paul A ndreas, Inhaber der Buch- und Papierhandlung gleichen Namens in Bremen. Noch vor wenigen Wochen saß er bei unserer Jahresversamm lung unter nnö und keiner ahnte, daß der Tod ihn bereits an die Hand gefaßt hatte. Nur er selber wußte, wie es um ihn stand, wußte, daß ein inneres Leiden, das er still und ohne je zu klagen ge tragen, ihn bald bezwingen würde. Wir aber verlieren in dem Ver storbenen einen Kameraden, der in seiner ruhigen, geraden Art stets treu zu uns gestanden und kein Opfer gescheut hat, wenn es galt, dem Buchhandel zu dienen und den Ortsverein zu stärken. Ortsverein Bremer Buchhändler. Ferner: am 23. November im 71. Lebensjahre Herr Charles John Parker, Inhaber der Firma Parker L Son Ltd. in Oxford. Der Verstorbene galt als Spezialist auf dem Gebiete der Archi tektur, Topographie und Liturgik. Er war Vorsitzender der Gruppe Oxford des englischen Sortimentervereins und Mitglied des Börsen vereins. Ferner: in Schömberg (Schwarzwald) nach jahrelangem schweren Leiden im Alter von 53 Jahren Frau Hedwig Praße gcb. Bilio, die Mitbesitzerin der Neugebauer schen Buchhandlung in Spandau. Die Buchhandlung geht nun in den alleinigen Besitz ihrer Tochter Fräulein Elisabeth Praße über. Ferner: am 11. Dezember nach kurzer schwerer Krankheit Herr Hein rich Jaffe, Inhaber der Buchhandlung Heinrich Jaffe in München im Alter von 34 Jahren. Der Verstorbene war kurze Zeit vor dem Tode seines Vaters — 1922 — in die von diesem 1903 gegründete Buchhandlung zurück gekehrt, nachdem er in der Schweiz und im überseeischen Auslande große Erfahrungen gesammelt hatte. Als im Oktober 1922 Heinrich Jaffe sen. durch einen Herzschlag aus dem Leben gerissen wurde, übernahm der nunmehr verstorbene Sohn das Geschäft. Es war dem Vater gelungen, umfangreiche Verbindungen mit in- und aus ländischem Publikum anzuknüpfen und die Buchhandlung zu einem Sammelpunkt geistig interessierter Persönlichkeiten zu machen. In den schweren Jnflationsjahren fiel es nun dem Verstorbenen zu, das Erbe des Vaters anzutreten und durch weitere schwere Zeiten zu führen. Doch auch ihm gelang cs, sich erfolgreich für die Verbrei tung schöner Literatur, Kunst- und fremdsprachiger Werke einzu setzen. Ferner: am 12. Dezember infolge Herzschlags Herr Paul Stiehl in Leipzig im Alter von 69 Jahren. Der Verstorbene gründete am 1. Oktober 1885 eine SortimentS- und Kommissionsbuchhandlung, die sich aus kleinen Anfängen gut entwickelt hat. Anfang 1910 verkaufte er das Kommissionsgeschäft an Wilhelm Opetz und widmete sich von nun ab seinem Sortiment, dem er einen Verlag angliederte. Ferner: am 13. Dezember im 80. Lebensjahre Herr Kommerzienrat Alfred Sperling, Mitinhaber der Großbuchbinderei H. Sperling in Leipzig. Eine führende Persönlichkeit des Großbuchbinderei-Gewerbes ist mit dem Verstorbenen aus dem Leben geschieden. Jahrzehntelang hat er als tüchtiger und umsichtiger Geschäftsmann in seinem Fach bahnbrechend gewirkt, sodaß die Firma in der Reihe der tonangeben den ihrer Branche steht. Das Unternehmen, das durch Erbschaft in seinen Besitz gelangte, ist 1846 gegründet worden und führte, was besonders erwähnt sei, 20 Jahre später als erste Buchbinderei den Dampfbetrieb ein. Der guten Entwicklung und Ausdehnung Rechnung tragend, wurden die Betriebsräume wiederholt umgebaut. 1888 fiel die mustergültig angelegte Fabrikanlage einem Brand zum Opfer. Im gleichen Jahre wurde die Buchbinderei Herzog angekaust und mit H. Sperling vereinigt. 1898 wurde dem Leipziger Unter nehmen eine Zweigniederlassung in Berlin angegliedert, um den immer mehr steigenden Ansprüchen genügen zu können. 1910 wurde für die Betriebsanlagen in Leipzig ein moderner Neubau geschaffen. — Die Firma verdankt diese hervorragende Entwicklung in weitem Maße dem Verstorbenen, seinem weitblickenden Schaffen und prak tischen Sinn. Inhaltsverzeichnis. Bekannt m a ch u n g der Geschäftsstelle des B.-B. betr. Titelseite des Bbl. S. 1169. Artikel: Noch ein Weihnachtswunsch. Von Gustav Kiepenheuer. S. 1169. Alte und neue Kinderbücher. Von Alfred Schmidt. S. 1169. B esprechung : Steinhaufen, Deutsche Geistes- u. Kulturgeschichte. S. 1170. Kleine Mitteilungen S. 1171—1172: Die Gema, Berlin / Der Reichsverband der Adreßbuch-Verleger / Aus den Ver einigten Staaten / Bilanz Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart / Aus dem deutschen Buchdruckgcwerbe. V e r k e h r s n a ch r i ch t e n S. 1172: Ortsnamen auf Postsendun gen nach der Tschechoslowakei / Fensterbriefe. P e r s o n a l n a ch r i ch t e n S. 1172: Gestorben: Paul Andreas, Bremen: Charles John Parker, Oxford; Hedwig Prasse, Span dau / Heinrich Jaffe, München / Paul Stiehl, Leipzig: Alfred Sperling, Leipzig. Berantwortl. Schriftleiter: Franz Waane r. — Berlaa: Der Börsen verein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus. Druck: E. Hedrich Rachf. Sämtl. tu Leipzig. — Anschrift d. Schriftleituug u. Expedition: Leipzig. tvertchtSweg26 lBuchhäudlerhauSs, Postschließsach 274/78. 1172