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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.12.1930
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- 1930-12-13
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- 13.12.1930
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Hochstand der Zinssätze am Kapitalmarkt machen eine Besserung der Wirtschaftslage vorerst nicht wahrscheinlich. Es ist nicht ein mal ausgeschlossen, daß sich die Konjunktur weiter verschlechtert. Ein starkes Gegengewicht gegen die zu weiterem Rückgang drän genden Faktoren würde jedoch die Beseitigung der politisch be dingten Vertrauenskrisis bilden. Es ist ein schwacher Trost, daß der Bericht des Instituts nachweist, wie schlecht auch außerhalb Deutschlands die Lage ist. Der weltwirtschaftliche Konjunkturrückschlag hat eine Ausdehnung und Intensität angenommen, wie dies in der modernen Wirtschaftsentwicklung noch niemals zuvor beob achtet werden konnte. Die rückläufigen Tendenzen haben sich — auch noch in den letzten Monaten — weiter verschärft. Der Rück gang hält in der industriellen Produktion, im Verkehr und vor allem im Außenhandel unvermindert scharf an. Dennoch hat sich das Rückgangstempo der Weltmarktpreise verlangsamt. Der amerikanische Geldmarkt war weiter sehr flüssig; uneinheitlich war die Tendenz auf den europäischen Geldmärkten. Die Ent spannung der Kapitalmärkte schreitet fort. Die industrielle In vestitionstätigkeit bleibt aber gering. Die Aktienkurse gehen wei ter zurück. Der Länderüberblick zeigt, daß nahezu alle Volks wirtschaften sich noch in fortschreitender Abschwungbewegung be finden. Eindeutige Anzeichen für einen bevorstehenden Tendenz umschwung sind nirgends zu erkennen. Besonders schwer lastet die Depression auf den überseeischen Rohstoffländern; sie hat hier vielfach Währungsstörungen und politische Unruhen ausgelöst. Eine Besserung der Wirtschaftslage kann sich hier erst mit dem Umschwung der Preistendenz durchsetzen. Weniger schwer sind — mit Ausnahme von Großbritannien und Deutschland — die euro päischen Industriestaaten betroffen. Doch werden auch sie durch die verminderte Kaufkraft der Rohstoffländer fortschreitend in Mitleidenschaft gezogen. Durch die zwangsläufige Wechsel wirkung von äußerem und innerem Kaufkraftschwund der Volks wirtschaften bietet die Weltwirtschaft gegenwärtig das Bild mannigfaltigster, dabei sich verschärfender Krisen- und Depres- sionserscheinungen. Angesichts dieser Lage ist es doppelt bedauerlich, daß offen bar das Tributproblem, das doch den Schlüssel zu allem bildet, nur sehr langsam in Fluß zu bringen zu sein scheint. Die Tributbank in Basel ist offensichtlich noch nicht in der Lage, das heiße Eisen anzufassen. Man beschäftigt sich dort mit der Stabi lisierung der Peseta, mit der Schaffung von Wechseln mit län gerer Laufzeit als 3 Monate und ähnlichen wichtigen Dingen. Erwartet man davon aber wirklich etwa dis Überwindung der Weltkrisis? Die Amerikaner kommen auch nicht vorwärts. Am S. Dezember hat in New Hork eine Sitzung des Aufsichtsrats der Rsckorst Reserve Lank stattgefunden, die die erste nach der Rück kehr Harrifons und Owen D. Hörings aus Europa war. Seitens der Finanzkreise wurde dieser Sitzung größtes Interesse ent gegengebracht, um so mehr, als der Gouverneur des Rockers! Reserve Roarck, Eugen Meyer, eigens aus Washington zur Teil nahme an der Sitzung eingetroffen war und I. P. Morgan, der gleichfalls in den letzten Tagen aus Europa zurückgekehrt war, während des Verlaufs der Sitzung im Bankgebäude vorsprach. Ergebnisse der Beratungen sind bisher nicht bekanntgegeben wor den, es wird aber allgemein angenommen, daß die in der letzten Zeit wiederholt erörterten internationalen Fmanzprobleme Ge genstand der Konferenz gewesen sind. Diese Meinung kommt namentlich in den Leitartikeln der »kle« Vork Times- und der »VVvrick« zum Ausdruck, die sich beide auch überaus zustimmend zu der Rede äußern, die Owen Hornig kürzlich zu der Frage des Kriegsschuldenproblems gehalten hat. -Ilev Toicki Times- mei nen, wenn es schon bei privaten Schuldverhältnissen oft ratsam für die Gläubiger wäre, den Schuldnern gegenüber Nachsicht walten zu lassen, so dürften solche Erwägungen unter Umständen auch bei öffentlichen Schuldverhältnissen angebracht sein. Diese Erwägungen hätten auch Bankiers und Volkswirtschaftler in der letzten Zeit stark beschäftigt. Die »Times- pflichten den Houng- schen Ausführungen bei, daß das politische Denken meist hinter dem wirtschaftlichen zurückgeblieben sei und daß ein beschränkter politischer Rationalismus vielfach Kollisionen mit bestehenden 1188 internationalen Wirtschaftsbeziehungen herbeiführe. Diesen letz ten Gedanken unterstreicht auch die »IVortck-. Sie führt aus, Houng habe sich zur Frage der Revision der Kriegsschulden und der Reparationszahlungen sehr vorsichtig ausgedrückt, aber sehr deutlich betont, daß ein Fortschritt nur durch die Anpassung des politischen Denkens an wirtschaftliche Tatsachen möglich sein könne. Das alles bedeutet zunächst nichts anderes, als daß die gegensätzliche Auffassung zwischen Hochfinanz und Politik in Amerika noch nicht beseitigt werden konnte. Wallstreet ist revi sionsbereit. Im Senat aber, der die Politik entscheidet, ist man ablehnend, wie eben noch die letzten Reden dort wieder gezeigt haben. Das macht die Zurückhaltung, die unsre Regierung immer noch beobachtet, einigermaßen verständlich. Welche Taktik sie augenblicklich zu befolgen beabsichtigt, ist hier schon vor vier Wochen angedeutet worden. Neuerdings ist unsre Auffassung durch die Ausführungen bestätigt worden, die Reichsbankpräsi dent Luther in der Hauptausschußsitzung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie gemacht hat. Er schloß: Je deutlicher wir die deutsche Unterschrift unter den Noung- plan als uns bindend anerkennen, desto wirkungsvoller können wir von den Vertragsgegnern fordern, was ihnen vertragsmäßig obliegt. Man sollte daraus rechnen können, daß infolge wachsen der Einsicht in die weltwirtschaftlichen Gefahren der jetzigen Re- parationsrcgctung bas, was nicht bestehen bleiben kann, geändert wird. Vorher hatte Luther erklärt: »Auch die leidenschaftlichsten Vorkämpfer einer Revision sind sich darüber klar, daß kein deutscher Revisionswunsch dahingehen könnte, Schulden, die privatrechtlichen Charakter tragen oder deren Gläubiger Pri vate sind, nicht rechtzeitig bezahlen zu wollen. Was aus den Erörterungen über das sogenannte Moratorium oder die Revi sion auch werden möge, Deutschland wird seine privaten Schuld verpflichtungen ordnungsmäßig und bei Fälligkeit erfüllen.- Diesc Worte ergänzen und erklären die Betonung der Aner kennung der Verbindlichkeit des Houngplanes. Daß die privaten Schulden Vorgehen, bezieht sich auch auf die inzwischen »kommer zialisierte« Tributschuld. Diese privaten Schulden müssen in der Tat tabu sein, soll nicht alles ins Wanken kommen. Anders steht es mit der Politischen Schuld. Allein, selbst wenn diese gestrichen würde, bleibe die Last für uns immer noch ungeheuer groß und die davon ausgehende Störung der Weltwirtschaft bestehen. An zwei Stellen will, wie schon erwähnt, auch Luther einsetzen, um weitere Erleichterungen zu erzielen. »Es erscheint unvorstellbar-, sagte er, »daß die Tatsache der internationalen Goldaufwertung nicht Rückwirkungen auf die Höhe der Reparationen haben sollte.- Auch Luther ist also Anhänger der Goldklauseltheorie und verspricht sich davon Erfolg. Außerdem vertritt auch er die Forderung, daß unsre Gläubiger bereit sein müssen, unsre Zah lungen in der allein möglichen Warenform abzunehmen, sonst dürften sie von uns Leistung nicht erwarten. Wir haben Zweifel, ob eine solche an das Verfahren des Zivilprozesses erinnernde Politik der Anfechtung des Tributabkommens wegen Vertrags untreue der Partner wirklich aussichtsreich ist. Wie dem aber auch sei, eine Ermäßigung lediglich unsrer Verpflichtungen ist immer nur ein halber Erfolg. Worauf es im letzten Grunde an kommt, hat der erste stellvertretende Vorsitzende des Reichsver bandes der Deutschen Industrie, Kommerzienrat Frowein, kürz lich vor der Internationalen Handelskammer sehr richtig, wenn auch immer noch verhältnismäßig zurückhaltend dargelegt. Er führte aus: Aus den warenwirtschastlichen und geldwirtschaft lichen Beziehungen der Weltwirtschaft laste seit Jahren, und zwar gegenwärtig ein ganz besonderer anormaler Druck, der durch das »außerökonomische Forderungsnetz- verursacht sei. Be sonders seien damit die enormen Zahlungen gemeint, die aus der Kriegsverschuldung zu leisten seien. Dieses System von Zah lungen, die nicht auf ökonomischen Vorgängen beruhten, sondern mit den durch den Krieg gegebenen Ursachen Zusammenhängen, hätten auf die Zerrüttung der Weltwirtschaft einen viel stärkeren Einfluß gehabt, als es im allgemeinen erkannt werde. Dieses System werde, solange es bestehe, der Wiedergesundung der Welt wirtschaft sehr hemmend im Wege stehen und die Wirkung aller
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