i X- 236. 4. November 1930. Fertige Bücher. «s-!-EaU s. d.Dt,chn.»uchh°i«»-l. 8673 Seite 4 Wien, Dienstag Der TVIMkllk 7^6 7, Oktober iygg Nr. 2719 Ein ZMa-EchWelroman befKlagnahmt. Die Künstlerin hat überdies eine Ehrenbeleibigungsklage eingebracht. In einem bekannten Wiener Verlag sollte demnächst ein Roman erscheinen, der den Titel „Bagage" führt und auS der Feder eines gewissen Dietrich Arndt stammt. Der Roman handelt vom Schicksal einer nach vielen Abenteuern zur Weltberühmtheit ge langenden Künstlerin. Sie tritt unter dem Namen Grete Lavita auf; niemand weiß mehr, daß sie eigentlich Lawendel geheißen hat. Im Leben dieser Grete Lavita-Lawendel spielt schließlich ein Graf Ferdinand eine sehr maßgebende Rolle; außer dem gehört ein Fräulein Buschmann zu den handelnden Hauptpersonen, deren Be ziehungen zu der Sängerin sich einigermaßen merkwürdig gestalten. Da« Buch „Bagage" — der Titel drückt die Tendenz des Romane« au« - wurde augedlich von Personen au« dem Bekannten kreis der Frau Kammersängerin Jeriha als kränkend sür die Künstlerin empfunden. Ein Druckbogen gelangte aus bisher noch nicht bekannte Weise in die Hände der Staatsanwaltschaft, di« nach Kenntnis nahme des Inhalte« beschloß, da« unfertig« Buch, da» eben bei einer Wiener Buch binderei «ingetroffen war, zu beschlagnahmen. Sie erklärt, daß durch mehrere Stellen de« Romane« die öffentliche Sittlichkeit verletzt werde. Gleichzeitig soll Frau Jeritza durch ihren Anwalt eine Ehrenbeleidigungsklage einge bracht haben, die sich gegen mehr als hundert Punkte des bisher noch nicht erschienenen Romanes richtet. Kein Schlüsselroman. Wie uns der Verlag, in dem der Roman „Bagage" erscheinen sollte, mitteilt, handelt es sich bei dem Buch um keinen Schlüsselroman, sondern um eine freie Erfindung von Hand lung und Charakteren. Der Verlag erklärt entschieden, daß der Schriftsteller Dietrich Arndt — Arndt ist bloß sein Pseudonym — den Roman geschrieben habe, ohne andere Personen, die in eingeweihten Kreisen bereits namentlich genannt wurden, zur Mitarbeit heranzuziehen. Es sei natürlich möglich, daß Arndt durch tatsächliche Ereignisse angeregt wurde; seine literarische Arbeit sei aber keinesweg« als Reportage au« der Lebensgeschichte einer bestimmten Person oder einer gewissen Familie zu werten, sondern als der reine Niederschlag dichterischer Phantasie. Im übrigen ist dem Verlag vorläufig von einer Ehrenbeleidigungsklage der Frau Kammersängerin Jeritza oder ihres Gatten Leopold Popper nichts bekannt. Er weiß nur, daß die gerichtliche Preß- polizei im ganzen zwei Stellen des fraglichen Romans im Gesamtaus maß von ungefähr ;o Druckzeilen be anstandet hat. Es handelt sich dabei um die Schilderung einer amourösen Szene im Separee eines Restaurants und um die Dar stellung eines Sittlichkeitsattentates eines Gutsbesitzers aus die Frau seines Verwalters. Der Verlag hat die Absicht, diese ;o Zeilen, die im übrigen keineswegs über das Maß dessen hinausgehen, was in anderen Roma nen unbeanstandet geblieben ist, zu elimi nieren, um den Roman „Bagage" möglichst rasch in de» Buchhandel bringen zu können. Zweifellos wird sich in den allernächsten Tagen zeigen, wie die Beanstandung zweier angeblich unsittlicher Stellen in einem Milieu roman mit Frau Jeritza zusammenhängen soll. VilkD K0NN5X/M0N unä ^ImgrbeitunA äer 44 böanstsnäeien teilen an 4. novknskk auL<rki.ikkkir7i