Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.11.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-11-04
- Erscheinungsdatum
- 04.11.1930
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19301104
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193011045
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19301104
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1930
- Monat1930-11
- Tag1930-11-04
- Monat1930-11
- Jahr1930
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
zinern, nahezu die Hälfte der Juristinnen und Nationalökonominnen f44.2°/o> ist mit Juristen und Rationalökonomen verheiratet. Auch von den Philologinncn hat ein sehr grosser Teil (2S.S°/„> Männer desselben Berufs geheiratet. Daraus darf der Schluß gezogen werden, daß Arbeitsgemein schaft ein guter Ehemittler ist. Bei der Ausarbeitung von Werbeplänen wird man auch solche Zahlen nicht übersehen dürfen. Nach diesem allgemeinen Vorbild werden sie aber in örtlicher Begrenzung vor allem er gänzt und vervollkommnet werden müssen. Allerlei Seltsames aus der Geschichte der Bibliotheken. Von Dr. Karl Schotten loh er, Abteilungsdirektor der Bayer. Staatsbibliothek. Was von den Büchern gilt, daß auch sie ihre Schicksale haben, gilt ebenfalls von den Büchcrsammlungen der verschiedenen Zeiten, gilt nicht minder von den Hütern der aufgestapelten Schätze, den Bibliothekaren. Schlagen wir ihre gemeinsame Geschichte auf, so be gegnet uns manch Trauriges und Lustiges, manch Nichtiges und Be deutsames, manch Beklemmendes uud Erhebendes, kurz alles, was auch sonst das bunte Treiben des wunderlichen Menschenvölkleins ausmacht. Blättern wir einmal in dieser Chronik und streichen nie mand zu Leide, manchem vielleicht zur Erlustigung ein paar Selt samkeiten aus diesem Reiche der Bücherwürmer an. Daß den früheren Hütern von Bücherschätzen neben der Freude am täglichen Umgänge mit den Büchern, die Spitzweg so unüber trefflich dargestellt hat, auch mancherlei Widriges zuteil geworden ist, bezeugt uns das Schicksal des ersten Wolfenbütteler Bibliothekars Leonhard Schröter, der bitter darüber klagt, daß ihn sein Herzog Julius immer sehr unfreundlich anlasse und einmal mit der Faust dermaßen angegriffen habe, »daß, wo der Schlag geraten, ich des Todes hätt sein müssen--. Der gleiche Bibliothekar jammerte, daß er von dem üblen Gestank in der Bibliothek in Leibesschwachheit ge kommen sei. Als ein im April 1509 angcstellter späterer Bibliothe klar, es war Johann Adam Loniccrus, über denselben Ubelstand klagte, wurde der fürstliche Apotheker angewiesen, geeignete Näucher- stoffe zum Ausräuchcrn der verpesteten Bibliothek zu liefern. Die Ursache des Übels aber war, daß die Bücherschätze über den Pserde- ställen standen. Als König Jakob I. von England, der Sohn Maria Stuarts, im Jahre 1605 die reich ausgestattete Oxfordcr Universitätsbibliothek in ihren schönen Räumen besuchte, rief er entzückt aus: »Wäre ich nicht König, so möchte ich Oxfordcr Student oder ein in dieser Bibliothek augeketteter Folio-Band sein«. Ein Wort, das den König nicht weni ger als die Bibliothek geehrt hat. Uber seinen Besuch in der Bibliothek zu Wolfenbüttel berichtet der Literarhistoriker Konrad Samuel Schurzfleisch: »Wie ich sie ge sehen, mar ein Kerl Bibliothecarius, das war ein Erznarr, machte einen Haufen Nodomontaden (Großsprechereien). Der Phantasie verstund nichts.« Die beiden Herren des 17. Jahrhunderts scheinen sich nicht sehr liebenswürdig begegnet zu sein. Der italienische Graf Emanuel Tesoro hatte bei seinem Besuche Berlins seine besondere Freude daran, daß sich die Hofapothcke unter der kurfürstlichen Bibliothek befand und damit, wie er meinte, die Mittel zur Pflege des Körpers und des Geistes unter einem Dache vereinigt waren. Eine Kollegbibliothek zu Oxford wurde im 17. Jahrhundert als Karzer für die Studierenden verwandt. Wer sich gegen tue Gesetze des Kollegs verging, wanderte in die Bibliothek. Dort mußte der Student der Philosophie klassische Stücke abschreiben, der Jurist Teile aus Gesetzbüchern und Kommentaren übersetzen, kurz ein jeder über Büchern seines Faches schwitzen. Dem Andenken Nessels, eines nicht sehr entgegenkommenden Vorstandes der Wiener Hofbibliothek, widmete, als er im Jahre 1700 gestorben war, eine boshafte Feder den nicht sehr schmeichelhaf ten Nachruf, daß er seinem Vorgänger Lambecius weit an Liebens würdigkeit, Gelehrsamkeit, Fleiß und Nüchternheit nachgestanden habe. »Kein Wunder, daß bei seinem Tode große Klage erhoben haben die Weinschenken, nur wenig geklagt haben die Buchhändler und gar nicht die gelehrte Welt. Nun tritt ein, o Wanderer, in die Halle des Geistes, denn die Bibliothek steht offen, seit Nessel im Welches ist die älteste Bibliothek? Der Quedlinburger Gym- nasialdircktor Tobias Eckhardt wußte es ganz genau, als er im Jahre 1715 schrieb: »Die allerälteste Bibliotheque, von der wir etwas gewisses melden können, ist wohl diejenige, welche der Mann Gottes Moses angelegt, wenn er auf den Befehl Gottes die fünf Bücher,F so er geschrieben, in der Bundeslade oder vielmehr neben derselben/ in einen! Neben-Kästlein verwahrlich bcygeleget.« Der Gelehrte Hhat das Wort Bibliothek wohl allzu buchstäblich mit Bücherkiste über setzt. Der Wiener Hofbibliothckar Gerard van Swieten hatte e nen Sohn in der Ferne, der mit ihm griechisch korrespondieren nu ßte. Von ihm erhielt der Vater einmal die Abschrift einer griechis chen Handschrift des Theodorus Hcrmopolita, dazu einen griechisch ab gefaßten Brief, worin der Sohn um Geld für seinen Reitmeister wat. Van Swieten übersandte die Handschrift an seinen Freund Geraird Mecrmann, legte aber aus Versehen auch den Brief seines Sohnes bei. Der gelehrte Freund ließ nun im Jahre 1751 beides, den grie chischen Text des Theodorus und den Brief, diesen als ein ihm unerklärliches Bruchstück des Theodorus, in seiner Sammlung von Stücken zum bürgerlichen und geistlichen Rechte drucken. Ein nied liches Stückchen mißglückter bibliothekarischer Gefälligkeit! Gleich vielen anderen Gelehrten wie Leibniz und Lessing ist auch unser Philosoph Immanuel Kant einmal Bibliothekar gewesen. Das war im Jahre 1766, als er an der Universitätsbibliothek zu Königs berg mit 62 Talern Gehalt angestellt wurde. Es fiel ihm dubei die Überwachung zu, daß alles in guter Ordnung bleibe »insonderheit bei dem Auslauf junger roher Leute, die sich die Zeit her erkühnt haben, Bücher nach eigenem Gefallen herauszuziehen und das Bt- bliothekszimmer als eine öffentliche Promenade zu gebrauchen.« Sehr behaglich wird es dem großen Denker bei dieser Aufgabe nicht ge wesen sein. Ein Lessing, der in den Jahren 1770 bis 1781 die Bllcherschätze der Bibliothek zu Wolfenbüttel zu betreuen hatte, durste für sich das Vorrecht in Anspruch nehmen, mehr selbst ein Nutznießer der Bibliothek zu sein, als anderen zur Erschließung zu dienen. Er sprach es offen aus, »er möchte nicht gerne ein Hund sein, der das Heu bewacht« oder »der Stallknecht, der jedem hungrigen Pferde das Heu in die Nauffe trägt«. Freilich nur einem Lessing stand eine solche Auffassung zu und sein Gegner Johann Melchior Goeze halte nicht Unrecht, wenn er eine von derartigen Gesichtspunkten geleitete Bibliothek einen Kirchhof und ihren Bibliothekar einen Totenträger nannte. Eine merkwürdige Auffassung von der Aufgabe einer Biblio thek bekundete man auch im Jahre 1779 in der Hofbibliothek zu Darmstadt, als man, um Platz zu gewinnen, daran ging, eine große Ausmusterung unter den Bücherbeständen vorzunehmen und alles Überflüssige ausznscheiden. Als vernichtenswert wurden betrachtet »alte Zank- und Schmähschriften der Theologen beider voriger Jahr hunderte, die Logici, Metaphysici, Chmnnici, Chiromantici, Philo- sophi und andere Narren voriger Zeiten, weil ihre Kappen auf unsere Köpfe nicht mehr passen, die Schmähschriften gegen die Je suiten, weil uns Gott vor dieser Pcstilcntz befreit hat, und aller übrige ähnliche Vorrat, so nur den Motten und Würmern zur Speise würde«. Wir vernehmen hier den Geist des Aufklärungs zeitalters, das den Fesseln der Geschichte den schärfsten Krieg an gesagt hat. Der Erlanger Professor Htrsching, der gerne seine spitze Zun>ge gegen die lieben Nebenmcnschen in Bewegung setzte, meinte im Jahre 1788, man müsse den Bibliothekaren bei Strafe den Umgang mit Professor Johann Samuel Halle in Berlin verbieten, der in seiner unlängst ausgegebcnen Schrift »Gifthistorie des Tier-, Pflanzen- und Mineralreichs« viel von der schädlichen Luft in den Bibliotheken rede: die Luft in Kirchen, heiße es darin, wo Leichen begraben sind, sei fast noch besser als die, die von den schweins ledernen Bänden ansdünste: vollends die Handschriften machten Leibesverstopsung, Leibcsschmerzen, Dnrst, Schwindel, bleiche Farbe, Gliederzittern, Engbrüstigkeit, Fingcrkrämpfe, Schwermut, Sinn losigkeit (blöde Augen), Auszehrung, Schlagfluß, Schwindsucht. Wenn solches, so folgert Hirsching weiter, unsere Büchcraussehcr hörten, die ohnedies größtenteils faul seien, wer werde da in Zu kunft noch in den Büchersälcn arbeiten! Die schwierige Frage, was zu einem guten Bibliothekar ge höre, beantwortete der Würzburger Michael Feder im Jahre 1795 recht selbstsicher, indem er feiner Universitätsbehörde einen jungen RechtSkandidaten also empfahl: »Er ist ein stiller im höchsten Grade - fleißiger, mit der Geschichte und Literaturgeschichte schon ziemlich/ bekannter junger Mann, liest nnd spricht französisch, hat eine gute j Handschrift, will italienisch und griechisch im künftigen Winter ler-/ nen, hat ein Vermögen von beiläufig 7000 Gulden, ist bereit auf: eigene Kosten fremde Bibliotheken zu sehen und mit einem geringen/ Gehalte vorlieb zu nehmen, hat auch einen sehr guten Charakter, mil einem Wort: hat alle Anlagen zu einem recht geschickten Biblio thekar.«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder