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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.11.1930
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- 1930-11-06
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- 06.11.1930
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Ki-Bu's Neueste Nachrichten Kindt L Bücher Verlag G. m. b. H., Gießen, Kolonnaden am , Bahnhof, Bahnhofstrabe SO —92, Telephon 2122, Telegramm- 9t Lt)ttäteU^ Adresse: Kibuch, Teutlche Ban! und Dirlontogesellschaft, Zweigstelle Gießen, Postschecklonto Franlsurt m M. 57938. ^Iltdt Nummer l Gießen, den Anzeiger des Verlag GmbH Auslieferungen: für Deutschland nur Carl Emil Krug, Leipzig, Querstraße 5; für Österreich und Nachfolgestaaten: L. Heidnch, Wien I, Spiegelgasse 21; für Ungarn: B4la Somlo, Budapest, Parisi u. 1; für die Schweiz: Alfred Tschoepe, Basel, Austr. 32; für Holland: H. Jgersheimer, Amsterdam C, Amstel 157. 6. Nov. 19^0 Börsenblatt tldes Mexiko — saftiges, blutendes Leben. Männer, Pferde. Weiber — und immer wieder bas Galoppieren der aufständigen braunen Bauern. So jeden Tag: zehn Gehenkte und zwanzig Sieder, alles im Abendschatten der ländlichen Kirchen. Azuela: ein soeben entdeckter mexikanischer Dichter, dessen Werke jetzt in allen Ländern Aufsehen erregen. Valery Larbaud vergleicht IhnmitTacitus.SeineKraftundllrsprünglichkettwerdenjedenmitreissen. Dem Kindt L Bücher Verlag ist es gelungen, sich die deutschen Rechte sämtlicher Werke Mariano Azuelas zu, sichern. Er wird diese wertvollen mexikanischen Romane fort laufend herauöbringen und beginnt heute mit dem berühmtesten unter ihnen: »Die Rotte". Mariano Azuelas Buch „Los de adajo" führt mitten hinein in die blutigste der mexikanischen Revolutionen, die den Untergang der dreißig jährigen xorfirianischen Herrschaft gebracht hat und trotz aller Wirrnisse den Anfang eines nationalen Erwachens von den wurzeln des Volkes aus bedeutet, wir Europäer vernahmen vor dem Getöse des Weltkrieges kaum ein ent ferntes Echo davon. Aus nächster Nähe sehen wir hier ihre Schrecken, Szenen voll Blut, Lust an Kampf und Raub, Orgien und Vergewal tigungen. Ströme von Agavenbranntwein (Text der Reklamebtnbe.) glitzernde Beute verlocken wie der Eurro Luis Cervantes, der „Lesen und Schreiben gelernt hat". Dessen Vorschlag, außerlandes herrlich und in Freuden zu leben, weist er zurück, ein fach weil so etwas eines Mannes nicht würdig ist. Demetrio bleibt sich treu bis zum Ende und erfüllt sein Schicksal als Rebellenführer. In derselben einsamen Felsenschlucht, in der er seine Führerlaufbahn begann, stirbt er als letzter der Kameraden, für die seine sparsamen Worte stets wie etwas Selbstverständliches zu gelten pflegten, er allein bis zuletzt immer weiter auf die Feinde feuernd. von diesem Demetrio Macias sagt der Mexiko kenner Lorleton Veals. der die englische Fassung des mexikanischen Buches einleitet: Seine Ge schichte sei die Geschichte einer ganzen Menschen art, die Geschichte derer, die durch die Unbarm herzigkeit des Diazschen Regimes in die Arena der Revolution geschleudert wurden, zum Kämp fen gezwungen, ohne je wirklich zu wissen, die ganze Tragik des Indioschicksales in der Ge stalt dieses Rebellenführers, der mit stählernen Nerven und tapfer bis zur Verrücktheit, nach dreihundertjähriger Knechtschaft aus einem seinen Rebellentod stirbt, ohne je viel Worte gemacht und ohne sich groß um den wirren Wechsel der kämpfenden Parteien gekümmert zu haben. Line ungeheuere Vitalität offenbart sich in solchem Sterben und in dem Galoppieren der wo die Riesenkakteen ihre Arme zum Hellen, heißen Himmel recken. Einiges über -en Autor... Mariano Azuela ist als Kriegsarzt mit der Rotte des „Demetrio Macias" durch die Staaten Ialisco und Zacatecas gezogen. Aus unmittel barstem Erleben konnte er den Bürgerkrieg mit Heute wohnt er in einem stillen Hause in Mexiko-Stadt, wo er als Arzt hochgeachtet wird. Erst Jahre nachdem „Los de abujo" er- lichung dieses Romans in einer mexikanischen Zeitschrift mit einem Schlage berühmt. Bald darauf begannen auch in Spanien Leute wie Diez-Lanedo und Fabian vidal das eigenartige, in einem melodisch und fremdklingenden Spa nisch geschriebene Buch zu beachten. Mehrere Ausgaben erlebte es in Spanien, wo Werke lateinamerikanischer Autoren sonst leider nicht gerade häufig erscheinen. IY29 wurde es in USA. ins Englische übersetzt, und lyzo erschien die französische Ausgabe mit der enthusiastischen Übersetzung und Sprache Der Übersetzer hat sich bemüht, die Eigenart dieses Stiles, wo es irgend anging, bestehen zu lassen, manchmal sogar auf Kosten des glatten Schliffs. Auf das Lokalkolorit kommt es an. Die Sprache von Demetrios „Rotte" ist die Sprache des unteren Volkes der mexikanischen Provinz. Die Soldaten der Revolution ge brauchen Vokabeln, die in keinem Wörterbuch stehen und deren Klang man im Ohr haben muß, um ihren Sinn fühlen zu können. weit wichtigeres kommt dazu: Der Geist der Sprache des ganzen Buches ist spanisch-roma nisch; doch kann man wohl sagen, daß etwas, das in der Luft der mexikanischen Landschaft liegt, ein Leuchten roten indianischen Blutes, die ganze Stimmung des Buches mit einem be sonderen Unterion färbt. Der volle Reiz dieser Mischung, vor allem die Sentimentalität und Melancholie des latein-amerikanischen Klanges ist schwerer in eine germanische Sprache über- zuleiten als Luropäisch-Verwandteres. Ls ist ähnlich wie mit den argentinischen Tangos. Die Sentimentalität ihres schleppenden melancholi- schen Rhythmus schluchzt am Feuer, auf der abendlichen Pampa, aus den Kehlen und Gitarren erdgebundenen Selbstverständlichkeit, die bei uns leicht Gefahr läuft, unrettbar ins weichliche verfälscht und verdünnt zu werden. Zum Schluß Mögen die wilden Schreie von Demetrios plündernder Rotte den deutschen Leser nicht so sehr schrecken, daß er das Rauschen ihres schönen starken Blutes überhört! Möge er die vitale säglichen Schönheit des mitleidlosen mexikani schen Himmels ahnen! Das Kameradschaftliche und Elementare von Demetrios Schar kommt in dem Titel „Die Rotte" zum Ausdruck. Vaierp Lardau- schreibt... zur französischen Übersetzung über Azuela: „Tat sächlich passen seine Schilderungen, seine Bilder in kein moralisches oder philosophisches System. Er fällt kein Urteil über die Schritte seiner Personen, er deutet nicht, er spricht niemals aus, was er denkt, noch was wir über Menschen und Geschehnisse, die er uns vor Augen führt, denken sollen." Gerade darin sieht der fein fühlige französische Kritiker die „höchste Tugend des Künstlers", und er rühmt, daß der mexi kanische Romancier seinem Stil nach zu der Familie von Schriftstellern gehöre, „die in ihren besten Momenten mehr oder weniger deutlich an die Kraft und Knappheit des Tacitus erinnern". Der Hei- -es Suche» wer wird leugnen, daß Demetrio Macias, der Führer der aufständischen Rotte, die kämp fend und requirierend durch Ialisco und Zaca- tecas zieht, als Idealgestalt eines Indioführers gezeichnet ist? Er ist stark und gesund an Kör- per und Seele; er läßt sich nicht durch die Der Übersetzer -es Nomans, Vr. tz. V. distelhoff, Ser jahrelang ln Mexiko war. Dort wurde er von einer San-e ver schleppt, Seren abenteuerliches Leben er teilen mußte. Erst nach monatelangcn Semühungen gelang es Ser Gesanötjchast, ihn Surch hohes LösegclS loszukoufen. de uns kamilia deeente, La malüora, LI des- quite usw. Die letzten beiden gehören dem Stil und dem Gehalt nach zu dem Modernsten, was die an Modernität die spanische oft über flügelnde mexikanische Literatur hervorgebracht hat. Schon seit dem Erscheinen von „Los de abajo" sieht die jüngste mexikanische Dichter generation Mariano Azuela als einen ihrer nach zu einer älteren Generation gezählt werden müßt». ... UN- sein Werk Alles in allem genommen, reiht sich in seinem epischen Werk ein Gemälde mexikanischen Le- gewollten Nüchternheit ist beileibe dem heiß herzigen mexikanischen Autoren nirgendwo zur Hauptsache geworden. Lebendig durchblutete Bilder schafft er, Bilder von den Menschen und der Erde seines schönen Landes. Seelenerschüt terungen einzelner und eines Volkes hat er ge staltet in seinem eigentümlichen knappen und manchmal volltönend pathetischen Stil, voll von barock gegliederten Satzgefügen. 200 »rrk äe«l8eI,Gi»» In l?»i» » n» » n»»t vbiser Anr L«Irä. 1171 6.50 « FI « « Mariano Azucla: Tod den Federalen! (AuS: Die Flott«, Verlag Kindt öc Bücher, Gießen Zwischen dem Gestrüpp in der Sierra schlie fen die fünfundzwanzig Leute des Demetrio Macias, bis das Hornzeichen sie weckte, pan- cracio blies es hoch von einem Felsen jener Ge- birgsgegend. Anastasio Montaüez, während er die Federn seiner Büchse prüfte. Aber ein Stunde verrann, ohne daß man etwas anderes als den Gesang der Grillen in den Krautbüscheln und das Ouaken der Frösche in den Rinnsalen vernommen hätte. Soldaten über dem obersten Rande des Steiges sich abzeichnen. Und hinter ihm erschienen andere, und noch zehn, und noch hundert; aber bald verloren sich alle wieder im Schatten. Der Glanz der Sonne stieg hinter den Bergen hervor; und da erst konnte man sehen, daß der ganze Hang mit Leuten bedeckt war, winzigen Männern auf Spielzeugpserden. „Seht doch, wie hübsch!" rief pancracio aus, „los, Iungens, wir wollen mit ihnen spielen!" Jene beweglichen Figürchen verloren sich manchmal im Dickicht des Gestrüpps, manchmal sah man sie weiter unten als schwarze Schatten Uber dem Ocker der Felsen. Deutlich konnte man die Stimmen von Füh rern und Soldaten unterscheiden. Demetrio machte ein Zeichen. Die Federn und Bügel der Gewehre krächzten. „Jetzt!" befahl er mit gedämpfter Stimme. Einundzwanzig Männer drückten zu gleicher Zeit ab, und ebenso viele Federalen fielen von ihren Pferden. In ihrer Überraschung standen die andern unbeweglich, wie aus den Felsen herausgemeißelte Basreliefs. Line neue Salve, und wieder rollten mit offenen Hirnschalen einundzwanzig Männer von Felsen zu Felsen hinunter. „Heraus, Banditen . . . verhungertes Gelich ter! . . ." „verreckt ihr Maisbreidiebe! . . „verreckt ihr Rindersresser! . . ." ^ damit zufrieden gaben, aus ihren verstecken her, ruhig und still, mit ihrer schon berühmt gewor denen Treffsicherheit Staat zu machen. „Paß auf, pancracio!" sagte der wilde, ein Kerl, der nur in Augen und Zähnen etwas Weißes hatte. „Das ist für den, der jetzt hinter dem Kaktus dort vorbeikommen muß . . . Sohn einer ... Da hast du's . . . mitten in den Kürbis! Hast du gesehen? . . . Jetzt den auf dem Schimmel . . . Runter mit dir, du Lüm mel! . . „Ich will den mal baden, der gerade dort am Rand des Steiges kommt . . . wenn du nicht ganz bis zum Fluß runter fliegst, elender Mocho, Hann wenigstens nicht weit davon weg . . . Na, wie war's? . . . hast du's gesehen?" „Mann, Anastasio, sei nicht so schlecht, leih mir deinen Karabiner! . . . mach! . . . einen einzigen Schuß! ..." die höchste Gnade, sie wenigstens einen Schuß machen zu lassen. „Laßt euch sehen, wenn ihr Männer sein wollt!" „Steckt den Kopf hoch, verlauste Lumpen!" von Berg zu Berg hörte man die Schreie so deutlich wie von einem Bürgersteig zum anderen. Die Wachtel richtete sich auf einmal splitter- nackt, mit den Hosen in der Hand in die Höhe und tat, als ob sie die Federalen herausfordern wollte, wie ein Torero den Stier. Da begannen die Geschosse auf Demetrios Leute niederzuregnen. „Au, au! Die haben mir, scheints, einen Schwarm Fliegen auf den Kopf geschmissen", sagte Anastasio Montaüez, der schon längelang zwischen den Klippen lag, ohne daß er die Augen zu heben wagte. „Wachtel! Sohn eines . . .! Jetzt dahin, wo ich euch gesagt habe!" brüllte Demetrio. Und sie krochen weiter, um neue Stellungen einzunehmen. Die Federalen begannen ihren Sieg hinaus zuschreien, und stellten das Feuer ein, als sie auch schon ein neuer Hagel von Schüssen ver blüffte. „Da sind noch welche zugekommen!" riefen die Soldaten. Und von Entsetzen gepackt, warfen viele kurz entschlossen die Pferde herum, andere ließen sie einfach im Stich und schwangen sich, Deckung suchend, an den Klippen hoch. Die Führer mußten auf die Flüchtigen feuern lassen, um die Ordnung wiederherzustellen. „Auf die da unten! ... auf die da unten!" rief Demetrio, und richtete seinen Dreißig- Dreißiger nach dem kristallenen Laden des Flus ses hin. Lin Föderaler plumpste grade ins Wasser hinein, und bei jeder neuen Ladung folgte ein anderer nach. Aber Demetrio schoß als einziger in der Richtung des Flusses, und für jeden, den er lötete, kamen zehn oder zwanzig Unverletzte den anderen Hang hinangestiegen. „Auf die da unten! ... auf die da unten!" schrie er wütend weiter. Nun borgten sich die Kameraden die Gewehre aus und schlossen, während sie zielten, wetten ab, ob sie treffen würden. „Meinen Ledergürtel, wenn ich dem auf dem Rappen nicht einen vor den Kürbis gebe! Borg mir deine Büchse, wilder . . ." „Zwanzig Mauserpatronen sollst du haben und eine halbe Elle Knackwurst, wenn du mich den auf der grauen Stute umplauzen läßt . . . schön . . . jetzt! Hast du gesehen, was für einen Sprung er gemacht hat? . . . wie ein Reh bock . . . „Lauft nicht, Mochos! . . . lernt euren Vater Demetrio Macias kennen! Kommt!" Nun flogen die Schimpfworts von dieser Seite aus. dabei so starr in die Länge, als ob es aus Stein gemeißelt wäre. Auch der Schmalz schrie und dabei spannte er die Sehnen seines Halses an und verzerrte sein Gesicht mit den schräg liegen den Mörderaugen zur Fratze. anderen auf die ernste Gefahr aufmerksam; aber die kehrten sich nicht an seinen verzweifelten Ruf, bis sie das peitschen der Kugeln von der
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