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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.11.1882
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1882-11-29
- Erscheinungsdatum
- 29.11.1882
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- Deutsch
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des Socialistengesetzes auf den Angeklagten, indem er aussührt, der Buchhandel, speciell der Sortimentsbuchhandel mit seiner Tendenz, die Bücher unter die Leute zu bringen, sei recht eigent lich eine gewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften, indem er sich mit seinen Kaufofferten an das ganze Publicum wende; wenn er in K. 24. nicht, wie in Z. 23. des citirtcn Gesetzes besonders erwähnt werde, so habe dies seinen Grund nur darin, daß der K. 24. jede Art der öffentlichen Ver breitung von Druckschriften habe treffen sollen; daraus, daß das Geschäft ohne Schaufenster in der F.'schen Privatwohnung betrieben worden sei, komme nichts an, namentlich dann nicht, wenn, wie hier, das Publicum zum Erscheinen durch Zeitungs inserate aufgesordert werde und das Mittel der Colportage zur Verfügung stehe. Die Revision des Angeklagten findet hierdurch das Straf gesetz (K. 24. 25. des eit. Ges.) verletzt, da der A. 24. den Buch handel nicht in sich begreife, auch die Verfügung des fürstl. Lastdrathsamts vom 20. Juli 1881 den Buchhandel nicht unter sage, event. der Angeklagte nicht selbst Buchhändler, sondern nur Procurist gewesen, und nicht sestgestellt worden sei, daß er sich der Colportage bedient habe. Die Revision war für begründet zu halten. Das Reichs-Preßgesetz vom 7. Mai 1874 bestimmt (H. 4.), daß eine Entziehung der Besugniß zum selbständigen Betriebe irgend eines Preßgewerbes oder sonst zur Herausgabe und zum Vertrieb von Druckschriften weder im administrativen, noch im richterlichen Wege stattfinden kann, und erklärt im Uebrigen für den Betrieb der Preßgewerbe die Bestimmungen der Gewerbeordnung für maßgebend (tz. 4. Abs. 2). Hieraus ergibt sich, daß, wer den Buchhandel als stehendes Gewerbe selbständig betreiben will, nur Anzeige vom Ansange des Be triebs und von dem Hocal desselben bei der zuständigen Behörde zu machen hat (Z. 14. der Gewerbeordnung), daß aber eine Erlaubniß der Ortspolizeibehörde erforderlich ist, wenn Druck schriften gewerbsmäßig auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen oder an andern öffentlichen Orten ausgerufen, verkauft, vertheilt, angeheftet oder angeschlagen werden sollen (tz. 43. der Gewerbeordnung); für die nicht gewerbsmäßige öffentliche Ver breitung von Druckschriften schreibt das Preßgesetz (K. 5.) vor, daß dieselbe durch die Ortspolizeibehörde untersagt werden könne. Indessen kann die Ertheilung der Erlaubniß zur gewerbsmäßigen öffentlichen Verbreitung nur aus bestimmten, im Gesetz namhaft gemachten Gründen verweigert, die nicht gewerbsmäßige öffent liche Verbreitung untersagt werden stz. 57. der Gewerbeordnung, ß. 5. des Preßgesetzes). Ausschließlich aus denselben Gründen, beim Vorhandensein gewisser Voraussetzungen, darf die Erlaub niß zum Gewerbebetrieb im Umherziehen, auch hinsichtlich der Preßgewerbe, versagt (Z. 55., 57. der Gewerbeordnung), und auch hier kann die einmal ertheilte Erlaubniß weder im richterlichen noch im administrativen Wege wieder entzogen werden (H. 143. der Gewerbeordnung, Z. 4. des Preßgesetzes). Der sog. fliegende Buchhandel, d. h. derjenige, welcher außerhalb eines bestimmten Verkausslocals stattfindet, fällt in seinen verschiedenen Formen entweder unter den stehenden, oder, wie namentlich die Kolpor tage, unter den Gewerbetrieb im llmherziehen, und hiernach ist es zu beurtheilen, inwiefern er einer polizeilichen Erlaubniß bedarf. Zum fliegenden Buchhandel gehört auch die vorerwähnte öffentliche Verbreitung von Druckschriften, sofern sie gewerbs mäßig geschieht (K. 43. der Gewerbeordnung); ob sie in diesem Fall Ausfluß eines stehenden Gewerbes ist, oder im Umherziehen geschieht, macht in der Beziehung keinen Unterschied, daß auch im ersten Fall die polizeiliche Erlaubniß erforderlich ist. An diesen Rechtszustand knüpfte das Socialistengesetz an. Es ging aus von dem Gedanken, daß die theils durch die Ge werbeordnung, theils durch Las Preßgesetz gewährte Gewerbe- uud Preßfreiheit, mit ihren vergleichsweise unbedeutenden gesetz lichen Schranken, in der Hand der Socialdemokratie zu einem die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung gefährdenden Werkzeuge geworden sei und ferner zu werden drohe, daher der Socialdemokratie gegenüber diese Art der Freiheit nach gewissen Richtungen hin suspendirt werden müsse. Es führte nun unter den im Gesetze bezeichneten Voraussetzungen, und abgesehen vom möglichen allgemeinen Verbot von Druckschriften, einerseits wieder die Möglichkeit einer Untersagung des Gewerbe-, namentlich auch des PreßgöwerbebetriebS, andrerseits dic Möglichkeit einer Polizei lichen Entziehung gewisser Betricbsbefugnisse ein. Die Voraus setzungen für jene und für diese Maßregel sind nicht die näm lichen. Die Untersagung des Gewerbebetriebs gegen Buchhändler, deren Gewerbe hier allein interessirt, kann nur durch richterliches Urtheil geschehen, und nur dann, wenn der Buchhändler sich die Agi tation für die in Z. 1. des Socialistengesetzes bezeichneten Bestrebungen zum Geschäft gemacht hat, und gleichzeitig wegen einer Zuwiderhand lung gegen die H. 17—20. des Socialistengesetzes zu einer Frei heitsstrafe verurtheilt wird (tz. 23. des Socialistengesetzes). Die polizeiliche Entziehung erstreckt sich dagegen nur aus die Befug- niß zur gewerbsmäßigen oder nicht gewerbsmäßigen „öffentlichen Verbreitung" von Druckschriften und auf die Besugniß zum Handel mit Druckschriften im Umherziehen, kann aber schon eiu- treten, wenn Derjenige, dem diese Besugniß zugestanden, entweder sich ein Geschäft daraus gemacht hat, socialistische Bestrebungen (K. 1. des Socialistengesetzes) zu fördern, oder wenn er aus Grund irgend einer Bestimmung des Socialistengesetzes zu irgend einer Strafe verurtheilt worden ist (A. 24. des Socialisten- gesetzes). Dem größern Nachtheil, welchen der Buchhändler durch Untersagung des Gewerbebetriebs erleidet, entspricht also das höhere Maß der dazu nothwendigen Voraussetzungen und die gerichtliche Form; dem geringen Nachtheil, welchen die Entziehung der Besugniß zur öffentlichen Verbreitung von Druckschriften und zum Handel mit solchen im Umherziehen mit sich bringt, ent spricht die Bestimmung, daß sie, weil von weniger Bedingungen abhängig, leichter und häufiger verfügt werden kann, und von der Administrativbehörde verfügt wird. Gegen dic Auslegung, daß der A. 24. des Socialistengesetzes auch den stehenden Buch handel (tz. 23.) mit umfasse, spricht auch schon die Erwägung, daß, wenn der Gesetzgeber dies beabsichtigt hätte, er nicht den stehenden Buchhandel in H. 23. neben dem H. 24. besonders genannt haben würde, und zwar als ein Gewerbe, dessen Be trieb untersagt werden könne, aber unter andern Voraussetzungen als denjenigen, unter welchen die „öffentliche Verbreitung" von Druckschriften, wovon A. 24. handelt, untersagt werden kann. Da gegen den Angeklagten F. kein gerichtliches Urtheil, ins besondere keine gerichtliche Verurtheilung der in K. 22. Abs. 1 des Socialistengesetzes gezeichneten Art, vorlag, auch gegen den selben nicht festgestellt worden ist, daß er sich die Agitation für socialistische Bestrebungen zum Geschäft gemacht habe, konnte nicht davon ausgegangen werden, es sei die Besugniß zum Buchhandel als demselben untersagt anzusehen, wobei dahingestellt bleiben mag, ob in dieser Beziehung der Eigenschaft des Angeklagten als bloßen Procuristen, der also nicht aus seine Rechnung Handel trieb, ein Gewicht beigelcgt werden mußte. Die Verfügung des fürstlichen Landrathsamts vom 20. Juli 1881 spricht denn auch nicht von Entziehung des Buchhandels, sondern, unter ausdrück licher Bezugnahme auf K. 24., nicht auf K. 23. des Socialisten gesetzes, nur von Versagung der Besugniß zur öffentliche» Ver breitung von Druckschriften und zum Handel damit im Umher-
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