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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-04-04
- Erscheinungsdatum
- 04.04.1887
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- Deutsch
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Untersuchen wir doch diese immer wiederkehrende Phrase ein mal auf ihre Berechtigung hin. Schreiber dieses ist in der Lage ge wesen, die Bilanz eines größeren Sortiments in einer der beiden Städte einzusehen, da finden sich an »Porto und Spesen« folgende Summen aus einem Jahre: Porto, Fracht und Telegramme 6530 -F Emballage 850 „ Ladenmiete 6000 „ Gehalt des Personals 8000 „ Steuern 460 „ Inserate 320 „ Schreibmaterialien, inkl. Formulare und Rech nungsbücher 620 „ Beleuchtung 450 „ Heizung 150 „ Trinkgelder 120 „ Satz, Druck und Papier für Kataloge als Ver triebsmittel . . . . . 3000 „ Summa 26 500 Ähnlich wird das Spesenkonto wohl in den meisten größeren Geschäften der beiden Städte aussehen. Nun möge doch der »Uni versitätsbuchhändler« einmal seine Spesen damit vergleichen und Nachweisen, woher er das Recht nimmt zu behaupten, Leipzig und Berlin habe »kein Porto und keine Spesen« zu zahlen. Er wird sich vielleicht daniit herausreden wollen, daß er nur den Verkehr in iznd mit Leipzig gemeint habe; indessen er hat seine Behauptung ganz allgemein aufgestellt, und schließlich ist es auch gleichgiltig, nach welcher Himmelsrichtung hin die Spesen draufgehen, sie sind vom Geschäft zu tragen und drücken ebenso, wenn sie im Verkehr mit China statt mit Leipzig zu bezahlen sind. Es ist Zeit, daß die Legende von dem wohlseilen Geschäfts betrieb in Leipzig und Berlin endlich einmal zerstört wird. Die Kollegen in diesen beiden Städten sind nichts weniger als auf Rosen gebettet; sie haben eine mindestens ebenso schwierige Stel lung, wie die Kollegen in der Provinz, in den meisten Fällen aber eine viel schwierigere. Denn wenn in kleineren Städten zehn bis zwanzig Firmen miteinander konkurrieren, so sind es in Berlin und Leipzig Hunderte von Kollegen, die einander die Kundschaft streitig machen, oft Haus bei Haus, wie —bei erstgenanntem Platz— in der Leipziger Straße und Unter den Linden, um nur ein Beispiel zu nennen. Und dazu kommt noch die auswärtige Kollegenschaft, die ganz munter bei unseren großen Bibliotheken ebenso Geschäfte zu machen sucht, wie die einheimischen Buchhändler, der auswärtigen Verleger nicht zu gedenken, die ihre Verlagsartikel mit Umgehung der Buchhändler am Platze den Bibliotheken und Behörden direkt anbieten, oft unverlangt zur Ansicht senden. — Von der enormen Konkurrenz in Leipzig und Berlin haben die Herren draußen in den meisten Fällen gar keine Ahnung, sonst würden sie die Groß städter nicht so um ihre Stellung beneiden. Thatsächlich kann nie mand in Berlin und Leipzig von dem Platzgeschäft allein leben. Die Herren dort sind gezwungen, möglichst weit nach außerhalb ihren Absatzkreis auszudehnen, daher die enormen Portospesen, die sich in der vorerwähnten Aufstellung finden. Hierbei kommt ihnen nun allerdings das Ansehen der Stadt, in der sie wohnen, sehr zu statten. Damit kommen wir auf einen anderen wichtigen Punkt, der gar nicht genug gewürdigt wird in den Angriffen gegen Berlin und Leipzig. Leipzig gilt mit Recht seit Jahrhunderten in der ganzen Welt als diejenige Stadt, aus welcher man Bücher am schnellsten beziehen kann, und Berlin hat seit der Neu-Errichtung des Deutschen Reiches angefangen, sich einer ähnlichen Beliebtheit in den bücherkaufenden Kreisen des In- und Auslandes zu erfreuen. Das sind Kultur-Erscheinungen, deren Entstehung zu beleuchten uns hier zu weit führen würde, Er scheinungen, die sich unwiderstehlich wie ein Naturprozeß vollziehen Erscheinungen, die den Kollegen in der Provinz unbequem sein mögen, die sich aber schwerlich durch die auf die Spitze getriebenen Rabatt-Nörgeleien, wie sie seit zehn Jahren wieder einmal auf der Tagesordnung stehen, beseitigen lassen werden, ebensowenig jetzt, als es bei früheren Rabattbewegungen gelungen ist. Nehmen wir einmal den Fall an, es gelänge wirklich, überall in Deutschland den Ladenpreis zur alleinigen Geltung zu bringen, so würde das Übergewicht von Leipzig und Berlin dadurch nicht im mindesten erschüttert werden, davon sind wir ganz überzeugt. Die Klagen über Berlin und Leipzig würden voraussichtlich ebenso fort- bestehen. Und aus diesem Grunde will es dem Schreiber dieses nicht gerecht erscheinen, daß den Leipziger und Berliner Kollegen die ganze Schuld für die Misöre im Buchhandel immer wieder in die Schuhe geschoben wird. Wenn nun andere Berufszweige auch so verfahren wollten! Erscheinungen, wie die im Buchhandel zu Tage tretenden, finden ich auch in anderen Geschäften; haben nicht Hamburg und Bremen im Warenhandel ein ähnliches Übergewicht über die Städte im Binnenlande, Fabrikstädte durch günstige Bodenbeschaffenheit anderen gegenüber, die weniger günstig liegen? Wer kann den in olchen bevorzugten Orten Wohnenden daraus einen Vorwurf machen? Bei uns macht man aber immer Front gegen Berlin und Leipzig. Allerdings werden dabei einige herausgegriffen, an denen man ein abschreckendes Beispiel üben möchte; gemeint ist aber immer die ganze Kollegenschaft der betreffenden Stadt. Würden die Herren draußen die Verhältnisse näher kennen, sie würden gewiß nach- ichtiger sein, als sie es sind. Man achtet draußen immer nur auf die wenigen größeren Firmen, deren Inhaber es verstanden haben, die gegebenen Vorteile ihrer Stadt geschickt zu benutzen; man redet aber niemals von den vielen kleinen Geschäften, deren Besitzer in chwerem Kampfe um die tägliche Existenz kümmerlich ihr Dasein risten, und meistens ohne Sang und Klang von der Bühne abtreten. Den Grund unserer gegenwärtigen mißlichen Zustände im deutschen Buchhandel, die ja nicht zu leugnen sind, müssen wir tiefer suchen als in dem Übergewicht von Leipzig und Berlin. Die Ur sachen dürften wohl in den veränderten politischen Verhältnissen liegen, in der Gewerbefreiheit und der Freizügigkeit, die einen durchgreifenden Umschwung in Handel und Gewerbe zur Folge haben, in den so großartig umgestalteten postalischen Einrichtungen, wie in der technischen Ausbildung unserer Verkehrsmittcl u.dergl.nl. Das sind die Faktoren, mit denen wir zu rechnen haben und welche alle Berufsarten gegenwärtig ebenso in Mitleidenschaft ziehen wie den Buchhandel. Gar mancher wird durch diese Krisis der Neuzeit in seiner Existenz bedroht, aber die Gesamtheit wird sie überwinden. Mehrfach haben wir in unserm erfindungsreichen Jahrhundert ge sehen, wie eintretende Neuerungen die sie begleitenden Befürchtungen dabei interessierter Kreise Lügen straften. Als die Eisenbahnen vor fünfzig Jahren erstanden, sollte es mit der Sicherheit des Reisens vorbei sein; die Erfindung der Photographie sollte angeblich die Zukunft der Malerei in Frage stellen; das billige Porto sollte die Post ruinieren u. s. w. Die davon Betroffenen haben immer das Übergangsstadium glücklich überwunden, und so wird es auch mit uns der Fall sein; auch wir werden uns über kurz oder lang mit der Gewerbefreiheit und den sonstigen Beunruhigungen der Gegenwart aussöhnen. Das soll uns allerdings nicht hindern, uns gegen den Schaden, den sowohl die Gesamtheit wie der Einzelne von uns während dieses Übergangsstadiums zu erleiden hat, nach Kräften zu wehren. Um dies zu thun, bedürfen wir einer kräftigen Macht. Das Vorgehen gegen einzelne Firmen, Städte oder Gruppen hat nicht eher Aussicht auf Erfolg, als bis wir die Macht besitzen, dem Willen der Allgemeinheit Geltung zu verschaffen. Diese Macht fehlt zur Zeit noch; aber die Möglichkeit, sie zu er langen, ist vorhanden. In unserm Börsenverein besitzen wir eine Organisation, die dafür durchaus geeignet ist; dort ist der Hebel anzusetzen. Zersplittern wir unsere Zeit und Kraft nicht länger damit, neben dem Börsenverein andere machtlose Vereinigungen ins
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