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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.04.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-04-16
- Erscheinungsdatum
- 16.04.1887
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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Sprechsaal. 2003 86, 16. April 1887. Sprechsaal. ^ Zur Verdeutschung der Gcschäftssprache. Im Sprechsaal der Nr. 53 des Börsen blattes hat Or. W. mit einem Artikel, welcher ernstliche Beachtung verdient, den Anfang dazu gemacht, einer allzuweit gehenden Ver deutschung der Geschäftssprache eutgegenzutreten. Er hat — m. E. mit vollem Recht — darauf hiugewiesen, daß ein Unterschied zu machen ist zwilchen überflüssigen »nd berechtigten Fremd wörtern, und zählt zu den letzteren — schon aus juridischen Gründen — das aus einmal so viel geschmähte, kürzlich sogar »abscheulich« genannte Wort »ü condition« (bezüglich der Schreibweise vergl. Or. W.s. Artikel im Sprech saal der Nr. 76 des Börsenblattes). Ich bin überzeugt, daß es sehr schwer sein wird, die von Or. W. vorgebrachten Gründe ernstlich zuwiderlegen, Gründe, welche zweifel los weitaus stichhaltiger sind, als alle von puristischer Seite bisher ins Feld geführten. Der meines Wissens zuerst von Kanzler Or. Rümelin (die Berechtigung der Fremd wörter. 1887) unumwunden ausgesprochenen Ansicht, daß zwar jedes entbehrliche Fremd wort vermieden werden soll, daß aber keines wegs alle Fremdwörter entbehrlich und un berechtigt sind, schließe ich mich getrost und — wie ich denke — unbeschadet meiner patrio tischen Gesinnung an. Wer da glaubt, alle Fremdwörter aus der buchhändlerischen Ge schäftssprache verbannen zu können, schüttet das Bad mit dem Kinde ans. Sicherlich sind in unserer Geschästssprache viele übeiflüssige Fremd wörter gang und gebe, welche ohne Schwierig keit entsernt werden können; diejenigen aber, welche sür feststehende Rechtsbegriffe seit Jahren die zutreffendste Bezeichnung ge liefert haben, eignen sich nicht dazu ohne weiteres abgeschafft zu werden. Zu diesen letzteren rechne ich den terruinns tsolinious »Dispvnenden«. So lange der deutsche Jurist seinen »Civil- prozeß« und »Könkursprozeß« unverdeutscht läßt, so lange der Buchhandel selbst »Sorti menter« und »Antiquare« und sogar »moderne Antiquare« kennt, so lange ei» Buchhändler dem anderen tüchtig »Konkurrenz« macht, so lange der Buchhändler wie jeder Kaufmann seine »Bilanz« zieht, so lange ist nicht ab- znsehen, warum der deutsche Buchhandel sich seines »ü condition« und sciner »Disponenden« zu schämen brauchte. Eine nähere Erörterung der mit dem Fremd wort Disponenden bezeichnet«»! Usance würde hier zu weit führen; ich behalte mir eine solche für andern Ort vor. Nur daran soll erinnert werden, daß gemäß der buchhäudlerischen Usance ein Recht zum Disponieren dem Sortimenter u priori nicht zusteht, weil das freie Ver fügungsrecht über Konditionswaren mit der Ostermessc an den Verleger zurückfällt. Ob und unter welchen Bedingungen seine Vcrlags- artikcl disponiert werden dürfe», hat lediglich der Verleger zu bestimmen; die Einsendung einer Disponenden-Faklur an den Verleger, welcher nicht auf irgend eine Weise erklärt hat, daß er Disponenden gestattet, ist daher nur eine Disponenden-Anfrage, welche der Znstimmung des Verlegers bedarf. Sind die Disponenden vom Verleger ge nehmigt und anerkannt, so bleiben sie trotzdem seiner freien Verfügung jederzeit unterstellt, da die Rücksendung der disponierten Waren vom Verleger zur Ostermesse nur ans unbe stimmte Zeit gestundet worden ist. Die Dis- pouendeu dürfen also nicht, wie oft irriger Weise angenommen wird, für ein weiteres Rech nungsjahr, sondern nur sür unbestimmte Zeit auf Lager behalten und können jederzeit vom Verleger zurückbeordert werden. (Vergl. Weid ling, Konditionsgeschäft. S. 10V. 101; Schür mann, Usancen. 2. Ausl. S. 80. 81.) Dadurch unterscheiden sich die Disponenden wesentlich von der im Lause eines Rechnungs jahres »s. condition« gelieferten Ware. Über letztere steht dem Sortimenter — wenn der Ver leger sich nicht auf rechtsgiltige, den Sortimenter bindende Weise Vorbehalten hat, sie schon vor der Messe zurückzuverlangen — ein unbedingtes Verfügungsrecht bis zur nächsten Ostermesse zu. Item — man mag die Disponenden be trachten wie man will, der Charakter des Un vollendeten haftet ihnen immer an, und es war daher vom sprachlichen Standpunkt aus ganz gerechtfertigt, für die buchhändlerische Usance des Dispouierens ein Fremdwort zu wählen, welches vermöge seiner im Deutschen in Kürze nicht wiederzugebenden Gerundivsorm etwas an sich Unvollendetes zum Ausdruck bringt. Gerade das übersehen die Übersetzungen des Wortes Disponenden ganz, daß das latei nische Gerundivum in keiner deutschen Substantiv form ein wirkliches Äquivalent findet. Das Gerundivum bezeichnet eine Handlung, welche im Vollendelwerden begriffen, aber noch nicht vollendet ist, während die deutschen mit »ung« endigenden Substantiv» eine Handlung als vollendet bezeichnen. Mit dem deutschen Wort »Verfügung« ist daher nicht ein Gerundivum, sondern ein Perfektum übersetzt. Gegen diese Übersetzung ist aber ferner noch einzuwenden, daß Disponieren im buch händlerischen Sinne gar nicht »verfügen«, son dern »zur Verfügung stellen« heißt. Aus diesem Infinitiv kann nur das Hauptwort »Zurverfügungstellung«, welches wohl kaum Aussicht auf große Beliebtheit haben dürfte, aber nicht »Verfügung« abgeleitet werden,. Endlich steht der Einführung dieser Über setzung vom praktischen Standpunkt ans das entgegen, daß man auf geradezu undeutsche Wortbildungen stößt, sobald man auch nur die am häufigsten vorkommende und im Geschäfts verkehr nicht zu entbehrende Zusammensetzung: »Disponenden-Faktur« verdeutschen will. Aus drücke, wie: »Berfügungen-Verzeichnis«, »Ber- sügbares-Liste«, können doch wohl nicht An spruch daraus erheben, in unsere Geschäftssprache eingesührt zu werden. Die Vorschläge, welche für eine Über setzung des Wortes Disponenden gemacht wor den sind, haben m. E. nur die Ü »Möglich keit einer solchen zur Genüge bewiesen. Aber auch die Verdeutschungsvor schläge fülle» die Lücke nicht aus, welche in unserer Geschäsissprache durch die Verbannung des Wortes Disponenden entstehen würde. Erjatzworte, wie: »Übernommenes«, »Lager«, »Lagerwert«, »Lagerbehalt«, »Übertrag an Büchern« u. s. f. vermögen den oben ange gebenen, sehr wesentlichen Unterschied zwischen »Konditionsgut« und »Disponenden« nicht prägnant genug zu kennzeichnen. Dieselbe Gefahr, welche Or. W. a. a. O. in einer Beseitigung des tsrminus tsolmiouo »ü condition« erblickt, wäre m. E. auch dann vorhanden, wenn man dem feststehenden Rechts begriff »Disponenden« einen neuen Namen geben wollte. Wenn es nun aber gar so schwer hält, das Wort Disponenden in einer seine juridische Bedeutung nicht tangierenden Weise zu ver deutschen (wenn vollends kaum daran zu denken ist, daß eine Einigung über ein Eisatzwort herbeigeführt werden kann — eine Annahm-, zu welcher die zahlreichen Surrogatvorschläge doch zweifellos berechtigen —), so ist kein Grund vorhanden, das zutreffende und fest ein gebürgerte Fremdwort »Disponenden« in Ver ruf zu erklären, bloß weil es momentan wieder etwas mehr Mode geworden ist, gegen die Fremdwörter im allgemeinen ins Feld zu ziehen. Auch hier ist die Spreu vom Weizen zu sondern! Kann man sich aber durchaus nicht dazu entschließen, den seit Jahren seinen Dienst gut versehenden tsrmiuus tsobnieus »Disponenden« in Ehren bestehen zu lassen, so bleibt nichts anderes übrig, als zu einem Radikalmittel zu greifen. Es ist in neuerer Zeit hin und wieder die Ansicht ausgesprochen worden, man solle das »Disponieren« und »Disponierenlassen« über haupt aufgeben, die Disponenden aus den Üsancen des Buchhandels streichen. Nun denn so greife man zu diesem Mittel! Oeterum esnsso: man soll entweder das Wort Disponenden unverändert stehen oder die Disponenden ganz fallen lassen. F., 6. April 1887. 8. Unser Börsenblatt hat bezüglich der an gestrebten Ersetzung, resp. Verdeutschung der mißliebigen Bezeichnung »ü condition« bereits eine ansehnliche Litteratur aufzuweisen, ohne daß bislang ein Vorschlag gemacht wäre, der Beifall gesunden hätte. Auch wir huldigen dem Streben, entbehrliche Fremdworte zu meiden, ohne deshalb ein jedes derselben verdeutschen zu wollen, wie ja auch andere Kulturvölker solche ausgenommen haben und beibehalten. Bei dem widerwärtigen »ü cond.« hat uns nun besonders eines noch stets verdrossen, daß nämlich kein Nichtbuchhändler im stände ist, dasselbe richtig zu deuten, und daß besonders bei buchhändlerischen Konkursen und Rechts streitigkeiten den Richtern, Anwälten und kauf männischen Kuratoren der Begriff des »ü cond.« immer erst klar gestellt werden muß. Ta nun im geschäftlichen Leben Klarheit des Ausdrucks ganz besonders anzustreben ist und keine der vorgeschlagencn Verdeutschungen des »ü cond.« so recht zutrifft, so machen wir lieber ans der Not eine Tugend und (lachen Sie nicht!) schließen uns dem kaufmännischen Brauch an, indem wir »in Kommission bestellen und liefern«. Das ist nach unserem Dafürhalten wenig stens eine praktische Lösung der Frage, durch welche der Charakter der Lieferung als »Kom missionsgut« klar und deutlich festgestellt wird. Gehen die Kauflcute dann einmal zur Rei nigung ihrer Sprache über und wird sür »Kom- missiousgut« auch in unseren Rechtsbüchern ein deutsches Wort eingesührt, dann ist es an der Zeit, dies auch unsererseits anzunehmen. V. L L. Schlußbemerkung der Redaktion. — Nachdem der obige Gegenstand unseres Erachtens ausgiebig besprochen worden ist, glauben wir diese Erörterung nunmehr schließen zu dürfen, und bitten, uns gefälligst keine weiteren Ein sendungen mehr über das gleiche Thema machen zu wollen.
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