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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.03.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-03-22
- Erscheinungsdatum
- 22.03.1930
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- Deutsch
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6g, 22, März 1930, Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Schiffsbibliotheken Hotelbibliotheken. »Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen«. Unter die sem Motto sind die Bibliotheken des Lloydschnelldampfer-Trios »Bremen«, »Europa«, »Kolumbus« zusammengestellt, denn es gilt ja nicht nur, den verschiedenen literarischen Einstellungen des einzelnen, sondern auch dem Geschmack der zahlreichen Nationen, die auf den Dampfern vertreten sind, etwas zu bieten. Reisten doch einmal auf dem Schnelldampfer »Bremen« des Norddeutschen Lloyd nicht weniger als 26 verschiedene Nationen. Die etwa 2000 Bände, die an Bord jeden Dampfers vorhanden sind, umfassen moderne Literatur und Klassiker, Biographien und Neisebeschreibungen, Werke der Philoso phie, Geschichte und Ästhetik, humoristische Biichcr, Detektivgeschichtcn, Konversations-Lexika usw. Unter Berücksichtigung der zahlreichen Amerikaner, die auf den Schnelldampfern reisen, ist in den Biblio theken der I. Klasse das Verhältnis der deutschen Bücher zu den Büchern in englischer Sprache kikty : kikt^, d. h. etwa 500 deutsche und 500 englische Bände. Außerdem sind kleinere französische Biblio theken vorhanden. Die Bibliothek der dritten Kajüte für Touristen, die in der Hauptsache von Studienreisenden und Mitgliedern des ge bildeten Mittelstandes benutzt wird, umfaßt im Einheitseinband mit Goldaufdruck deutsche, englische und französische Bücher. In der Bücherei der 3. Klasse, in der vornehmlich Auswanderer fahren, sind außer deutschen und englischen Büchern tschechische, ungarische, jid dische und litauische Bücher enthalten. Ein Kunstwerk bietet nur dann den vollen Genuß, wenn cs in harmonischer Beziehung zu seiner Umwelt steht. Der Norddeutsche Lloyd hat daher der Ausstattung der Bibliotheksräume seiner Damp fer ganz besondere Sorgfalt zugewandt und erste Künstler damit be auftragt. Die Bibliothek der I. Klasse auf dem seit August vorigen Jahres in Dienst stehenden Schnelldampfer »B r e m e n« hat der be kannte Düsseldorfer Künstler Professor Fritz August Breuhaus de Groot entworfen. Sie ist ganz aus Bubinga-Holz gestaltet. In reiz vollem Kontrast zu dem lbraunen Holz steht das eigenartige Hell grün der Vorhänge und Möbelbezüge. Die Bücherschränke sind ein gebaut. Die Holzwände werden durch Intarsien, die Sprüche und Gedichte deutscher, englischer und amerikanischer Schriftsteller dar stellen, geschmückt. Ein dicker, handgeknüpftcr Smyrnateppich liegt über dem Boden und zahlreiche Stehlampen mit großen, flachen Sciöenschirmen verbreiten ein weiches Licht. Ein Tempel, dem Geist geweiht. — In dem in die Bibliothek übergehenden Schreibzimmer, das die gleiche Innendekoration aufweist, sind Intarsien, die Sprüche und Gedichte in französischer, spanischer, italienischer, russi scher, türkischer, chinesischer usw. Landesschrift darstellen, als Gruß an die Nationen angebracht. Sie wurden von Or. Karl Wolfskehl- Mllnchen ausgewählt und von Professor Ehmcke-München intarsiert. Der Entwurf für die Bibliothek des Schnelldampfers »Europa«, der am 19. März seine erste Reise angetreten hat, stammt von Prof. Paul Ludwig Troost-München. Vier eingebaute, bis zur Decke reichende Bücherschränke aus Hellem Nußbaum-Maser- holz mit vergoldeten Profilen nehmen die Bibliothek auf. Die Vertäfelungsflächen sind in taupefarbenem Schleiflack gehalten. Vier Bronzebüsten von deutschen und amerikanischen Philosophen und Dichtern schmücken den Raum. Diese in Bronze gegossenen Büsten »Kant« und »Emerson« von Prof. Fritz Claus-München, »Goethe« von Prof. Georg Müller-München, und »Whitman« von Prof, ttlfcrt Jansen-Stuttgart sind Symbole für die geistige Verbunden heit zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. Vornehme Ruhe strahlt dieser Raum aus. Köstlichkeiten müssen ein kostbares Gewand tragen, erst dann erfüllen sie die Gesetze der Ästhetik und lösen dieses beglückende Ge fühl befriedigten Schönheitsempfindens aus. Wo bliebe die Schön heit einer echten Perle, wenn sie in Blech gefaßt wäre, wo der Zauber eines edlen Weines, wenn man ihn aus einer Porzellantassc trinken würde? Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form ist maßgebend. Die Bücher des Lloyd Schnelldampfer-Trios tragen daher ein Gewand, das von den Künstlern, die den Raum schufen, entworfen wurde. Sie bilden also mit ihrer Umgebung eine harmonische Ein heit. Sämtliche Bücher der I. und II. Klasse sind Halbleder-Bände. Die Einbände der I. Klasse auf dem Dampfer »Bremen« sind in Hellem Braun gehalten, das zu dem Braun des Bubinga-Holzes, in dem die Schränke ausgeführt sind, gut stimmt. Sie sind mit hell braunem Ballon-Leinen überzogen. Nückentitel und Signet in echtem Gold, der Farboberschnitt ist grün. Die Bücher der II. Klasse sind im Damensalon untergebracht. Dieser Raum trägt naturgemäß einen viel leichteren Charakter als eine ausgesprochene Bibliothek. Ter Einband der Bücher ist daher auf eine heitere Note gestimmt: hell- 276 rote Halbsaffianbände mit rosenholzsarbenem Ballonleinen als Überzug. Die Bücher in der Bibliothek der I. Klasse des Dampfers »Europa« sind mit dunkel rosenholz-farbenem Mattleinen bezogen, Rücken und Ecken sind aus Saffianleder, das ebenfalls rosenholz- farben getönt ist, aber dunkler gegen das Leinen steht. Auch hier Titel und Signet in Echt-Gold. Die Bücher der II. Klasse haben braunen Lederrücken mit Echtgold-Aufdruck, Ballonleinen, das gelb lich-hellbraun getönt ist, bildet den Überzug. — Die Bucheinbände sind so ausgeführt, daß auch der verwöhnte und in Buchfragen be wanderte Leser sieht, daß Qualitätsarbeit vorliegt. Zum Schluß sei noch auf eine Gruppe der Bücherei hingewiesen, deren Bücher nicht in Leder gebunden sind, die aber von ihren Lesern besonders geliebt werden. Sie müssen, was die äußere Struktur anbetrifft, widerstandsfähig sein, denn ihre Leser, die sehr begcisterungsfähig und aufnahmebereit sind, gehen nicht immer gerade vorsichtig mit ihnen um. Auch für sie sind Bücher Freunde. Freunde, die man zärtlich liebt, manchmal auch etivas knufft und pufft, was der Freundschaft aber keinen Abbruch tut! Mit roten Backen und leuchtenden Augen sitzen die kleinen Leser über Grimms Märchen, lassen Gestalten aus »Tausend und eine Nacht« vorbei ziehen, lassen Andersens standhaften Zinnsoldaten aufmarschicren und bereisen mit dem fliegenden Koffer ferne Länder. Sie freuen sich über Or. Toolittle und ^liee in VVonckerlanck und sagen zum hundertsten Male: 3aek anck ^ill went cko^m kde diU witd a pail ok water. Ich sehe noch den jüngsten lesenden Passagier in dem lustigen Kinderzimmer des Schnelldampfers »Bremen« vor mir. Es war eine kleine Amerikanerin, die mit ihrer kleinen, vom Herumkriechen auf der Rutschbahn etwas angeschmärzten Pfote, ganz vertieft ins Beschauen, ein Bilderbuch umblätterte. Als ich näher hinsah, be merkte ich, daß die Bilder auf dem Kopf standen. Ich drehte das Buch um, aber die Kleine brachte es in seine alte Lage zurück. Und sie hatte recht. Erstens soll man weder kleine noch große Leute zu ihrem Glück zwingen und zweitens ist ja alles relativ. Was ist richtig, was ist falsch? Es kommt lediglich darauf an, von welcher Seite man selbst die Dinge betrachtet. Man selber muß wissen, was man für oben und unten halten will. Jjo. Eine rühmenswerte Tat hat die Direktion des Hotels »Excel- sior« in Berlin als einzige der gewiß nicht hotelarmen Viermillionen- und Fremdenstadt durch ihre etwa 5000 Bände umfassende moderne Hotelbibliothek vor einigen Jahren vollbracht. — »Es ist wohl das erste Mal in Deutschland, daß ein Hotel eine Bibliothek von solchem Umfange wie hier seinen Gästen zur freien, unentgeltlichen Be nutzung zur Verfügung stellt«, darf der Schöpfer dieser Bibliothek mit berechtigtem Stolz im Vorwort des fast 200 Seiten starken Kata- loges zum Ausdruck bringen. Voller Freude ob solchen mutigen Unternehmens gehe ich an den vielen hohen Glasschränken der Bibliothek entlang. Die einheitlich in grünem Leder gebundenen Bücher mit der eingepreßten Aufschrift: Hotel Excelsior sind in bestem Zustand. Jeder Gast kann soviel Bücher entleihen, wie ihm beliebt. Auch zeitlich bestehen keinerlei Vorschriften. Das Interesse an dieser kulturell so ungeheuer wich tigen Einrichtung ist sehr rege und beweist, daß die Gäste nicht nur theater-, kino- und sportbegeistert sind, sondern in gleichem Maße auch guten Büchern ihre Mußestunden widmen. Ein literarisch be schlagener Bibliothekar steht von morgens bis abends zur Ver fügung. Auf Wunsch werden die Bücher dem Gast aufs Zimmer gebracht, Telefonanruf vom Zimmer aus genügt. Vergeßliche Ent leiher werden auf sehr diskrete Art bei ihrer Abreise durch Anhef tung ihrer Duplikatquittung an die Rechnung an die Rückgabe der Bücher erinnert. Die Bibliothek umfaßt alle Gebiete: Lebensbe schreibungen, Erinnerungen, Briefwechsel, Geschichte, Kulturgeschichte, Erd- und Völkerkunde, Reisen, Kunst, Kunstgewerbe, Musik, Theater, Philosophie, Religion, Erziehung, Sprachwissenschaft, Wörterbücher, Gcsundheitslehre, Medizin, Spiel, Sport, Naturwissenschaften, Nechtswesen, Volkswirtschaft, Technik, Handel und Gewerbe, Lite raturgeschichte, fremdsprachliche Werke und schöne Literatur. Um die tiefe, weithinwirkende Bedeutung dieses eminent wich tigen Faktors im neuzeitlichen Hotelbetricb zu dokumentieren, wäre es nötig, die Autoren und Bücher hier aufzuzählen, die der 182 Seiten starke Katalog umfaßt. Tie Bibliothek ist ohne jede Tendenz zu sammengestellt nach dem Motto: jeder Schicht das, was sie wünscht. Beunruhigen wir uns deshalb nicht über das Vorhandensein seich ter Unterhaltungsliteratur, übergehen wir mit Toleranz gewisse Kriegserinnerungen und freuen wir uns doppelt der so überaus zahlreich vertretenen Autoren ernstester Werke. Albert Zimmer.
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