Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1887
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- 1887-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1887
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mußten eingerichtet, die Vorräte geordnet, Bedenken erregende Bücher möglichst versteckt werden. Die Verzeichnisse der Neuig keiten wurden in Plakatform gebracht und ausgehängt, was auch öfters mit den gedruckten Titelblättern geschah. Die Verleger gaben sich mit ihren Reisenden Rendezvous und beratschlagten über die Campagne. Im Jahre 1565 traf sich dort Birckmann mit acht seiner Reisenden. Die Einkäufer drängten sich mit den eigenen und fremden Aufträgen in den Gewölben herum, um möglichst bald zu »Muttern« zurückzukommen oder nach Leipzig zu eilen, dessen Messe unmittelbar auf die Frankfurter folgte. Die Be stellungen auf Werke der ausländischen Litteratur, die erst in der nächsten Messe geliefert werden konnten, wurden notiert und die zahlreichen Briefe und Paketchen der Gelehrten abgeliefert, denn die Buchhändler haben von jeher Privatpostdienst gratis geleistet, bis ihnen der Staatssekretär I)r. von Stephan, nicht mit Gewalt maßregeln, sondern mit seinen billigen Portosätzen als Befreier erschien. Keinem Gewerbe wurde überhaupt von jeher so sehr seitens der Post durch die Finger gesehen, als dem Buchhandel, weil die Behörden im allgemeinen einsichtsvoll genug waren, um zu verstehen, daß der Buchhandel nicht ohne eine gewisse Porto- frciheit existieren könne. Dann kam das böse Abrechnen, welches durch die doppelte Rechnungsweise, die »lautere«, auf Nettopreisen beruhende, und die »unlautere« in Ordinärpreisen, mit verschiedenartigem Rabatt, über den man hin und her marktete, sehr erschwert wurde. Wenn der Beutel des Verlegers die nötige Fülle erreicht hatte, folgte die Abwickelung der Geschäfte mit den Buchdruckern, sowie den Papier-Machern und -Händlern, die Lagerrevision, bei welcher die Ehrlichkeit nicht gerade ihre glänzendsten Triumphe feierte, und die Ablieferung der Freiexemplare, bei welcher Promptheit auch nicht eben eine hervorragende Eigenschaft war. Die ausübende Gewalt konnte es aber nicht anders erwarten, denn was einmal konfisziert war, blieb es gewöhnlich, selbst wenn eine Freisprechung erfolgte. So gestaltete sich das Treiben in den Gewölben. Dasselbe rege Leben herrschte aber auch auf den Straßen, wo das leichte Fußvolk des Buchhandels, hausierende Männer, Weiber und Kinder, mit. dem auch uns bekannten Extrablattgeschrci, nenwe Zeitungen, Mord- und Wundergeschichten, Kalender aus diesem Jahre, neue Lieder nach altbekanntem Ton u. dgl. feilbotcn. Nach gethanem Geschäft fehlte schließlich auch das Vergnügen nicht. Arbeit macht Durst; Buchhändler, große und kleine, ge hörten stets zu den durch großen Durst begünstigten Klassen, und von Frankfurt hieß es, es habe mehr Wein in den Kellern als Wasser in den Brunnen. In den Weinstuben gab es keine Polizei stunde, überall ging es hoch her, nnd die Gelage und Zechereien dauerten meist bis znm Morgen. Da mag wohl auch im frohen Kreise manche Differenz nach dem Grundsätze des würdigen Vater Wittenbecher, wenn das meterlange Geroldsche Konto nicht stimmen wollte und er verzweifelt sein Sammetkäpsel hin und her schob: »Teilen wir«, ausgeglichen worden sein. Auf stürmische General versammlung folgt ja auch heute noch das Differenzen schlichtende Kantate-Essen. Waren die Geschäfte nach außen abgewickelt, dann galt es, das zurückbleibende Lager in Ordnung zu bringen, die Meß register ins Reine zu schreiben, wodurch der Aufenthalt sich oft über die eigentliche Messe hinaus verlängerte. oomms obsx nou8 vor 50 Jahren; wer diese Zeit erlebt hat, denkt unwillkür lich au den alten Schott mit seinem historischen Weinfäßchen. Die Mainzer von damals hatten es ja noch bequemer mit der Zusendung der nötigen Stärkung. Neben dem Buchhandel blühte der Papierhandel kräftig in Frankfurt. Bei der steigenden Konsumtion war es nicht immer leicht, das notwendige Quantum zu beschaffen. Großen Druckern und Verlegern genügte nicht die Verbindung mit einem Fabri kanten, um so weniger, als die Fabriken oft weit vom Druckorte ablagen. Der Papierhandel, nicht selten mit Buchdruckerei und Buch handel verbunden, gewann deshalb eine große Bedeutung. Die hauptsächlichsten Bezugsquellen waren Elsaß, Lothringen und Burgund. Im allgemeinen war das Papier zwar billiger ge worden, aber auch schlechter. Seit 1540 spricht man von Druck papier (ungeleimtem Papier) und kennt auch das Planieren. Die Versendung des Papiers fand in der Regel, wie bei den Büchern, in Fässern statt. Oft verfaulte die Ware durch eindringende Feuchtigkeit, so daß sie nicht einmal zu »Mackelthur« zu ge brauchen war. Der Ballen wurde in Frankfurt durchgängig zu 12 Ries gerechnet; in Norddeutschland, wo das Papier fast noch einmal so teuer war als in Frankfurt, hatte der Ballen nur 10 Ries. Wann die Verschiedenheit in der Berechnung des Ries (480 Bogen für Schreibpapier, 500 Bogen für Druckpapier) aufkam, läßt sich nicht fcststellen, jedenfalls ist die Berechnung nach 480 Bogen die ältere. Im letzten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts traten zwei Ereignisse ein, die Errichtung der kaiserlichen Bücher kommission und die Entstehung des Meßkatalogs, welche beide für die Messe von einschneidender Bedeutung waren, jedoch nach ganz verschiedener Richtung hin; denn so sehr der Meß katalog den Verkehr hob und zu den eigentümlichsten Institutionen des deutschen Buchhandels gehört, so hemmend und verderblich wirkte die Bücherkommission. Wir wenden uns zunächst dem Meßkntaloge zu. Sein Entstehen verdankt der Frankfurter Meßkatalog dem Augsburger Großsortimcuter Georg Miller, der für seine Ge schäftsbedürfnisse einen regelmäßig erscheinenden Katalog nötig hatte. Er nahm in diesen die Bücher auf, die er auf der Messe vorgefunden hatte, zugleich auch ältere Artikel seines Sortiments lagers. Ein Mcßkatalog im eigentlichen Sinne des Wortes, der die erst noch zum Verhandeln kommenden Bücher im voraus ankündigt, ist also der Willersche Katalog noch nicht. Der Druck wurde, und zwar in Frankfurt, sofort nach Eröffnung der Messe vorgenommen und mit solcher Eile betrieben, daß derselbe noch in den letzten Wochen der Messe benutzt werden konnte. Daß die Genauigkeit unter der Eile litt, ist begreiflich. Der erste Willersche Katalog erschien in der Herbstmesse 1564; seine Nach folger sind bis zum Jahre 1627 nachweisbar, nur aus den Jahren 1566 und 1567 nicht. Konkurrenten zeigten sich bald; wir nennen hier nur Peter Schmidt (Fabricius) in Frankfurt a./M., welcher in der Fasten messe 1590 den Anlauf zu einem wirklichen Meßkatalog nahm, der die Titel aller auf der Messe zum Verhandeln kommenden Bücher, »es sehen groß oder klein, fürnem oder gering«, ver zeichnen sollte. Die immer kühner hervortretende katholische Partei begriff indessen vollkommen, wie wichtig es sein würde, den Meß katalog unter ihre Aufsicht zu bringen. Jedoch der Rat war einsichtig genug, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und übertrug 1598 die Ausführung eines offiziellen Meßkatalogs dem Syndikus vr. Kaspar Schacher. Die Abfassung desselben beruhte auf Zettelangaben der Verleger; die ersten beiden Stücke er schienen bei Sig. Feyerabend, die folgenden nach dessen Tode bei Joh. Sauer, der den Verlag bis 1608 hatte, in welchem Jahre derselbe auf Sig. Latomus (Meurer) überging und bis 1617 verblieb. Katholische Konkurrenzkataloge erschienen bereits 1606 in Mainz, und die Jesuiten verfolgten unter Unterstützung des Erz bischofs von Mainz eifrig ihr Ziel, den Meßkatalog in die Hände zu bekommen. Der Plan scheiterte aber an dem energischen Auf treten von Kurpfalz, der sich, jedoch in weniger kräftiger Weise, Kursachsen im Interesse des freien litterarischen Verkehrs an schloß. Der katholische Katalog mußte zunächst sein Domizil in Mainz behalten, sollte aber wenigstens die Aufgabe haben, als inäax sxpnrZatorius des amtlichen Frankfurter Katalogs zu dienen. Erst im Jahre 1615 gelang die Übersiedelung nach Frank-
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