Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1888

3914 Nichtamtlicher Teil. H82, 8. August 1888. Vertreter betreffend, fand schnelle Erledigung, da die anwesenden Vertreter nur bestätigen konnten, daß die in den verschiedenen Städten eingeführte Preiserhöhung sich nunmehr vollständig ein gebürgert und das Publikum sich bereits mit den teilweise recht bedeutend erhöhten Lesegebühren ansgesöhnt habe. Es wird daher die Bildung neuer Ortsgruppen, bezw. ein gemeinsames Vorgehen der Kollegen einer Stadt behufs Verbesserung ihrer Lage durch Erhöhung der durchweg zu niedrigen Leihpreise dringend empfohlen. Die Beschlußfassung über die Art und Weise, in welcher das Fachblatt »Der Leihbiblivthekar« künftighin weitererscheinen solle, bildete den nächsten Punkt der Tagesordnung. Nach Be schluß der Versammlung wird das Blatt für die Folge in inhalt lich wie äußerlich verbesserter Gestalt, einen Bogen stark, all monatlich einmal erscheinen, während die Centralstelle die wöchent liche Versendung einer Mitteilung über die demnächst erscheinenden Novitäten unter Beifügung eines Verlangzettels übernimmt. Es sollen nämlich die Herren Romanverleger um Ueberlassung einer bestimmten Anzahl ihrer Cirknlare über Novitäten angegangen werden, welche Wahlzettel dann, mit einem autographierten Be stellzettel vereint, allen Vereinsmitgliedern direkt per Post zugesandt werden. Auf diese Weise werden diese nicht nur umgehend von den neuen Unternehmungen der Verleger in Kenntnis gesetzt, die Verschreibung der gewünschten Werke wird durch den angehängteu Verlangzettel, der sämtliche Bücher der verschiedenen Cirknlare aufführt, auch wesentlich vereinfacht. Im Laufe des verflossenen Jahres war seitens der Redaktion des Vereinsblattes und nachdem ein Gönner des Vereins eine namhafte Summe zur Verfügung gestellt, ein Preisausschreiben erlassen worden, welches zur Beantwortung der Frage: Was kann gethan werden, um den Verein deutscher Leihbibliothekare seinen Mitgliedern in höherem Maße als bisher materiell nutz bar zu machen«, ansforderte. Als Termin der Preisverteilnng war der Tag der diesjährigen Hauptversammlung festgesetzt worden; leider sahen sich jedoch die Schiedsrichter veranlaßt, von einer Verteilung der ansgesetzten beiden Preise ganz abznjehen, da keine der eingelansenen Arbeiten praktische Vorschläge zu tage förderte. Der Antrag des Vorsitzenden, dem § 5 der Vereins satzungen einzufügen: »Wiederwahl ist gestattet; doch darf kein Vorstandsmitglied länger als 3 Jahre in seinem Amte bleiben wurde abgelehnt. Aus der hieraus folgenden Neuwahl des Gesamt-Vorstandes ging als erster Vorsitzender, da Herr Laeisz-Hamburg eine Wieder wahl seiner angegriffenen Gesundheit wegen mit Entschiedenheit abgelehnt hatte, Herr Kollmann-Hanuover hervor, svdaß sich der Vorstand mit Einschluß des ebenfalls neugewählten Schriftführers und der drei Beisitzer aus folgenden Herren znsammensetzt: Herr R. Kollmann-Hannover, 1. Vorsitzender. „ R. Maed er-Leipzig, 2. Vorsitzender. „ I. A. Gutzschebauch-Leipzig, Schriftführer, „ F. Ohme jnn., Scbatzmeister. „ I. Feller-Chemnitz, l „ I- B. Frisch-Mainz, > Beisitzer. „ C. A. Paulig-Dresden, ) Nachdem noch als Ort der nächstjährigen Hauptversammlung nahezu einstimmig Dresden gewählt worden war, sprach Herr Kollmanu dem scheidenden 1. Vorsitzenden, Herrn G. A. Laeisz, den Tank des Vereins ans für die mehrjährige, segensreiche Leitung der Geschäfte, worauf nach Schluß der Sitzung ein ge meinschaftliches Mittagessen die Festgenossen im Gutenbergkeller noch lange vereinte. C. Wahl. Amerikanische Buchhändler. IV. ^Vergl.^ Nr.^ 5o'" 59 " 66.) Frank Leslie. Was für das deutsche illustrierte Zeitungswejen I. I. Weber in Leipzig, was für das englische der Nottinghamer Zeitungs händler Herbert Ingram, der Gründer der 1842 begonnenen HIn8tiat6<1 London News ist,*) das ist für das amerikanische illu strierte Zeitungswesen Frank Leslie, der Gründer des groß artigen »l'ranlc 1-68lio kubli^nn^ 11ou86«, in dessen Verlag gegenwärtig nicht weniger als 2 illustrierte Wochen-, 4 Monats schriften und 5 Jahrespnblikationen erscheinen.**) Wenn es allerdings vor dem Beginn seiner selbständigen Verlagsthätigkeit, also vor 1853, schon einzelne illustrierte Zeitschriften gab, wie Eleason'L kietoi-ial in Boston und öarnuw L Heaeb'-j llluktratocl >l6w8prrpor, mit denen er selbst verbunden war, die aber beide längst nicht mehr existieren, so lag daS Jllustrationswesen, be sonders soweit es in Zeitschriften Anwendung fand, doch sehr im argen, und Frank Leslie ist ganz eigentlich und unbestritten der Pionier des illustrierten Zeitnngswesens in Amerika zu nennen. Sein Name war ursprünglich Henry Carter. Er war in Ipswich in England geboren, wo sein Vater eine Handschnhfabrik besaß. Er selbst war anfangs von seinem Vater zum gleichen Berufe bestimmt worden und verbrachte auch seine Lehrzeit in seines Vaters Geschäft. Frank Leslie zeigte jedoch von Jugend ans eine ganz besondere Vorliebe und ein tüchtiges Talent zum Zeichnen, konnte sich darin jedoch nur ganz heimlich üben, da seine Eltern mit dieser seiner Neigung nicht einverstanden waren. Als er dann nach London kam, wo er im Geschäft seines Onkels arbeitete, gab er sich seiner Neigung hin, die er, um nicht von elterlicher Seite behindert zu werden, unter dem Namen Frank Leslie betrieb. Diesen Namen behielt er dann für immer bei, und er wurde ihm auch später in Amerika legalisiert. Im Alter von 20 Jahren heiratete er, verließ das Geschäft seines Onkels und trat bei den Illu8tiat6ä l-ouäon ^ovv8 ein, welche Stelle er später mit den kietorial limev vertauschte. 1850 kam er nach Amerika und fand eine Stelle in vorerwähntein Owa8ou'8 ?ietoijai; 1851 und 1852 war er Leiter von Luinnm ^ 6eueb'8 I!Iu8tiat6t1 Xe>v8prrp6r und im folgenden Jahre, 1853, begann er, gestützt ans seine praktischen Erfahrungen im Druck- und Jllustrationssach, ein Verlagsgeschäst ans eigene Faust. Wenn es auch keine leichte Arbeit war, das noch fast gänz lich unbebaute Feld für illustrierte Zeitungen zu bearbeiten und den Geschmack des Publikums in dieser.Beziehung zu beleben, so überwand er doch alle Schwierigkeiten und machte sein Verlags haus bald zu einem der bedeutendsten New-Borts. Dennoch waren die Unkosten zu bedeutend, um ihn ans die Dauer zu halten, und so mußte er im Jahre 1877, während in seinem Verlag nicht weniger als 13 illustrierte Zeitschriften erschienen, zugeben, daß das ganze Geschäft in den Besitz seines Haupt gläubigers, I. W. England, überging, während er übrigens bis zu seinem am 10. Januar 1880 erfolgten Tode der Leiter und nominelle Besitzer des ganzen großen Geschäftes blieb. Trotz alledem konnte er doch das Bewußtsein mit sich nehmen, sich un vergängliche Verdienste um das Jllustrationswesen und die Holz schneidekunst in Amerika erworben zu haben und der Gründer eines der bedeutendsten und einflußreichsten Verlagsgeschäste illu strierter Zeitschriften gewesen zn sein. Seinem Talent verdankte es Frank Leslie, daß er sich bald nach Beginn seiner Thätigkeil in Amerika die Medaille des ^inerieun In8titute tor VVood-llnAraviuZ' gewann. 1867 war er Kommissär der Vereinigten Staaten in der unstabteilung der Pariser Welt ausstellung, als welcher er vom Kaiser Napoleon eine Preis medaille erhielt, und 1876 war er Kommissär des Staates New- Bork für die Weltausstellung in Philadelphia. Als Frank Leslie starb, war das riesige Geschäft anscheinend führerlos. Doch es fand sich ein Nachfolger. Ganz kurz vor seinem Tode, als er diesen herannahen fühlte, sagte er zn seiner *) Vergl. 1885. Nr. 3. Die englische illustrierte Presse. Von Ed. Ackermann. **) Es sind dies die 2 illustrierten Wochenjournale: »berank I.eslis's IIIu8tiat6d Aervspaper« und »Illu^triite Xeitun^«. die illustrierten Monats-