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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.01.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-01-09
- Erscheinungsdatum
- 09.01.1934
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- Deutsch
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7, 9. Januar 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. DtschnBuchhairbel. Wir müssen uns in solchen Zusammenhängen davon frei machen, die Kulturbedeutung des Buches nur dort zu sehen, wo es unmittelbarer Aufnahme kulturschöpferischer Leistungen dient, wir würden damit den Raum dieser seiner Bedeutung kaum zur Hälfte ausgemessen haben. Denn die andere Hälfte, der durch das Buch überbrachte mittelbare Bericht von den Ergebnissen kul tureller Tätigkeit auf allen Gebieten der Kultur steht dem anderen gegenüber nicht auch nur in der geringsten Spur eines Schattens. Wir wissen: Hier wäre einzuwenden, der Kölner Dom steht, und das lllmer Münster steht, und die Altäre von Riemenschneider etwa und Beit Stoß sind da und aller Augen zugänglich, aber: Wieviele von den 65 Millionen des Reiches, oder gar von den 90 Millionen derer, die sich der deutschen Zunge bedienen, haben je in ihrem Leben Gelegenheit, schauend und horchend, über Auge und Ohr, unmittelbare Eindrücke aufzunehmcn von all dem Besitz, den wir mit dem Gcsamtbegriff Kultur bezeichnen? Alle sie jedoch, den Analphabeten und Geistesgestörten ausgenommen, haben die Möglichkeit, mittelbar aus dem Bericht, den das Buch ihnen darüber gibt, sich ein Bild vom Kullurbesitz und Kultur bestand ihres Volkes zu machen. Erst damit ist der Kölner Dom auch für den Königsberger da, der vielleicht Zeit seines Lebens nie die Möglichkeit hat, über die Grenze seiner engeren Heimat seinen Fuß zu setzen; und die bewundernswerte Architektonik des Gedankengebäudes des Königsbcrger Philosophen ist, sinnbildlich gesprochen, jedem erschau- und erlebbar, der in seiner Sprache mehr sieht als einen klappernden Säckel abgegriffener und nur dem oberflächlichen, alltäglichen, gegenseitigen Austausch dienen der Wortmünzen. Wir wissen, daß wir auch damit wiederum nur äußerste Fälle andeuten können, die aber vollinhaltlich den Cha rakter von Wahrheitskernen der von uns gemeinten Wahrheit selbst tragen. Und sollte nicht eine Zeit denkbar sein, die sich des Rundfunks längst nicht mehr bediente, die die Kunde über dieses in fliegender Eile beinahe zur Vollendung entwickelte geistige Verkehrsmittel nur noch aus Büchern darüber empfinge? Das deutsche Buch ist deutender Bewahrer und Vermittler des Kulturgutes der Nation. Wir brauchen zum Beweise dieser fast mit Ausschließlichkeitsanspruch ausgesprochenen Behauptung zunächst nur flüchtig an das zu erinnern, was unmittelbar schrift- tumsmäßig gebunden ist, da um es alles andere, Ring um Ring, mit zwingender Beweiskraft sich zusammensügt. Ausgrabungen von Zeugnissen und Erzeugnissen Jahrtausende zurückliegender Lebcnsepochcn eines Volkes, in ihrer gegenständlichen Tatsäch lichkeit in Museen und Sammelstätten der verschiedensten Art streng und ängstlich gehütet, tragen die merkwürdige Kunde der verschollenen Zeiten, denen sie entstammen, in unserer Gegen wart zu allen, die sie hören wollen, wenn der Bericht über sie, der Bericht des Wissenden, Forschenden, Enträtselnden erst, zu sammenfassend, erklärend und deutend, im Buche eine den Zu fälligkeiten einzclmenschlichcn Besitzes enthobene, alle angehende kulturelle Wahrheit geworden ist. Dieser Faden wäre, angcfangen bei der buchmäßig festgehaltenen Kunde über die allererste, win zigste, von fernen deutschen Zeitaltern und der in ihnen heimi schen Kulturen zeugende schöpferische Form, und sei sie nur noch in Splittern, Scherben und Trümmern vorhanden, über den in Wort und Bild zum Buch gerinnenden Bericht von dem in einem einzigen gewaltigen Bogen ein Tal überspannenden Wunderwerk einer modernen Brücke, deren unmittelbare Anschauung, trotz der Entfernungen lächerlich machenden Berkehrsmöglichkeiten, auch heute noch nur einem Bruchteil der Volksgesamtheit je ge währt ist: Dieser Faden also wäre fortzuspinnen bis in eine viel leicht reizvolle, vielleicht ermüdende Unendlichkeit. Tausendmal mag man Einwendungen erheben mit dem Hinweis auf die von einer vergangenen und gegenwärtigen Kultur Zeugnis gebendem Form an sich, sei es ein Stück einer viele tausend Jahre zurück liegenden Töpferkunst, oder sei es ein Pergamentblatt mit dem ersten schriftmäßig festgehaltenen Lied eines namenlosen Dichters aus einem längst untergegangenen Stamm; sei es einer der ragen den Dome aus dem deutschen Mittelaller oder eine der kühnen Burgen hohenstausischer Kaiserherrlichkeit, sei es das Gotllied eines frommen deutschen Sängers aus dem unruhigen und an Anfechtungen so überreichen 17. Jahrhundert oder das fast über- 22 mütig und herausfordernd in die Unendlichkeit gespannte Maß eines modernen Bauwerkes. Und tausendmal wird man allen diesen Einwendungen entgegnen können: Kulturbesitz wurden alle diese Leistungstatsachen kulturschöpferischcr Wirksamkeit in Ver gangenheit und Gegenwart erst in dem Augenblick, da die Kunde von ihnen — noch einmal sei es betont — mit Wort und Bild im Buch zusammengefaßt, theoretisch gesprochen, allen erhörbar und erschaubar wurde, praktisch gesprochen freilich nur allen denen, die offenen und bereiten Sinnes die unmittelbar verant wortliche Bemühung um die Verlebendigung, Bewahrung und Wetterführung des Kulturgutes ihrer Nation als Ausgabe und Pflicht erwählten. Von ihnen aber dringt, worauf nur noch eben hingewiesen sei, die Lehre davon, in unablässigem Strömen, in wellengleichem überfluten von Schichte um Schichte des Volkes, weiter und tie fer hinein und über die Grenzen des eigenen Volkes hinaus; tausend tätige Träger und Erspürer erfassen Millionen bereiter Empfänger, und so erst wird die aus der Vergangenheit über lieferte oder in der Gegenwart eben neu geschaffene Kulturform an sich vom Kulturzeugnis zum Kulturbesitz. Wie leicht müßte cs sein, bei gutwilliger Anerkenntnis dieses Gesichtspunktes — freilich ist auch hier das deutsche Volk anderen Völkern den Weg in fast übermäßiger Selbstaufgabe vorange gangen — von seiten unserer Nachbarvölker das immer noch nicht verstummende, wenngleich durch unsere Leistungen längst Lügen gestrafte Geschwätz von der Kulturbarbarei der Deutschen nicht nur zu widerlegen, sondern ein für allemal unmöglich, sinn- und gegenstandslos, lächerlich zu machen! Unsere öffentlichen und pri vaten Büchereien, allgemeiner und besonderer Unterrichtung dienend, legen Zeugnis ab von der die Jahrtausende umspannen- den Kulturlcistung unseres Volkes, vom Anbeginn seines ersten frühlingshaften Werdens bis herein in unsere Tage, die erfüllt sind von den Zeichen einer endlichen Selbsterfüllung. Wir er heben mit diesem Hinweis keinen Ausschlicßlichkeitsanspruch, wir stehen im Gegenteil bewundernd und lernend vor den nicht ge ringeren Leistungen anderer Völker um uns her; aber wir for dern, daß man nicht, in eigensinnigem Verlaß auf materialmäßige Überlegenheit, gewaltsam sich die Ohren zuhalte gegen die ein deutige und klare Wucht der Sprache, mit der das deutsche Buch von der Kulturleistung des deutschen Volkes zeugt. Denn all das, was wir oben, auf unser eigenes Volk gesehen, aussprachcn über die Kulturbedeutung des deutschen Buches, gilt in besonderem Maße auch für das Ausland, vornehmlich für den Teil des Aus landes, der sich redlich darum bemüht, deutsches Wesen und deut sches Sein zu verstehen. Wir rühren hier an eine Gefahr doppelten Ausmaßes, auf die noch kurz eingegangen fei, wenngleich der von ihr am meisten bedrohte Raum des deutschen geistigen Volkstums eine gewisse Einengung des oben weiter und umfassender gezogenen Rahmens unserer Betrachtungen bedeutet. Einmal: Alles, was schrifttums mäßig unverfälscht von unserr Art und unserem wirklichen Sein Kenntnis gibt, ist in seiner notwendigen und unabänderlichen Eigenwilligkeit gar nicht oder nur schwer in andere Sprachen übersetzbar. Zum andern: Alles aber, was hier dem Nichtdeutschen leicht und lieblich ciugcht, hält vielfach den an deutsche Wesen haftigkeit gestellten Ansprüchen nicht stand. Dadurch sind wir auf der einen Seite beträchtlich behindert am unmittelbaren Weiter- trägen unserer wesentlichsten kulturellen Leistungen über die Gren zen unserer Sprachzusammengehörigkeit hinaus, während auf der anderen Seite gerade das in seiner leicht zu dolmetschenden Faß lichkeit in die Kanäle des kulturellen Lebens anderer Nationen hineinströmt, was wir, von unserer Art her gesehen, nicht nur als unwesentlich, sondern geradezu als undeutsch empfinden müs sen. Das Bild also, das sich demnach das Ausland von uns machen muß, oder bisher machen mußte, widersprach in geradezu grauen voller Abirrung dem Bild unseres wirklichen deutschen Seins. Den verhängnisvollen Auswirkungen dieser Abirrung waren wir in den letzten Jahren — wir alle wissen schmerzlich darum — fast ohne jede Möglichkeit einer wirksamen Gegenwehr ausgesetzt, da dem Ausland von Deutschland selbst aus eine angeblich deutsche Kultur schaffende Geistigkeit vorgestellt und aufgeredet wurde,
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