Fertige Bücher. X- 148, 16. Juli ISIS. Goethes Faust Seit Jahrzehnten hat sich in Deutschland kein Graphiker an den Faust gewagt. Die Litho graphien von Delacroir sind wohl der letzte Ver such, den gewaltigen Stoff in einer Folge von Blättern zu behandeln. Was Klemms Blätter vor anderen auszeichnet, das ist vor allem das Fehlen alles Theatralischen; es sind keine Szenen aus einer gelungenen Faustaufführung, die in Holzschnitt wiedergegeben werden; es ist der Versuch gemacht worden, den Faust selbst, seinen geistigen Gehalt, die Fülle seiner Gestalten, seine bedeutungsvollen Geschehnisse und großen Ge bärden zu erfassen. Die Technik des Holzschnittes im ganzen, besonders aber die Klemms, gibt den Blättern etwas Entrücktes und Zeitloses. Bei aller Prägnanz und Strenge der Darstellung und bei aller Derbheit und Lebensfreude, die das Wesen mancher Blätter ausmachen, wird doch vor allem das Geheimnisvolle lebendig und umwittert Kausts Gestalt. Den Satz des Werkes bestimmte bis ins Einzelne F. H. Ehmcke; gegen seinen ersten heißumstrittenen Faustdruck zeigt dieser die Entwicklung von Jahren nicht nur eines Künstlers, sondern unserer Auffassung von Druk- ken überhaupt. DieneueFaustausgabeistvorallem einfacher, ruhiger, überzeugender und moderner, dakeine Typen vergangenerStilepochen verwendet wurden, sondern nur moderne, Ehmckes eigene Schriften: Fraktur als Hauptschrist, Kursiv und Antiqua als Hilfsschnsten. Die geschäftstüch tigen Fabrikanten von „Luxusausgaben für Kriegsgewinnler" könnten hier lernen, was setzen heißt. Was die beiden bedeutenden Graphiker Ehmcke und Klemm anstrebtcn, ist nicht nur ein mustergültiger Faust druck, sondern ein mustergültiges modernes illu striertes Buch, einem illustrierten Faust in der Auffassung des beginnenden 2O. Jahrhunderts. Diesen Jaust mit seiner großen deutschen Schrift soll man lesen, nicht nur als Druck- und Bilder buch durchblättern, er hat darum das handliche Format eines modernen Buches. Es kann gesagt werden, daß nur mit Bewunderung von dem Werke gesprochen wurde; bezeichnend ist, was Rudolf G. Binding in einem längeren Artikel in der „Frankfurter Zeitung" sagt: „Wenn ich danach forsche, warum es gerade Walter Klemm gelingen kann, den „Faust" in Holzschnitten zu bewältigen, so glaube ich zunächst an einen glücklichen Instinkt, der ihn nach diesem Mittel greisen ließ. Die Be schränkungen, die ihm die Technik des Holzschnittes auslegte, ließen schon von sich aus nur das rein Wesentliche zu, und dieses für seinen Holzschnitt Wesentliche war die Einzelfigur oder wenige Figuren. Der Osterspaziergang, Faust in der Ein samkeit, die vor einem Lichtgetöse hinsinkende Gestalt, Mephisto im Vorspiel, so klein im Raum: du kannst nicht sagen,wie groß sie sind. Sie scheinen wie erfüllt von der Ewigkeit der Dichtung, von un sichtbaren Weite., hinter ihnen, von Ahnungen. Fast möchte man sich den alternden Goethe vor stellen, wie er Wohlgefallen an diesen Verbild lichungen des Unfaßlichen gehabt hätte." Die erste Auftage, die von den nun vernichteten Holzstöcken gedruckt wurde, ist vollständig vergriffen und sehr selten. Diese Auflage wurde aufdeutsches Bütten abgezogen undinHalbpergamentgebunden;Preis ZO Mark. G Der Faust ist der'erste der drei bis jetzt im Einhorn-Verlag in Dachau erschienenen Einhorn-Drucke