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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.10.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-10-19
- Erscheinungsdatum
- 19.10.1887
- Sprache
- Deutsch
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blick und Unternehmungsgeist verfügen, wird die Beherrschung des buchhändlerischen Gesamtgebietes nützlich und erfolgreich sein. Der gewöhnliche sterbliche Gehilfe aber — und der stellt doch die große Mehrheit — sollte sich frei von Größenwahn halten und von vornherein seinen Ehrgeiz und seine Zukunftspläne auf ein wirk lich erreichbares Ziel beschränken. Dieses letztere muß zunächst darin bestehen, möglichst jung und frühzeitig ein brauchbarer, tüchtiger Arbeiter in einem begrenzten Wirkungskreise, d. h. in einer der verschiedenen Abteilungen des Buchhandels zu werden. Je nützlicher und brauchbarer der Gehilfe seinem Arbeitgeber wird, um so selbständiger und angenehmer muß sich seine Stellung gestalten, um so höher wird sein Gehalt steigen. Unter solchen Umständen wird er zufrieden mit sich selbst und in der Lage sein, ein kleines Kapital zu erübrigen, das ihm die Begründung eines eigenen Geschäftes in einem Alter ermöglicht, in welchem seine Thatkraft noch nicht gemindert ist. Trotz der Ver änderungen, die sich in den letzten Jahrzehnten im Buchhandel voll zogen, gehören einzelne seiner Zweige noch immer zu den Geschäften, die sich mit verhältnismäßig geringen Mitteln beginnen lassen Diese zusammenzubringen ist ebenso unerläßlich, wie der Besitz tüchtiger technischer Kenntnisse. Beides aber ist sicher und ohne allzu große Anstrengungen erreichbar, wenn man sein Ziel auf das richtige Maß beschränkt und sich bescheidet »im kleinen groß zu sein«. Für eine große Zahl der Gehilfen gilt es noch immer als ausgemachter Satz, daß Aufenthalt und Beschäftigung im Aus lande ihrer Ausbildung erst die rechte Weihe und Vollendung geben können Möge man mir gestatten, hier einige Bemerkungen über den Wert und Vorteil eines Aufenthaltes in Firmen fremder Länder einzuschalten. Als Gründe werden geltend gemacht: Sprache, Land, Leute und fremde Geschäftsart kennen zu lernen, den allgemeinen Horizont zu erweitern, Selbständigkeit und That kraft auszubilden, und weiterhin: durch Aneignung genannter Kenntnisse und Eigenschaften sich Anspruch aus höhere und gut bezahlte Stellungen im Heimatlande zu verschaffen. Gegen die Richtigkeit eines solchen Raisonnements ist nichts einzuwenden. In Wahrheit bewiesen ist die Richtigkeit dieses letzteren für den Einzelnen aber erst dann, wenn es ihm wirklich gelungen ist, die Aufgaben, die er sich gestellt, erfolgreich zu Ende zu führen — und das wird nicht oft der Fall sein. Die Ursachen für den Mißerfolg liegen auf der Hand. In der fremden ^Sprache und Geschäftsart nicht bewandert, findet der Gehilfe nur in deutschen Häusern des Auslandes Aufnahme. Daß in diesen Umgangssprache, geschäftliche Verbindungen und Betriebsweise fast ausschließlich deutsch sind, bedarf kaum der Erwähnung. In dem ersten und zweiten Jahre seines Aufenthaltes im Auslande kann der Gehilfe meist nur zu Ars beiten verwendet werden, die aus den Verbindungen mit Deutsch land hervorgehen. Der mündliche und schriftliche Verkehr mit dem fremden Publikum und Buchhandel liegt selbstverständlich in der Hand Eingeborener oder älterer Diener des Hauses. Dies wird genügend erklären, wie wenig Gelegenheit gegeben ist, innerhalb des Geschäftes selbst fremden Handel und Wandel zu erlernen. Um aber mit Land und Leuten, Sitten und Gebräuchen außer halb des Geschäftes näher bekannt zu werden, dazu bedarf es wehr als des Monatsgehaltes eines Buchhandlungsgehilfen. Ziehen wir das Resultat, so finden wir, daß der Gehilfe, welcher nach ein- oder zweijähriger Dienstleistung als Aschenbrödel in einer deutschen Firma des Auslandes nach der Heimat zurück geht, keineswegs immer nützliche Kenntnisse und Erfahrungen mit sich nimmt. Halbheit und Oberflächlichkeit der Beobachtungen und Anschauungen sind oft das unfruchtbare Ergebnis. Es ge hört ein mehrjähriger Aufenthalt im Auslände dazu und wenig stens teilweise in einem nicht-deutschen Hause, soll ein greifbarer Nutzen erwachsen. Erst wenn man ein fremdes Land und Volk von allen Gesichtspunkten aus und gründlich kennt, wird man ein richtiges Urteil fällen, Vergleiche anstellen, und in jedem beson deren Falle über die mögliche Anwendung und Nützlichkeit frem der Art und Weise auf heimischem Boden endgültig entscheiden können. In der That, einer der folgenschwersten Jrrthümer, wel chem die Gehilfen bei einem kurzen Aufenthalt im fremden Lande häufig zum Opfer fallen, besteht darin, daß sie, von der Großartig keit und von den Erfolgen mancher Verfahren und Betriebsweisen bestochen, sich einbilden, diese unter allen Verhältnissen anwenden zu können. — Gehilfen, die nur für kurze Zeit ins Ausland gehen wollen, sollten bereits etwas Praxis und Erfahrung hinter sich haben; sie dürften dann besser im stände sein, Wichtiges und Nützliches von Nebensächlichem zu unterscheiden, und sich nicht in Details verlieren, die für ihr Vaterland ganz unanwend bar sind. Junge reiche Leute, Prinzipalsöhne, welche die Welt sehen, ein selbständiges Urteil und festes Auftreten gewinnen wollen, werden diesen Zweck am besten erreichen, wenn sie wäh rend der kurzen Zeit ihres Verbleibens in fremden Ländern voll ständig privatisieren Es ist nur zu selbstverständlich, daß Häuser, die sie als Volontäre beschästigen, ihnen wissenswerte Dinge weder zeigen wollen noch können. Ich verbinde mit diesen Zeilen nicht die Absicht, junge Berufsgenossen Hofmeistern zu wollen. 6ui bono? Bin ich doch fest überzeugt, daß in diesem Falle Wort und Schrift sie nie abhalten wird, ihr Glück trotzdem und alledem zu versuchen. Erst wenn jeder einzelne an seiner eigenen Person erfahren, daß 150 Franken Monatsgehalt in Frankreich und 6 F in England nicht mehr bedeuten als 75 bis 80 ^ in Berlin, Leipzig oder Stuttgart; daß Strazzen- und Remittendenarbeit, Verschreibungen und Expedi tionen nach Deutschland wenig geeignet sind, ihm fremde Geschäfts und Betriebsweise zu offenbaren; daß die Unterhaltung mit Markt helfern und Laufburschen, den einzigen echten Vertretern der frnnden Zungen im Geschäfte, nicht hiureicht, die fremde Sprache zu erlernen — dann erst zerstieben die Luftschlösser vor den That- sachen der rauhen Wirklichkeit. »Wenn Sie nach dem Auslande wollen«, sagte mir vor vielen Jahren ein alter Freund und Gönner, der ehrwürdige, langjährige Leiter eines bekannten süddeutschen Verlagshauses, »so meiden Sie die Deutschen. Lernen können Sie sprachlich und geschäftlich nur ausgiebig bei den Firmen mit französischen bezw. englischen Namen, und die zahlen auch wenigstens mehr als vor Verhungern schützt. Haben Sie aber englische oder amerikanische Verhältnisse in nicht deutschen Häusern kennen gelernt, dann bleiben Sie dort, damit Ihnen nicht wie Hunderten vor Ihnen die Kleinlichkeit und Er bärmlichkeit — selbst im größten Hause — Unlust verursachen. Es ist unmöglich, die dort gewonnenen Erfahrungen hier praktisch und mit Erfolg zu verwerten.« Als eine wichtige Ursache für unzureichende Leistungs fähigkeit des Personals im Buchhandel muß ferner zu häufiger Stellungswechsel, das »Wechsclfieber« der Gehilfen genannt werden. In den vorausgehenden Auseinandersetzungen versuchte ich zu zeigen, daß vielseitige aber oberflächliche fachwissenschaftliche Erfahrungen und Kenntnisse für die große Masse verfehlt und schädlich sind, und verwies diese letztere auf die Notwendigkeit und Nützlichkeit einer möglichst vollkommenen Ausbildung innerhalb eines einzelnen der vier Zweige des Buchhandels. Allein auch eine in beschränktere Kreise festgebannte Thätigkeit wird und kann keine Früchte reifen, wenn sie nicht von vornherein mit einer gewissen Planmäßigkeit und besonders mit der nötigen Ruhe verfolgt wurde. Wie aber ist ein ruhiger und systematischer Entwickeluugs- gang mit häufigem Stellungswechsel vereinbar? Ein Stellungs wechsel hat stets eine mehr oder weniger von der bisherigen ver schiedene Beschäftigung in einer völlig fremden Umgebung, sowie wesentlich verschiedene Lebensbedingungen zur Folge. Drei bis sechs Monate werden je nach Geschäftsverhältnisscn und Assimila- tionsfähigkeiteu verstreichen, ehe ein neuer Gehilfe sich auf das Laufende gesetzt hat Während dieser sechs Monate wird er kaum Ruhe und vollkommene Sicherheit erlangen, und doch sind beide so notwendig, um das Wesen einer Arbeit zu durchdringen, d. h. diese mit richtigem Verständnis und denkend auszusühren. Giebt er nach zwölfmouatlichem Aufenthalt seinen Platz wieder auf, so wird er kaum mehr als ein Vierteljahr mit Ruhe gearbeitet haben 719»
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