Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.10.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-10-19
- Erscheinungsdatum
- 19.10.1887
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18871019
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188710192
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18871019
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1887
- Monat1887-10
- Tag1887-10-19
- Monat1887-10
- Jahr1887
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
und ganz bei der Sache gewesen sein. Denn vom Tage der Kün digung ab ist er um seine nächste Stellung besorgt und beschäftigt, er lebt schon mehr in der Zukunft als bei der ihm anvertrauten Arbeit. VoZas 1a Anlörs wird aber die Losung, sobald er über seinen späteren Platz in Sicherheit ist. Wen kann es unter solchen Umständen wundern, wenn über schlechte und mittelmäßige Kennt nisse und Leistungen des Personals geklagt wird? Und der Himmel weiß, ob der Buchhandel an diesen »Einjährigen« Mangel leidet! Drei, höchstens vier Stellungen werden in jedem Falle hin reichen, um den denkbar tüchtigsten Gehilfen auszubilden, voraus gesetzt, daß der richtige Entwickelungsgang eingeschlagen wurde. Versetzen Sie beispielsweise einen jungen Mann in einem kleinen Sortimente nach vollendeter Lehre als zweiten Gehilfen in ein mittleres Sortiment einer Universitätsstadt Nach zwei Jahren wird er reif genug sein, um die erste Stelle in dem gleichen Hause auszufüllen Hat er auch diese Aufgabe während einiger Jahre mit Erfolg gelöst, so wird sicher eine Gelegenheit sich finden, die ihn auf einen der besseren Posten eines großen Sortimentes führt. In letzterem ist die Möglichkeit, mit der Zeit bis zum ersten Platz auf zusteigen, für tüchtige Arbeiter selten ausgeschlossen. Daß sich auf diese Weise in ungefähr zehn bis zwölf Jahren ein ausgezeichneter Sortimenter erziehen läßt, wird niemand in Abrede stellen. Zöglinge umfangreicher Geschäfte werden die lückenhaften Kenntnisse ihrer Lehrzeit in einem mittleren Geschäfte auszusüllen suchen, ehe sie in eine andere große Firma übertreten. Diese Not wendigkeit liegt indessen keineswegs für solche vor, die von vorn herein auf eigene Selbständigkeit verzichten. Im letzteren Falle dürfte es das Vorteilhafteste sein, stets in demselben Hause zu verbleiben. Mit Hilfe von Vorsicht und Geduld wird ein bestimmter Plan im Entwickelungsgange sich nicht als undurchführbar erweisen. Es kommt im wesentlichen darauf an, sich das Programm klar vorzuzeichnen und bei einem Wechsel nur eine in dasselbe hinein passende Stellung anzunehmen. Nach vollendeter Lehrzeit liegen die Verhältnisse so, daß fast jedem vollständige Freiheit in der Wahl seines ersten Gehilfenpostens gesichert ist. Ein drei- bis fünfjähriges Verbleiben in der ersten Stelle ist ein keineswegs zu lang bemessener Zeitraum, um aus einem neubackenen Gehilfen einen sicheren, schnellen und selbständigen Arbeiter herauszubilden, wie ihn größere Geschäfte benötigen Wer aber drei bis fünf Jahre in einem Hause seine Schuldigkeit gethan hat, der wird, sollte ein Wechsel in seinem Interesse liegen, nicht nur bezüglich eines früheren oder späteren als des vereinbarten Austrittes zu einem befriedigenden Einverständnisse mit seinem Prinzipale gelangen, sondern in manchen Fällen sogar von letzterem mit schätzenswertem Rat und That unterstützt werden. Indem der Gehilfe seine technische Erziehung ruhig, ohne Hast und systematisch betreibt, wird er nicht nur die solideste Grundlage zu tüchtigem Wissen und Können legen, sondern er wird auch — und das möchte ich besonders betonen — ein angenehmes Privat leben führen können, wie letzteres sich naturgemäß aus dem längeren Aufenthalt an demselben Orte entwickelt. Genaue Lokal kenntnis mit den daraus resultierenden Ersparnissen in den täglichen Ausgaben einerseits, wie der steigende Gehalt auf der anderen Seite gestatten aber auch die Erübrigung eines kleinen Kapitals, ein Um stand, der nie aus dem Auge verloren werden sollte von solchen, die ihres Glückes eigener Schmied sein müssen. Was nun veranlaßt unsere Gehilfen zu den häufigen und mit Recht beklagten Veränderungen? Neben der namentlich unter der jüngeren Gehilfenschaft grassierenden Wanderlust finden wir: Mangel an Fügsamkeit in die Verhältnisse und die daraus ent- unangenehmen Beziehungen zum Prinzipal oder zu den Kollegen; Unzufriedenheit mit der Besoldung; unzureichende Ge legenheit zur Fortbildung. Wände»lust, der Trieb, mehrere Jahre »in die Fremde zu ziehen«, ist durch Jahrhunderte lang gepflogene Geivvhnheit unserer Handwerker und Kaufleute in Fleisch und Blut des deutschen Volkes eingedrungen. Dieser Hang kann selbstverständlich nicht im Laufe einer einzigen Generation erlöschen, während auf der anderen Seite Dampfkraft und Elektricität innerhalb eines Men- schenaltcrs alle Verhältnisse des gesellschaftlichen und volkswirt schaftlichen Lebens nmgestaltet haben. Wenn aber bereits »der reisende Handwerksbursche« von der Bildfläche verschwindet, weil er einzusehen beginnt, daß das Reisen im früheren Stile nicht mehr zeitgemäß ist, so dürfte es Wohl nicht weniger zu em pfehlen sein, daß auch der »litterarische Handwerksbursche« seine Wanderlust nunmehr in anderer Weise bethätige als durch einen regelmäßigen jährlichen Stellungswechsel. Es ist unter den gegen wärtigen Verhältnissen jedenfalls verständiger, nicht durch häufigen Stellungswechsel, sondern durch vierzehntägige, in ein- oder zwei jährigen Zwischenräumen unternommene Reisen praktische geogra phische und ethnographische Kenntnisse zu erwerben, wenn anders ni an durchaus davon durchdrungen ist, ohne letztere kein tüchtiger Buchhändler werden und sein zu können. Bedauerlich in ihren Folgen für die in Frage kommenden Parteien, sowie durch die dem Geschäftshause verursachten mate riellen Verluste sind Streitigkeiten der Gehilfen mit dem Prin zipale und Zänkereien der Gehilfen untereinander. Um den letzten Fall zuerst zu nehmen: von beispielsweise einem halben Dutzend Gehilfen im Geschäft will keiner derselben von einem anderen »sich etwas sagen lassen«. Jeder aber möchte den übrigen befehlen und Vorschriften geben; dieser, weil er das höchste Gehalt bezieht, jener, weil er dem Hause am längsten angehört, der dritte sieht mit unverkennbarer Herablassung zu den übrigen nieder, hat er doch die meiste Stellenzahl, die weitesten Reisen und folglich seiner Meinung nach die größte Erfahrung hinter sich, ein vierter, weil er der Krösus unter seinen Kollegen und »ein junger Mann aus besserer Familie« ist u. s. w. u s. w. Genug, jeder Einzelne bindet sich selbst die Lüge auf, daß er seinen übrigen Mitarbeitern überlegen sei bezw. überlegen sein würde, wenn er an ihrem Posten stände. Mau wird meistens wahrnehmen können, daß sich die ver wandteren Geister unter einem zahlreichen Personal paaren oder in kleine Cliquen absondern, die einander bekritteln, anfeinden und die erbärmlichsten, nichtigsten Vorkommnisse nicht bloß des Ge schäfts-, sondern auch des Privatlebens in den Kreis ihrer Betrach tungen und Rekriminationen ziehen Ans diesem Hintergründe gehen eine Menge von Zwistigkeiten hervor, die sich im Laufe der Zeit nicht selten zu offenen Feindschaften zuspitzeu und am Ende einer oder der anderen Partei das Geschäft verleiden und der wirk liche Grund zu vielen Stellenveränderungen werden. Über die Beziehungen der Gehilfen zum Prinzipal brauche ich mich nicht ausführlich zu verbreiten. Gesunder Menschenverstand, das Geschäftsinteresse und Pflichtgefühl werden dem reifen Gehilfen unter allen Umständen die pünktliche Ausführung der vom Chef gegebenen Befehle diktieren. Gehorsam wird nur von solchen Leuten verweigert werden, die sich noch nicht darüber klar geworden sind, daß der Prinzipal das unbestreitbare Recht hat, die Befolgung seiner Vorschriften unbedingt zu fordern, gleichviel ob letztere den persönlichen Ansichten und Wünschen seiner Arbeiter konvenieren oder nicht. Der Fall tritt ja zuweilen ein, daß die von seiten des Prinzipals geforderte Arbeit über das Maß dessen hinausgcht, was er von seinen Gehilfen zu beanspruchen berechtigt ist; aber selbst hier wird Klugheit dem Gehilfen empfehlen, die Fesseln so lange zu tragen, bis er sich ihrer in einem für seine Person günstig gewählten Augenblicke entledigen kann. Unzufriedenheit lnit dem Gehalt, mangelnde Gelegenheit zur Weiterausbildung werden oft der Anlaß zum Aufgeben des Platzes. Diese beiden Gründe mögen immerhin in manchen Fällen eine gewisse Berechtigung haben, am häufigsten wird in dessen der Gehilfe selbst die Schuld für seine unbefriedigende Lage tragen. Entweder ist bei einem Posten die Möglichkeit einer besseren Bezahlung oder die der Fortbildung ganz und gar und von
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder