Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.02.1934
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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x° 2g,,3. Februar 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. DtschnBuchhandel. Sprache — Schrift — Musik. Abgrenzung und Vereinigung. Von Werner Dietrich. Ein Blick in die Weihnachtsauslagen der deutschen Buchhand lungen zeigte jedem Sehenden eine schöne Vielzahl von wertvollen Dichtwerken. Mit dem Aufhören der politischen Revolution und dem Beginn der Evolution läßt auch im Schrifttum die (durchaus not wendige) Tages- und Aufklärungsliteratnr nach, zugunsten einer von innen kommenden Umformung. An Stelle einer geistigen Zergliede rung (wie sie vor der Revolution als Dichtung galt) tritt die seelische Gemeinsamkeit. Die deutschen Dichter sind keine »Romanciers«, son dern Erzähler. In dieser Bezeichnung lebt wieder ans, was Dicht kunst in früher Zeit war. Das Sprichwort, nach welchem »eine Sprache kein Schrieb und ein Schrieb keine Sprache« ist, legt unbe rechtigt eine Schranke zwischen Erzählung und schriftlicher Darstel lung. Mau hat sich im Laufe der Zeit an eine künstliche, fremdwort verzierte und beinahe komische Schriftsprache so gewöhnt, das; die natürliche Erzählweise eines Friedrich Griese manchem Leser »ge wollt« erschien, ohne cs zu sein. Hier lesen wir tatsächlich keine Ab handlung, sondern höre n eine Erzählung. Die langsame, fast schwer fällige Darstellung mit ihren mehrfachen Wiederholungen und einge flochtenen Fragen, mit ihrer Beschränkung auf wirkliche Vorfälle und ihrer Zurückhaltung bei der Behandlung seelischer Vorgänge, macht uns diesen Eindruck besonders deutlich. Für diese seelischen Vor gänge indessen ist die Erzählsprache auch nicht geeignet. Ebensowenig, wie man darüber in der Alltagssprache reden und erzählen kann, ebensowenig kann man darüber in gleicher Art schreiben. Griese kleidet diese ahnungsvollen Vorgänge in die Form visionärer Szenen und Halbträume. Diese Art der Darstellung bringt dem Leser ein dringlich die schwere nordische Art des Erzählers und die ernste Zurückhaltung seiner Farm nahe. Die eingangs berührte Abkehr von der geistigen Zergliederung, vom Intellektualismus, hat zum Erscheinen einer großen Zahl von bedeutenden Dichtwerken geführt. Ich denke hierbei jetzt nicht an die neuen erzählenden Werke von Carossa, Griese, Mechow, Stehr, son dern an jene, die das zu gestalten versuchen, was eben nicht zu »erzählen« ist, an lyrische und hymnische Gedichte. Hier haben wir das tastende BegreifeUwollen des Innen. Wie im Flusse der Er zählung die Vision oder der Traum das Unsagbare andeuten soll, so erhebt sich das Gedicht im ganzen auf die höhere Stufe des Ahnungs vollen. Setzen wir Sprache gleich Verständigung (um das im Wort beschlossene Gegenseitige zu betonen), so müssen wir Schrift (sowohl Erzählung als Gedicht) mit Mitteilung gleichsetzen. Wem Mitteilung gegenüber Verständigung eine Einschränkung bedeutet, der beachte, daß die Mitteilung innerer Vorgänge als etwas letzten Endes Un faßbares keiner Entgegnung oder gar Diskussion bedarf. Voraussetzung für die Schöpfung seelischer Gemeinsamkeiten ist die Persönlichkeit. Der Welt wird zwar gegenwärtig klargemacht, daß das Dritte Reich die Persönlichkeit unterdrückt, weshalb sich die eigent liche Intelligenz im Auslande anfhalten muß. Man verwechselt hier aber Persönlichkeit mit Individualität, zwei Begriffe, die sich ebenso wenig decken, wie etwa Geist und Esprit. War Individualität häufig nachsichtige, ja liebevolle Behandlung der eigenen Unzulänglichkeiten, so ist bei der Persönlichkeit Ausgewogenheit selbstverständliche Voraussetzung: die Harmonie! Das Wort Harmonie, aus der Musiksprache entnommen, erscheint hier nur als Begriff der richtigen Verteilung von Anlage und Bil dung, von Geben und Nehmen, von Leistung und Anspruch. Und doch ist die Erkennung des Musikalischen für die überragende Persönlich keit ein beachtenswertes Mehr, wenn nicht ein Erfordernis. Denn Musik ist die höchste und innerlichste Stufe der menschlichen Mitteilung. Was in der Erzählung nicht gesagt und im Gedicht nicht gestaltet werden konnte, in der absoluten (nicht an Worte gebundenen) Musik läßt es sich dem Aufgeschlossenen andeuten. E. T. A. Hoff- mann (dessen große Doppelbegabung als Dichter und Musiker infolge der größeren Erscheinung des Doppelgenies Richard Wagner nicht voll gewürdigt wird) forschte in seinen musikalischen Schriften nach dem Innern, dem Geisterreich, wie er es — dem romantischen Zeitalter entsprechend — nannte. »Sie ist die romantischste aller Künste, bei nahe möchte ich sagen, allein echt romantisch, denn nur das Unend liche ist ihr Vorwurf«, schreibt er anläßlich einer Abhandlung über Beethovens Instrumentalmusik (besonders über die V. Sinfonie in C-Moll). Hier spricht sich die Sehnsucht des Dichters aus, der sich leiden schaftlich bemühte, die Gesichte zu bannen und damit zum Musiker wurde. Die Zahl der Dichter, die vom Schrifttum zur Musik vor stießen, ist nicht groß. Die Einbeziehung musikalischer Bewegungen in einen Handlungsablauf war häufig bloße Zurschaustellung ohne 110 Notwendigkeit, die manchmal bedenklich an Wissensprotzentum 'ge mahnte. (Ganz zu schweigen von der wichtigtuerischen Art, ein Zimmer etwa so zu beschreiben: »Die Wand war blaßgrün und ent sprach einem Ton zwischen dem eingestrichenen o' und ckV) Hiermit soll nicht der Zweck verfolgt werden, alle Schriftsteller zu Musikern »hochzuentwickeln«, es soll lediglich Schrifttum und Musik gegeneinander abgegrenzt und der Unterschätzung der Musik, der man bei manchem belesenen Menschen begegnet, entgegengetreten werden. Schrifttum und Musik, das sind die beiden Begriffe, nicht Dichtung und Musik, deun Musik ist ja Dichtung. Aus Dänemark. Der Bücherabsatz im Jahre 1933 wies nach einer Äußerung von H. Jcspersen, Vorsteher des dänischen Buchhändlervereins, erfreuliche Steigerung auf, konzentrierte sich aber auf einzelne Bücher, die hohe Auflagen erreichten. Bei einigen dieser Bücher handelt es sich um Übersetzungen, die in Dänemark sogar eine höhere Auflage erzielten als in der Originalsprache. Der Vorwurf, die Verleger hätten aus Kosten der dänischen jungen Dichter ihr Hauptinteresse ausländischen Schlagern zugcwandt, sei aber durchaus unzutreffend. Der früher be deutende Absatz seichter Unterhaltungslitcratur sei jetzt teilweise auf gehaltvollere überführt. Tatsache sei indes, daß die meisten schöngeisti gen Bücher bedauerlich kurzlebig sind, was man auch in Schweden und Norwegen beobachtete. — Mit veranlaßt durch den starken Erfolg einiger Übersetzungen forderte der Dänische Schriftsteller- vcrein im Oktober den Buchhandel ans, sich in größtmöglichem Um fange für dänische Bücher einzusetzen; zwar finde er es wünschens wert, daß die besten ausländischen Werke ins Dänische übertragen werden, aber die eigene Literatur dürfe man nicht vergessen, zumal da diese zur Zeit nicht im gleichen Umfange wie früher in fremde Sprachen übertragen werde. — Starken Verkaufsrückgang brachte die ungünstige Valutalage für wissenschaftliche, besonders deutsche, Lite ratur und Handbücher des Auslands. Uber den Geschäftsgang 1933 komm4 »Dansk Boghandlertidende« auf Grund einer Umfrage und Antworten von 63 Sortimentern zu folgendem Ergebnis: Schwach steigender Umsatz im zweiten Halb jahr; das Weihnachtsgeschäft befriedigend', aber der Verkauf von Bü chern nicht in gleichem Maße wie der Verkauf von Papier- und Schreibwaren u. dgl. Die vom Buchhändlcrverein vcranlaßtc Pro paganda »Das Buch als Weihnachtsgabe« scheint also Früchte getragen zu haben. Eine Kopenhagencr Firma schreibt den Rückgang im all gemeinen Kunden-Absatz dem Buchhandel der Warenhäuser zu, »welche allmählich unsere besten Kunden wegnehmcn, die dort zu anderer Bedarfsdeckung kommen und leicht Nechnnngskonto erlangen.« Eine Umfrage von Gyldenöal bei acht größeren Kopenhagencr und zwei Provinzbuchhandlungen nach den fünf mcistgekansten Neu erscheinungen dieses größten Verlags ergab: Bei zwei »Fallada, Lille Mand...«, bei vier »Nomanoff, drei Paar Seidenstrümpfc« (aus dem Russischen), bei drei »Krarup-Nielsen, Die Hölle jenseits des Meeres« (Erlebnisse eines dänischen Fremdenlcgionärs), bei vier »Roth, Nadetzkymarch«. Auch des Schotten Lockhart »Offenherzige Erinne rungen« und die Kindheitserinnerungen »Damals, als die Welt neu war« des populären, vielseitigen Kunsthistorikers Fredr. Ponlsen (Direktor der Ny Carlsberg Glyptothek) wurden mehrfach angegeben. Die dä n i s ch e B ü ch e r p r o d u k t i o n 1933 ging, wie die Mo nats-Statistik ans Grundlage von Gad's »Dansk Bogfortcgnelsc« feststem, um 4°/» zurück, von 2491 auf 2399 Schriften; die Gruppe »Schöne Literatur«, wovon die meisten im September erscheinen, von 440 auf 401. In letzterer waren 155 (1932: 153) Übersetzungen, davon aus dem Deutschen 35 (29), Englischen 67 (im Vorjahre, aber damals einschl. amerikanischer Autoren, 85), Französischen 18 (18), Schwe dischen 9 (7) nsw. Zunahme zeigen besonders die Gruppen: Ge schichte 81 (53), Medizin 109 (91), Nechtskunde und Gesetze 98 (83), Geographie, Reisen 146 (131). An Kinderbüchern erschienen 120 (115). Von deutschen Werken wurden 1933 übersetzt: bei I. Fri- modt: Nich Voß, Nejsentil Mcnton; — bei Schönberg's Forlag: Lotte Braun, Madelon Sieben und D. Speckmann, Möllen ved Säen; — bei Bogforlaget Fremad: B. Traven, Den hvide Rose; -- bei Jes- pcrsen L Pio: Th. Mann, Josef og Hans Brödre, 1. Teil; I. Kenn, Kunstsilke-Pigen; Vicki Baum »Stjerner« und »Sommer ved Sven«; bei Martin's Forlag: B. Kellcrmann, Byen Anatol; I. Lederer, Smarte lille George; G. Elert, En Mand, Hans Skib og e» Voinde; — bei Hagerup's Forlag: M. Hackebeil, I Pagt med Jorden (^ Kristin und die Erde); — bei Gyldendal (außer den schon genannten Fallada und Roth): Stefan Zweig »Spörgikkc«; E. Bagger, Franz Joseph; G. Frenssen »Der brennende Baum«: H- v. Kielst, Michael Kohlhaas; — bei Nyt Nordist Forlag: Ernst Wiechert, Färgemanden. Von nicht belletristischen Übersetzungen seien noch genannt die Reise-
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