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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.02.1934
- Strukturtyp
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- 1934-02-03
- Erscheinungsdatum
- 03.02.1934
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- Deutsch
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X- 29, 3. Februar 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. DtschnBuchhanöel. Diese Entwicklung brachte zwangsläufig die uuerfrcu - lichstcn Begleiterscheinungen mit sich. Das kulturelle Verantwortungsgefühl, das den »ehrbaren Buchhändler» aus- zcichnct, brauchte nicht erst verlorcnzugehcn — cs ist bei vielen dieser Geschäftsleute nie vorhanden gewesen. Dcr'zum reinen Er- wcrbsbetrieb gewordene Büchcrverlcih späht nach jeder Gelegen heit, Geld zu verdienen, und nimmt sie auch dann bedenkenlos oder gedankenlos wahr, wenn dadurch sittliche Gefahren heraus- beschworcn werden. Für die Belieferung mit teuren und bilder reichen Prachtausgaben der erotischen Literatur, die sonst notwendigerweise durch ihre Kosten aus kleine und kleinste Liebhabcrkrcife beschränkt sind, haben die Pate stehenden Grüu- dungsgcscllschaftcn wohlweislich gesorgt. Jetzt wandern diese Bücher aus leicht verständlichen Motiven für wenige Pfennige in die Hände von jedermann. Auch ihre Entnahme durch Jugend liche macht im allgemeinen keine Schwierigkeiten. Ähnliches wider fährt wissenschaftlichen und pscudowisseuschastlichcn Werken, die geschlechtliche Fragen berühren. Auch sie werden hier Kreisen zugeleitet, für die sie weder bestimmt noch geeignet sind. Die zuständigen Stellen haben zwar bald die Miß- stände, die sich hier entwickelt haben, erkannt, das geltende Recht bietet jedoch keine Handhabe zu wirksamem Einschreiten. Die staatlichen Eingriffe sind daher auf die wenigen Gelegen heiten beschränkt, in denen die Grenzen der Strafgesetze oder des Schund- und Schmutzgcsetzes (SchSchmG.) im Eiuzelfall über schritten werden. — Erfreulicherweise haben die hier geschilderten Zustände infolge der staatlichen Neuordnung in den letzten Mona ten von selbst eine Wendung zum Besseren erfahren. Nach H l NGO. gilt auch heute noch in unserem Recht der Grundsatz der G c w e r b e f r c i h c i t. Jedermann darf, ohne Rücksicht auf seine persönliche Vorbildung oder Zuverlässigkeit, jeden beliebigen Gewerbebetrieb ausübcn <). Zu den in der RGO. ") oder Spezialgcsetzen °) vorgesehenen Ausnahmen gehört der Be trieb von Leihbüchereien nicht. Für diese besteht daher lediglich die Anzcigcpslicht nach H 14 Abs. I RGO. Auch hat ihr Inhaber gcm. Abs. II a. a. O. von der Lage seines Betriebslokals sowie jeden« Wechsel desselben der Ortspolizeibchörde Mitteilung zu machen H. Im übrigen ist er in seiner Bctriebssührung nur durch die bestehenden allgemeinen Gesetze beschränkt. Als solche kommen vor allem in Betracht die HK 184, 184a RStrGB., das SchSchmG. ") sowie K 7 Verordnung zum Schutze des Deutschen Volkes v. 4. Februar 1933 (RGBl. I S. 35). Daneben können auf Grund der allgemeinen Polizeigcsetze im Einzclsall beson dere Maßnahmen getroffen werden. Die gesetzlichen Bestimmungen reichen an sich zur Bekämp fung von der Staatsgewalt unerwünschten Schriften völlig aus. Durch die ungeheure Vermehrung der Leihbüchereien jedoch wird, zum mindesten soweit es sich um die Normen des RStrGB. han delt, z. T. aber auch für die Anwendung des SchSchmG., der tatsächliche Zustand, aus den die genannten Gesetze zugcschnitten sind, grundlegend geändert. Aus die Erweiterung des Leserkreises von gewissen, für ein ausgewähltcs Publikum bestimmten, in entsprechender Ausstattung und Preislage gehal tenen Werken wissenschaftlichen oder künstlerischen Charakters ist oben bereits hingewiesen worden. Nun gilt aber in der Praxis des K 184 RStrGB. der Begriff derrclativcn Unzüchtig keit"). Der unzüchtige Charakter einer Schrift ist danach nicht absolut fcstzustellen, cs hängt vielmehr wesentlich von der Form ihrer Verbreitung, der Art des Leserkreises, an den sie normaler weise gelangt, und anderen äußeren Umständen ab, ob ihr die Eignung, das geschlechtliche Schamgefühl zu verletzen, zuerkannt U Bergt. Lanbmann, Kommentar zur RGO., 1928, zu K 1. ") Bergt. §8 29 sf. NGO. "> Vergl. z. B. das Gaststättengcsctz (GStG.) v. 28. IV. 1939. ') Bergt, hierzu Bitter, Handwörterbuch der preußischen Ver waltung, 8. Ausl. Art. »Stehender Gewerbebetrieb- II! zum Begriff des Bctriebstokats serncr KGg. Bd. 1 S. 182. "I Vergl. hierzu Hellwig a. a. O. "> Bergt. Bindtug in Zcttschr. s. d. ges. Slrafrcchtswtssensch. Bd. 2 S. 498! RGN.-Kommentar zu 8 184 RStrGB. Am», 3! a. A. Hör- man» in Lcipz. Zeitschr. 1922 S. 449 ss. 1N6 werden muß oder nicht'"). Diese Umstände werden durch die Aufnahme eines derartigen Werkes in sonst nur mit leichter Untcr- haltungslektüre.versehene private Leihbüchereien sehr ungünstig beeinflußt. In solchen Fällen wird daher H 184 RStrGB. auch ans Schriften Anwendung finden müssen, die er bei anderer Ver breitungsart unberührt lassen würde. Die Folgen dieser erweiter ten Anwendung treffen nicht nur den Lcihbuchhändler, der für die Verbreitung der von ihm vermieteten Bücher natürlich in erster Linie verantwortlich ist, sondern auch Verfasser und Verleger der beanstandeten Schrift. Denn wenn diese auch beim Fehlen des subjektiven Tatbestandes keine strafrechtlichen Fol gen zu gewärtigen haben, so sind sie doch zum mindesten den wirt schaftlichen Nachteilen, die eine eventuelle Beschlagnahme und Ein ziehung des Werkes sür sic haben müßte, wehrlos prcisgegcben. Dabei sind sie nicht einmal in der Lage, den Mißbrauch ihrer literarischen Produktion zu verhindern. Denn die Wirkung eines bestimmten Büchern aufgedruckten Verbots, sie in Leihbüchereien zu führen, ist, wenn überhaupt, so nur aus dem Gebiet des Zivil rechts von Bedeutung und praktisch bei der Privatpersonen fehlen den Kontrollmöglichkcit ohne ernstlichen Wert""). Auch würde ein solches Verbot leicht den unerwünschten Erfolg zeitigen, un reife und lüsterne Personen gerade aus die Schrifteu aufmerksam zu machen, die für sie am wenigsten geeignet sind — ganz abge sehen von dem naheliegenden Mißbrauch eines solchen Aufdrucks zu unsauberen Reklamczwccken. Ähnlich liegen die Dinge bei der Anwendung des SchSchmG. Da dieses allein den Jugendschutz bezweckt, kommen für die Aus nahme in die Schund- und Schmutzlistc nur solche Werke in Be tracht, bei denen normalerweise mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß sie in die Hände von Jugendlichen gelangen. Das Vorlicgcn dieser Voraussetzung muß von den Prüsstcllcn stets untersucht werden""). Teure Werke würden daher an sich vor der Aufnahme in die Schund- und Schmutzliste sicher sein "). Die Existenz der Leihbüchereien neueren und neuesten Stils zwingt je doch dazu, auch solche Schriften gegebenenfalls aus die Liste zu setzen. Denn erfahrungsgemäß werden hier die verlangten Bücher ohne Prüfung, zu der der Bctriebsinhabec vielfach sachlich gar nicht in der Lage sein würde, an jedermann — auch an Jugend liche — gegen geringen Mietzins verabfolgt "). Erscheint die gegenwärtige Rechtslage im Hinblick auf die Wirkungen, die sie unter den veränderten Verhältnissen ausübt, schon wenig erfreulich, so verstärkt sich dieses Urteil, wenn man das völlige Fehlen von Möglichkeiten zum Einschreiten gegen unzuverlässige Lcihbüchcreiuntcrnehmcr betrachtet. Aus diesen! Gebiet mangelt es an jeder rechtlichen Grundlage. Selbst Personen, die mehrfach wegen Verstoßes gegen H 184 RStrGB. oder die Strafbestimmungen des SchSchmG. verurteilt worden sind oder die wiederholt nachweisbar völlig ungeeignete Lektüre an Jugend liche verabfolgt haben, kann der Betrieb des Gewerbes nicht unter sagt, cs können ihnen höchstens gewisse Beschränkungen in der Ausübung desselben auf Grund allgemeinpolizeilicher Bestimmun gen auscrlegt werden. Im übrigen muß die Polizei mit gebundenen Händen Zusehen, wie aus persönlicher Profitgier oft nicht wieder gutzumachender Schaden an der Jugend angerichtct wird. An diesem unbefriedigenden Zustand hat auch der durch Art. II Rges. zum Schutze des Einzelhandels v. 12. Mai 1933 (RGBl. I S. 262) eingefügte H 35b RGO. nichts geändert. Er dehnt die gesetzliche Untcrsagungsmöglichkcit nur auf den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs aus. Selbst die in Art. I H 2 a. a. O. verfügte vorübergehende Sperre der Neucrrichtung von Verkaufs stellen gilt sür die Leihbüchereien nicht, da sie der Vermietung, -»> Bergt. NGStr. Bd. 37 S. 315; Bd. 91 S. 293! RG. tu Letpz. Zeitschr. 1914 S. 384; vergl. ferner hierzu Atlg. Vsg. d. pr. IM. v. 7. X. 1922 (JMBl. S. 419). "> Bergt. Obcrpriisstellc (OPSt.) bei Neger Bd. 53 S. 289 und die dvrt aufgcstthrte wettere Entscheidung »0!» 3. V. 1932 — Prtts.- Nr. 159. Bergt. OPSt. bei Reger Bd. 48 S. 114. Sv noch OPSt. bei Neger Bd. 48 S. 114. Vergl. die neuere Praxis der OPSt., insbesondere die Ent scheidung bei Reger Bd. 53 S. 289.
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